Warum mich jetzt vielleicht die Schwimmlehrerin hasst.

Von Berit Andersen

Jetzt, wo der große Riesensohn nicht mehr die Schulbetreuung bis 15 Uhr besucht, stelle ich die Anfrage an die Schwimmlehrerin, ob das Kind nach dem Schwimmunterricht auch direkt nach Hause gehen kann.

Vom Schwimmbad aus läuft man 10 Minuten, von der Schule aus etwa 20 Minuten, wenn man durch den Park geht, was er alleine nicht darf. Er soll an der Straße entlang laufen. Das dauert etwa 30 Minuten. Auf dem Rückweg kommt er am Schwimmbad vorbei.

Alleine nach Hause

“Sie können ihn vom Schwimmbad abholen”, sagte mir die Schwimmlehrerin letzte Woche, “ob er alleine laufen darf, muss ich mit der Direktorin abklären. Das habe ich noch nicht geschafft. Ich frage nach.”

Ich hole also das Kind vom Schwimmbad ab. Weil Maxe eine Stunde früher Schluss hat, sitzen wir beide schon um 12 Uhr 15 in der Schwimmbadvorhalle und weil Maxe das Schwimmbad noch nicht von innen gesehen hat, frage ich die muffige freundliche Frau an der Kasse, ob wir mal reinschauen dürfen.

“Aber nur von außen. Nicht reingehen”, knurrt sagt sie, und wir versprechen es hoch und heilig.

Melek entdeckt uns und winkt uns fröhlich zu. Maxe winkt, ich winke. Dann gehen wir wieder in die Vorhalle und warten dort.

Ich wippe mit dem tollen Wippstuhl, aber der quietscht und das beschert mir böse Blicke von der Frau an der Kasse die Frau an der Kasse bittet mich freundlich, damit aufzuhören. Ich fühle mich wie ein Schulkind. So fühlt sich das also an. Oha.

Dann stapft die Schwimmlehrerin auf mich zu.

“Bitte schauen Sie nicht beim Schwimmunterricht zu. Das lenkt die Kinder ab.”

“Machen wir nie wieder”, verspreche ich einsichtig, “das war nur wegen Maxe, der wollte mal seinem Bruder zugucken.”

“Es reicht auch, wenn Sie um 13 Uhr da sind.”

Darf er oder darf er nicht?

“Naja”, sage ich, “ich hole halt Maxe um 12 Uhr ab und auf dem Heimweg holen wir Melek ab. Hatten Sie denn die Direktorin mal gefragt, ob er alleine nach Hause gehen darf?”

“Wir haben das jetzt so beschlossen. Sie können Melek um 13 Uhr hier abholen. Aber bitte nicht zuschauen.”

“Versprochen”, sage ich, “aber ist das jetzt endgültig, dass er nicht alleine gehen darf oder gibt es noch eine Chance?”

“Wir kommen Ihnen ja schon entgegen. Eigentlich ist ja erst um 13 Uhr 35 Schulschluss.”

Ich überlege kurz, ob ich hartnäckig sein will. Ich kann nicht anders:

“Haben Sie und Frau Schwarze” (andere Schwimmlehrerin) “das so beschlossen oder ist das das, was die Direktorin gesagt hat?”

“Warum ist es Ihnen denn so wichtig, dass Melek alleine nach Hause geht?”

“Nunja, er kann es und es ist doch viel einfacher, wenn er von hier aus nach Hause geht, als wenn er mit dem Schulbus zur Schule gefahren wird und von dort nach Hause geht. Das ist viel länger. Wir wohnen ja hier um die Ecke.”

“Wie gesagt, Sie können ihn von hier aus abholen.”

“Sie hatten letzte Woche gesagt, dass Sie die Direktorin deshalb nochmal fragen würden. Haben Sie das gemacht? Sonst würde ich sie fragen.”

“Sie können Sie gerne nochmal fragen.”

“Naja, wenn die Direktorin gesagt hat, dass das nicht geht, würde ich sie natürlich nicht fragen. Ich akzeptiere das. Aber wenn Sie sie noch nicht gefragt haben, könnte ich sie …”

“Ich habe sie nicht gefragt, aber wenn Sie darauf bestehen, kann ich das gleich machen.”

“Sie hatten mir letzte Woche gesagt, dass Sie die Direktorin fragen würden.”

“Wissen Sie, im nächsten Schuljahr machen wir keine Ausnahmen mehr. Dann fahren alle Kinder mit dem Schulbus. Da könnte ja jeder kommen.”

Ich bin so blöd. Ich kann es einfach nicht lassen. Nie.

“Und dann muss Melek von der Schule aus nach Hause gehen? Er kommt auf dem Rückweg am Schwimmbad vorbei! Das erscheint mir wenig sinnvoll.”

“Es ist ja noch Unterricht bis 13 Uhr 35.”

“Faktisch ist da ja kein Unterricht. Da ist nur noch die Busfahrt.”

“Wir kommen Ihnen doch schon entgegen!”

Und bevor die Schwimmlehrerin mich umbringt, lasse ich das doch. Das Nachfragen. Das hat mir damals schon ein “Undiszipliniert” im Zeugnis eingebracht.


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