Warum läuft Spaniens Regierungsbildung eigentlich so extrem zäh?

Von Almabu

Neben den nachvollziehbaren Wünschen für die jeweilige Partei oder Gruppierung oder auch nur das eigene Ego das Maximum herauszuholen und dem nachvollziehbaren Wunsch den Polit-Autisten Mariano Rajoy abzulösen, den viele Spanier einfach nicht mehr sehen können oder wollen, geht es hinter den Kulissen auch um konkrete, handfeste Gründe.

Einer der Punkte bei den Verhandlungen um die Unterstützung der CIUDADANOS (C’s) zur erneuten Installierung von Mariano Rajoy zum spanischen Ministerpräsidenten war die Revision der Steueramnestie von 2012, die dem Finanzministerium nicht die erwarteten Einnahmen brachte und deren reale Ausgestaltung skandalös war. Für eine solche mögliche Revision, um die sich die PARTIDO POPULAR (PP) ihrer begünstigten Klientel wegen nicht reisst, läuft am 30. November 2016 eine Frist ab.

Weil man das Schandprojekt nicht beim passenden Namen „spottbillige Steueramnestie für Steuerhinterzieher“ nennen wollte, gab man ihm damals den unverfänglicherern Namen „Spezielle Steuererklärung“, „declaración tributaria especial“ (DTE). Die vierjährige mögliche Einspruchsfrist läuft jetzt Ende November ab. Nach diesem Datum kann sich das Finanzministerium bei keinem der Teilnehmer an dieser Steueramnestie einen Nachschlag mehr holen.

Nur wenn Rajoy bis spätestens 2. September zum Ministerpräsidenten gewählt würde, woran er offensichtlich selbst nicht mehr glaubt ,würde überhaupt eine theoretische Chance bestehen wenigsten etwas mehr Steuergerechtigkeit herzustellen, als dies damals geschah.

Das geltende, aber damals nicht durchgesetzte Recht sieht vor, daß die reuigen Steuersünder 10% auf ihr gesamtes Vermögen als einmalige Nachzahlung bezahlen um in den Genuß der Amnestie zu kommen.

Daraus wurden 10% über das hinterzogene Vermögen, was einer gewaltigen Belohnung für alle gleich kam, deren Steuersatz höher als 10% betrug. Am Ende bezahlten die „reuigen Sünder“ durchschnittlich 3% Steuern nach, ein Wahnsinnsgeschäft eigentlich, daß zur Steuerhinterziehung, zum Betrug, geradezu einlädt!

Aber selbst wenn Rajoy rechtzeitig gewählt werden würde, bliebe es bei spanischem Regierungstempo ein sportliches Unterfangen, innerhalb der verbleibenden drei Monate jeden einzelnen der 31.484 Teilnehmer an der Steueramnestie von 2012 anzuschreiben, Widerspruch einzulegen und die entsprechenden offenen Beträge nachzufordern. Es müsste auch mit einer Prozesslawine gerechnet werden, die in Spanien die Gerichte auf Jahre blockieren würde.

Um welche Beträge geht es bei der möglichen Nachforderung? Die rechtliche Basis waren 10% Strafsteuern auf ein Gesamtvermögen von 40 Milliarden Euro, was nach Rieses Adam eine Steuereinnahme von 4 Milliarden ergeben hätte. Tatsächlich flossen in der Praxis nicht einmal 10% auf die nachträglich erklärten Beträge von 12 Milliarden, also rund 1,2 Milliarden Euro. Auf die Gesamtvermögen von 40 Milliarden bezogen betrugen diese 1,2 Milliarden ganze 3% Steuern. Die Steuerhinterzieher hatten durchschnittlich 30% ihres Vermögens nicht deklariert. Aus unerfindlichen Gründen, die bestimmt rein gar nichts mit Korruption zu tun haben, hat das Finanzministerium des klammen, hoch verschuldeten Spaniens, auf mögliche 2,8 Milliarden Steuereinnahmen verzichtet!

Wie hatte eigentlich Herr Schäuble das mit den Schweizer Konten deutscher Steuerhinterzieher geregelt? Waren die etwa auch für ihre kriminelle Aktivität belohnt worden?