Der Begriff “Klimawandel” beschreibt nicht nur eine ziemlich dreckige Geschichte, das Wort selbst scheint auch ein extremes Imageproblem zu haben. Wer es in der Zeitung liest, rollt unwillkürlich mit den Augen und denkt sich “kenn ich schon”. Journalisten berichten selten und riskieren womöglich ihren eigenen Ruf. Politiker müssen sich bei angekündigten Maßnahmen auf einen Sturm gefasst machen – keinen neuen Jahrhundertorkan (der kommt sowieso), sondern einen Shitstorm der Lobbyisten. Verbraucher, die schon auf Energiesparlampen umgestiegen sind und mehr Fahrrad fahren, denken resigniert, dass dieser Tropfen auf dem überhitzten Asphalt ja doch nichts nützt. Ein grundlegendes Problem des Klimawandels ist auch, dass man weder Folgen noch Erfolge von heute auf morgen sehen wird. Dabei ist gewiss, dass wir die Folgen teilweise bereits sehen und noch sehen werden, auf alle Fälle aber unsere Kinder.
Der kleine Tropfen auf dem heißen Asphalt
Kein Wunder, am großen Ganzen ändern die vielen kleinen Maßnahmen auch kaum etwas, so lange große Energiekonzerne wie Exxon, BP, Gazprom, Chevron, ConocoPhillips und Shell (die laut Berichten des Greenpeace Magazins für rund ein Viertel des CO2-Ausstoßes verantwortlich sein werden, den wir uns bis zur 2 Grad-Erhöhungsgrenze noch erlauben können) weiter kräftig verdienen und Politiker erfolgreich beeinflussen. Völlig unverständlich, dass während viele andere Unternehmen für den von ihnen verursachten Umweltschaden aufkommen müssen, den Konzernen ihr CO2-Ausstoß nicht in Rechnung gestellt wird. Die genannte Zahl des Greenpeace Magazins ist übrigens schon ein Jahr alt. Leider ist der in der Titelstory von November 2012 herbeigesehnte große #Aufschrei ausgeblieben. Nun steht vom 11. bis 22. November der nächste Weltklimagipfel in Warschau an und vermutlich werden die Herren aller Länder ein weiteres Mal die Chance vertun, den Planet auch für unsere Kinder lebenswert zu erhalten.
David gegen Goliath – Folge 10088365535612873…
Greenpeace versucht gerade, die 30 in Russland inhaftierten Aktivisten zu befreien, die gegen weitere Ölbohrungen in der Arktis protestiert haben. Es ist schon verblüffend, dass die Konzerne, die daran verdienen, das Leben auf unserem Planeten immer unwirtlicher zu machen, weiter ungestraft ihre Milliarden verdienen, während ein paar engagierte Aktivisten juristisch mundtot gemacht werden sollen. Man kann nur hoffen, dass die Affäre so viel Aufmerksamkeit auf das Thema lenkt, dass sich der riskante Einsatz für die Umweltschützer lohnt.
Eine neue journalistische Courage?
Mein persönlicher Hoffnungsschimmer am Horizont: Manche junge Journalisten scheinen es mit der Thematisierung des Klimawandels etwas ernster zu nehmen. Gerade konnte das Projekt “Climate Mosaic”, das unabhängig über den Klimagipfel in Warschau berichten will, per Crowdfunding mit über 6000 $ Wirklichkeit werden. Ich freue mich auf von großen Medienkonzernen, Parteien und der Industrie unabhängige Berichte vom COP-19. Noch besser wäre natürlich ebenso unabhängige politische Entscheidungen zum Wohle der Menschheit.
Ein Beitrag aus der Kategorie “Warum sind Menschen wie Lemminge?” und “Bin ich der einzige naive Idealist hier?”. Was denkt ihr zum Thema?