Ein ewiger Kampf tobt: Optimisten gegen Pessimisten. Auf der einen Seite die vermeintlich Blauäugigen, auf der anderen Seite die selbsternannten „Realisten“, die ihre Erwartungen tief stapeln, da sie der eigenen Logik zufolge seltener enttäuscht werden – und umso überraschter sind, wenn doch etwas Positives passiert. Aber ganz so einfach ist die Sache zum Glück nicht.
Optimismus und Gefahren
Optimismus sollte nicht mit Selbstüberschätzung verwechselt werden. Denken wir an Menschen, die hohe Risiken eingehen und sich dabei in trügerischer Sicherheit wähnen. Manchmal und bedauerlicherweise werden diese Menschen eines Besseren belehrt. Optimismus ist zu unterscheiden vom aufgeblasenen Ego, von der Torheit.
Kluge Optimisten betrachten sich und ihr Können ehrlich, um es an die Realität anzugleichen.
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Doch selbst wenn jemand zu optimistisch ist, hat das in der Regel keine negativen Folgen, wie Dr. Rolf Merkle feststellt:
„Als Psychologe und Psychotherapeut habe ich bislang weder einen Menschen getroffen, noch von einem gehört, der krankhaft optimistisch war und sich dadurch in große Gefahr gebracht hätte.“
Eine Wirkung dieser Lebenshaltung ist jedoch unumstritten: Mit einer optimistischen Einstellung erhöhen wir unsere Chancen auf Zufriedenheit und Erfolg. Warum? Ganz einfach: weil wir daran glauben. Und es ist nicht nur ein Sprichwort, dass der Glaube Berge versetzt.
Zur Erklärung bedarf es auch keiner spirituellen Konzepte: Eine optimistische Grundeinstellung führt zu einer offenen, kommunikativen Körpersprache. Darauf reagieren andere und wir fühlen uns Herausforderungen eher gewachsen.
Langsam und stetig
Das bedeutet nicht, dass wir alles bereits können, was wir uns vornehmen. Eine optimistische Sicht mit der Einstellung „Das schaffe ich“ liefert jedoch die nötige Motivation, um Neues zu lernen.
Die auf dem Gebiet des Optimismus forschende Psychologin Barbara Fredrickson rät jedoch davon ab, sich eine optimistische Sicht aufzuzwingen. Viel besser sei es, sich eine offene, neugierige und authentische Haltung anzueignen:
Naivität und Optimismus
Der Unterschied zwischen einem naiven und einem optimistischen Menschen besteht darin, dass der Naive blind durch die Welt geht, während der Optimist mit wachen Augen und klarem Blick die Dinge betrachtet und anschließend in eine positive Haltung integriert. Der Optimist geht also einen wesentlichen Schritt weiter als der Naive. Er geht den Schritt der Erkenntnis.
Der Optimist erkennt Negatives an, doch lässt sich nicht davon beherrschen.
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Stattdessen setzt er sich aktiv mit dem Negativen auseinander und bewahrt sich zugleich seine positive Haltung wie einen Schatz.
Pessimismus vs. Optimismus?
Dem Psychologen Martin Seligman zufolge haben Optimisten und Pessimisten völlig unterschiedliche Erklärungsmuster. Das ist auch kein Wunder, unterscheiden sie sich ja wie bereits erwähnt in ihrer Haltung zum Leben. Und eine Haltung ist wie eine Brille. Mit ihr vor den Augen sehen wir die Dinge selektiv und im Sinne unserer Überzeugungen.
Ein sehr interessanter Unterschied zwischen Optimisten und Pessimisten ist die Generalisierung. Pessimisten übertragen Misserfolge und Fehlschläge häufig auf andere Bereiche ihres Lebens, sie verallgemeinern. Optimisten sind in der Lage, ein missglücktes Unterfangen als solches zu sehen: als Einzelereignis.
Interessanterweise sehen Pessimisten positive Ereignisse im Umkehrschluss als Ausnahme an. „Ich hatte eben Glück“ oder „Das war bloß Zufall“ sind Sätze, die im Sprachgebrauch von Pessimisten recht häufig vorkommen. Doch lassen sich Optimismus und Pessimismus nicht eins zu eins einander gegenüberstellen, wie auch der Verein Optimisten Ohne Grenzen weiß. So heißt es auf der Webseite:
„Optimismus hilft uns, den Sinn des Lebens zu verstehen. Das Gegenteil von Optimismus ist nicht nur Pessimismus. Das Gegenteil von Optimismus ist auch und vielleicht in erster Linie Zynismus.“
Die Organisation spricht sich für Optimismus im Sinne von Vertrauen aus und schreibt weiterhin:
„Zusammen wollen wir eine Kulturrevolution des optimistischen Realismus in Gang setzen. Eine Revolution, die auf enger Zusammenarbeit beruht und sich auf den Glauben stützt, dass es für alle Menschen genug zu leben gibt auf dieser Erde, wenn es nur gerecht verteilt wird, und nicht auf ein permanentes Konkurrenzdenken, das immer davon ausgeht, dass man nicht genügend “abbekommt”.“
Es geht also um ein schrankenloses, offenes Denken, das dem egoistischen Haben-Denken entgegen tritt. So wie Erich Fromm es auch schon vor Jahrzehnten in seinem Werk Haben oder Sein vorschlug.
Gesunder Optimismus
Ein gesunder Optimismus hat also nichts mit Naivität oder Schönfärberei zu tun. Im Gegenteil, ein Optimist handelt weise, weil er sich darüber im Klaren ist, dass eine Situation nicht pauschalisiert werden kann und er im Leben nicht vorankommt, wenn er schwarz sieht.
Optimismus wirkt sich darüber hinaus auch positiv auf die Gesundheit des Herzens aus – insbesondere in Deutschland ist das eine wichtige Angelegenheit, sind doch Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste natürliche Todesursache. Dass Optimismus für die Gesundheit allgemein von Vorteil ist, zeigt eine weitere groß angelegte Studie.
Fazit
Optimismus ist mehr als nur eine Sicht auf die Welt. Er ist selbsterfüllende Prophezeiung, Selbstschutz und Kraftquelle. Kein Mensch ist rund um die Uhr optimistisch. Harte Zeiten und Schicksalsschläge sind rein objektiv betrachtet schwierige Lebensphasen, die auch jeden noch so optimistischen Menschen herausfordern. Dennoch lohnt es sich, immer wieder den Weg zurück zu dieser positiven Grundhaltung zu finden.
Sind Sie Optimist, Pessimist oder Realist?- Optimist
- Pessimist
- Realist
- Von allem etwas
- Nichts davon
Buchtipps zum Thema:
- Candide: oder der Optimismus (Voltaire)
- Anleitung zum Zukunfts-Optimismus: Warum die Welt nicht schlechter wird (Matthias Horx)
- Steh auf!: Bekenntnisse eines Optimisten (Boris Grundl)
- Viel Glück – Das kleine Überlebensbuch: Soforthilfe bei Schwarzsehen, Selbstzweifeln, Pech und Pannen (Claudia Croos-Müller)
- Samuel Koch – Zwei Leben (Christoph Fasel, Samuel Koch)