Warum nicht jedes Geschenk ein Geschenk ist (Die meistgelesenen – Aus dem Archiv)

Von Bitte Löschen

Eigentlich bin ich ja nicht empfindlich. Dachte ich. Bis vor einigen Tagen. Da war mein Geburtstag. Und wenn man Glück hat, bekommt man an seinem Geburtstag Geschenke. Oder wenn man Pech hat. Mit Geschenken kann man viel aussagen. Schenkt ein Ehemann seiner Frau eine Waage, dann sollte er sich nicht wundern, wenn er am nächsten Tag versalzenes Essen auf dem Teller hat. Schenkt man einen Kaktus, so möchte man dem anderen “durch die Blume” sagen, dass er eine Kratzbürste ist. Man verschenkt ja auch keine Scheren oder Deos.

Bei all diesen Geschenken ist die Botschaft eindeutig. Nun gibt es aber auch Geschenke, die mehrere Auslegungen zulassen. Eine Bahnfahrkarte für die Frau zur Mutter kann heißen: “Liebling, gönn’ Dir eine schöne Zeit mit Deiner Mama, ich kümmer mich hier mal um den Rest. Viel Spaß.” Es kann aber ebensogut heißen: “Mach die Koffer voll, komm bloß nicht wieder.”

Und eben so ein Geschenk habe ich von meinem Mann bekommen. Ein Fotoshooting. Ein Erotik-Fotoshooting. Der Termin steht schon. Er ist nicht etwa morgen, sondern in drei Wochen. Zeit genug, um noch ein paar Kilo abzunehmen. Wollte er mir das sagen? Oder vielleicht: “Damit Du selber auch mal die Beulen an Deinem Hintern sehen kannst”? Ja, ich glaube, da muss der Fotograf eine Zusatzapp für Photoshop kaufen. Eine Beulen-und-Runzeln-weg-App.

Dazu kommt, dass er die Kinder während des Fototermins wegorganisiert hat. Ich fürchte, das bedeutet, dass er mitkommen will! Will er wohl während der ganzen Session daneben sitzen und laut lachen? Das ist sicher die Rache für die Stripperin zu seinem 40. Aber das Schlimmste kommt noch! Ich kenne den Fotografen! Ich mach mich doch nicht vor einem mir bekannten Mann naggisch! (Nimm’s mir nicht übel Micha!)

Wenn ich mich fotografieren lasse, dann von einer übergewichtigen Fotografin, die in ihrem früheren Berufsleben Krankenschwester, Gynäkologin oder Altenpflegerin war. Oder von meiner Hebamme. Und zudem sollte sie ein Photoshop-Aufbaustudium absolviert haben. Ich will vorher eine Demo haben, wie sie aus einem Elefanten eine Gazelle photoshoppt (oder -schoppst… Heute ist Kalauertag). Aber so, dass man den Elefanten noch erkennt und, dass es nicht allzu geschummelt aussieht.

Es gibt aber noch eine weitere Interpretationsmöglichkeit dieses Geschenkes. Vielleicht wollte er mir einfach nur sagen: “Schatz, Du tolles Luder, ich hätte gerne Fotos von Dir, weil ich Dich schön finde.” Aber das wäre ja zu einfach.

Ich bin noch unentschlossen, ob ich annehme. Zwei Wochen hab ich ja noch. Kennt jemand einen guten Chirurgen?