Warum wir alles zusammenkehren können sollten

Atomkraft ist sicher. Ja, ist sie, aber leider nur ohne den Menschen. Selbst wenn man das perfekte Kraftwerk bauen könnte und nicht schon beim Bau mit minderwertigem Beton, schlechten Schweissnähten und gefälschten Protokollen, hingeworfener Software etc. geschlampt worden wäre, selbst dann wäre das Kraftwerk ab Inbetriebnahme ein Problem.

Der Mensch ist gierig, der Mensch ist ignorant und der Mensch strebt seinen eigenen Vorteil an. Diese Grundeigenschaften unserer Spezies machen jedes Projekt unsicher, so sicher wie es sein mag. Die NASA hatte Budget bis zum Umfallen, Tausende intelligente Leute und trotzdem ist Challenger passiert. Man hat ignoriert, verschwiegen und gehofft.

Erinnern wir uns an die Schlampereien in deutschen Kraftwerken, die bisher ins Licht gekommen sind, erinnern wir uns an den Ärger von Vattenfall vor einigen Jahren und denken wir an Harrisburg und Tschernobyl. Es ist immer der Mensch gewesen. Ja, Fokushima ist nicht der Mensch gewesen, die Natur hat uns hier einfach mal erinnert, dass sie nicht beherrschbar ist, aber jetzt kommt raus, wie gespart, ignoriert und geschlampt wurde. Früher oder später hätten sich diese ganzen kleinen Ereignisse zu einem grossen Ereignis vereinigt. Ausserdem sehen wir, dass es für ein unwahrscheinliches Problem keinen Plan B gibt.

Wer hätte gedacht, dass Flugzeuge heutzutage noch wegen eines kleinen vereisten Stücks Metallrohr abstürzen können, aber der Absturz des Air France Airbus hat es gezeigt. Selbst alle Redundanz hat nicht geholfen. Die Concorde ist nie abgestürzt... bis auf dieses eine Mal als sich kleine Ereignisse zu einem grossen Problem vereinigt haben.

Erinnern wir uns an das Transrapid-Unglück. Eine moderne und im Design sichere Technik... menschliches Versagen und zusätzlich hatten wir dann doch vergessen, dass es diesen oder jenen Fall geben kann.

Wir fliegen aber trotzdem noch... warum? Weil die Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes überschaubar sind. So traurig es auch ist, aber man kehrt zusammen und alles ist in Ordnung. Explodiert eine Kohlekraftwerk, dann kehrt man zusammen und gut ist. Bei einer Ölplattform im Wasser ist das schon schwieriger. Bei Kernkraft unmöglich.

Was ich mit diesen Vergleichen sagen will, so unwahrscheinlich auch ein Problem sein mag, es wird mit grosser Wahrscheinlichkeit eintreten.

Vielleicht sollten wir alle Deutschen mal gemeinsam zu einem Kurs Technikfolgenabschätzung an die Uni schicken? Die Politiker und Atommanager zuerst. Ich hatte meinen übrigens schon...

Dabei betrachten wir noch nicht mal das Problem von Atommüll und dem Rest, der am Ende von 30-40 Jahren Kraftwerk übrig bleibt. Ein Kraftwerk belastet uns noch für weitere 20-30 Jahre nach seinem abschalten. Ich erinnere gern an Fälle, wo plötzlich strahlender Schrott in Hochöfen auftauchte, der da nicht reingehört. Warum? Weil Menschen gierig und skrupellos sind. Da verscheuern wir schon mal radioaktiven Schrott als ok und kassieren das Geld.

Übrigens verhält es sich mit Sicherheit von Computern ebenso. Es bleibt immer ein Restrisiko. 100% Sicherheit gibt es nicht, weil wir alle nur Menschen sind und Menschen den Softwaremist verbockt haben. Wichtig ist nur, dass wir die Auswirkungen minimieren, wenn es dann doch passiert.

Genau das Gleiche muss mit jeder Technologie passieren. Wir müssen den unwahrscheinlichen Fall als wahrscheinlich ansehen und uns dann überlegen, ob wir mit den Auswirkungen leben können.

Zum Schluss noch meine Mahnung an die Deutschen. Wenn Ihr keine Kernkraft wollt, und ich selbst halte die möglichen Auswirkungen für zu gross, müsst Ihr damit leben, dass die Energie anders erzeugt wird und auch irgendwie zu Euch nach Hause muss. Ihr könnt also nicht gegen alles sein, wenn am Abend der Fernseher laufen soll. Gegen Windkraftwerke, gegen Kohlekraftwerke, gegen Biogaskraftwerke, gegen Freileitungen, gegen Solarfelder, gegen Wasserkraftwerke... da bleibt am Ende nur das Hamsterrad im Keller.

Wer dagegen ist, muss sich selbst zuerst einschränken. Der Mensch ist nicht reif für die Beherrschung der Natur, wie er es mit der Atomkraft versucht, denn er beherrscht sich selbst nicht. Solange Gier und Skrupellosigkeit existieren, solange Menschen Hunger leiden und nach jeden Strohhalm greifen, um zu überleben, solange können wir nicht mit Dingen spielen, die globale Auswirkungen haben.

Alles was wir zusammenkehren können, können wir machen. Für alles andere ist die Menschheit nicht reif genug.


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