Warum sind wir so arm dran?

3May/130

Warum sind wir so arm dran?

Zugegeben, dieser Beitrag kommt reichlich spät. Bereits am 21. März veröffentlichte die Bundesbank im Rahmen der „Household Finance and Consumption Survey“ der Euroländer die Ergebnisse der Panelstudie „Private Haushalte und ihre Finanzen“. Seitdem haben auch Medien, Parteien und Verbände die Studie regelmäßig zitiert und interpretiert. Mal nach dem Motto "arme Deutsche unterstützen reiche Südländer" oder als Beleg für die große Ungleichverteilung der Vermögen in Deutschland.

Median des Nettovermögen in der Eurozone

Nettovermögen in der Eurozone nach Ländern - Median. Quelle: Bundesbank.de

In den Beiträgen, die ich gelesen habe, wurden aber nie die Daten dargestellt. Deshalb hole ich das jetzt nach.

Wie die Grafik zeigt, ist das Mediannettovermögen der Haushalte in Deutschland tatsächlich das niedrigste in der EU. Nettovermögen deshalb, weil Schulden gegengerechnet wurden. Der Median gibt das Vermögen an, zum dem es genauso viele höhere wie niedrigere gibt.

Weil dabei keine Rolle spielt, wie viel die anderen Vermögen höher oder niedriger sind, liegt das Medianvermögen in allen Ländern etwas niedriger als das durchschnittliche Vermögen. Hier ein Beispiel: bei drei Menschen mit einem Vermögen von 10,00, 10.000,00 und 10.000.000,00 Euro wäre der Median 10.000,00 (der mittlere der drei Werte), der Durchschnitt (arithmetisches Mittel) dagegen rund 3,3 Millionen.

Mittelwert höher

Dieses arithmetische Mittel liegt in Deutschland deutlich höher, wie die zweite Grafik zeigt. Die Länder sind wie oben nach dem Medianvermögen sortiert, so erkennt man leicht, dass in Deutschland und Österreich das durchschnittliche Nettovermögen höher liegt als in vielen anderen Ländern, in denen der Median weiter oben liegt. In Deutschland ist das arithmetische Mittel rund dreimal so hoch wie der Median, in Österreich 3,5-mal. Das passiert vor allem dann, wenn die Vermögen besonders ungleich verteilt sind

Warum sind wir so arm dran?

Nettovermögen - arithmetisches Mittel. Quelle: Bundesbank

"Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen", urteilte das Institut der deutschen Wirtschaft. Die Zahlen berücksichtigten weder die unterschiedliche Haushaltsgröße noch die geringere Eigentumsquote bei Häusern und Wohnungen oder den Immobilienpreisverfall in Spanien seit der Erhebung. Und auch die gute staatliche Absicherung in Deutschland werde nicht berücksichtigt. Die Ansprüche an die Rentenversicherung seien auch eine Art Vermögen.

Deutschland ungleicher?

Quatsch, urteilte die Wochenzeitung DIE ZEIT. Die staatliche Absicherung sei in vielen Ländern ähnlich hoch. Man könnte noch hinzufügen, dass die Umverteilungswirkung des deutschen Rentensystems zwischen arm und reich dadurch gemindert wird, dass Geringverdiener auch nur geringe Renten erhalten.

Völlig absurd sei das Argument des Wohneigentums. Das IW Köln argumentiert, dass ein großer Teil des Wohneigentums in der Hand von Unternehmen und damit nicht als Privatvermögen erfasst wäre. Das überzeugt tatsächlich nicht, abgesehen von kommunalen Wohnungsbauunternehmen. Denn bei Privatunternehmen stellten die Anteile daran, sofern in deutscher Hand, wieder ein Privatvermögen dar. Auch wenn der Wert der Anteile bei Genossenschaften eventuell nicht den vollen Unternehmenswert widerspiegelt.

Auch die in Deutschland unterproportionale Haushaltsgröße ist nur ein schwaches Argmument. Sie relativiert zwar das geringe Medianeinkommen, weil sich das Geld auf mehrere Köpfe verteilt, nicht aber den großen Unterschied zwischen Median und arithmetischem Mittel.

Sind die Ossis schuld?

Mein nächster Verdacht war, dass die geringen Vermögen in Ostdeutschland und der Ost-West-Unterschied eine Rolle spielen könnten. Also habe ich den Osten und den Westen getrennt betrachtet.

Median des Nettovermögen in der Eurozone

Nettovermögen in der Eurozone nach Ländern - Median. Quelle: Bundesbank.de

Doch auch für Westdeutschland alleine bleibt das Ergebnis ähnlich. Der Median liegt relativ niedrig, wenngleich nicht mehr am unteren Ende. Doch das arithmetische Mittel ist deutlich höher. Ob sich das alleine aus den nicht erfassten Vermögen in Form von Pensions- und Rentenzusagen erklären lässt ist fraglich.

Vieles spricht dafür, dass Vermögen hierzulande deutlich ungleicher verteilt sind als wir gedacht haben.


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