Vor kurzem habe ich eine Webseite mit vielen Bildern entdeckt. Es wurden alte Fotos der eigenen Großeltern gepostet mit ein paar erklärenden Worten dazu.
Meine Urgroßmutter als erste Frau in Indien am Steuer... Mein Großvater am Tag bevor er in den Krieg zog... Meine Großmutter mit Hemingway... Mein Großvater bringt Einstein das Violine spielen bei...Ich war gerührt, und habe natürlich automatisch an meine Großeltern gedacht und an die wenigen schwarz-weiß Fotos, die ich aus deren Jugend besitze.
Das da oben sind nicht meine Großeltern, aber Bilder, die bei mir spontan Begeisterung auslösen. Für den Mut, die besonderen Merkmale, die Eigensinnigkeit und Einmaligkeit der Persönlichkeiten auf den Fotos. Männer und Frauen, lustig, nachdenklich und in einem Moment, an dem man sich dank des Fotos lange erinnert.
Und heute? Wie machen zum Teil Hunderte von Fotos pro Tag. Wir posten sie überall... wir erzählen der Welt permanent, was wir essen und trinken, wie das Wetter aussieht und mit wem wir gerade knutschen. Und? Wer am lautesten schreit, wird vielleicht zwischen all den anderen sogar tatsächlich wahrgenommen.
Meine Großmutter hat mir die analoge Fotografie ans Herz gelegt. Alle paar Wochen hat sie auf einem Holzgitter auf der Badewanne in dem minikleinen Badezimmer ihren Vergrößerer aufgebaut mit den dazu gehörenden Wannen und die Bilder aus der alten Kamera aufs Papier gebracht. Gäbe es diese Badezimmer-Tage nicht, hätte ich kaum Erinnerungen an meine Kindheit - fast alle Bilder hat sie damals von uns gemacht.
Nun stell dir vor, deine Enkel wollen ihren Kindern etwas über dich erzählen und dabei vielleicht auch paar Bilder zeigen. Sollen sie dann wirklich dein Facebook oder Instagram Account aufrufen und all deine Posts anschauen?
- Was würdest du von dir zeigen, wenn du nur fünf Fotos hinterlassen könntest?
- Oder sogar nur drei?
- Welche dieser Bilder sind noch gar nicht entstanden, weil du etwas noch nicht erlebt hast? Was schiebst du vor dir her?
- Wer bist du wirklich?
Sollte sich die eine oder andere Frage nach Salz in der Wunde anhören, gern geschehen. Ich finde, man kann nicht früh genug damit beginnen, etwas zu tun und zu erleben, was WIRKLICH DEINS IST.
Viel Spaß dabei und liebe Grüße an deine Enkel!