“Veränderung findet über das Zulassen der eigenen Verletzlichkeit statt” habe ich letztens in einem Buch gelesen. Und erst einmal gestutzt: Was hat Veränderung mit Verletzlichkeit zu tun? Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde es für mich – Verletzlichkeit bedeutet ja auch, dass ich im Spürkontakt mit mir bin, mich berühren und letztlich auch verletzen lassen. Nun aber ist „sich verletzen lassen“ so ziemlich das Letzte, was wir uns als erwachsene Menschen antun wollen. Aus gutem Grund – wir sind meistens schon so oft in unserem Leben verletzt worden. Vielleicht gerade in unserer Kindheit.
Nur über unsere Verletzungen spüren wir unsere Grenzen
Eine wirksame Methode, um seine eigene Verletzlichkeit besser kennenzulernen ist die, immer präsenter zu werden und immer mehr in der Gegenwart zu leben. Nur dann haben wir die Chance sowohl unsere Grenzen als auch die Grenzüberschreitungen zu bemerken. Dazu brauchen wir ein geringeres Lebens-Tempo und natürlich die Bereitschaft, die eigene Verletzlichkeit auszuloten. Und was wir noch benötigen ist unser innerer Erwachsener.
Der innere Erwachsene ist die Instanz bzw. der Teil in uns, der buchstäblich erwachsen geworden ist. Oftmals ist der nicht so präsent, meistens dann nicht, wenn auf einmal Erfahrungen aus der Vergangenheit kommen, also kindliche Anteile unserer Persönlichkeit, die damals geängstigt oder verletzt werden. Die rumoren dann in uns. Bis wir uns auf unser tatsächliches Alter erinnern, präsenter werden und wieder die Verantwortung über unser Leben übernehmen.
Ein weiterer, schöner Nebeneffekt – je mehr wir unsere eigene Verletzlichkeit zulassen, desto mehr nehmen wir auch die Verletzlichkeit unserer Mitmenschen wahr – ein Mehr an Empathie kann so entstehen. Und Empathie ist nicht nur für Paare wichtig.