Warum ich mich fortan bemühe, fünf gerade sein zu lassen

Als Buchbloggerin nutze ich mein kleines Fleckchen Internet natürlich vorwiegend, um all das loszuwerden, was sich in meinem Kopf zum Thema Bücher ansammelt. Das sind größtenteils Buchbesprechungen, doch auch Interviews sowie frei runter geschriebene Beiträge rund ums Thema Buch haben in den letzten beiden Jahren ihren Platz bei mir gefunden. Dass ich meinen Blog darüberhinaus nur selten dazu nutze, über andere Dinge zu schreiben, liegt nicht daran, dass ich es grundsätzlich ablehne, oder über Bücher hinaus keine Meinung habe, sondern vielmehr daran, dass ich meinem Hobby ungern die Leichtigkeit nehme, mit der es mich bislang erfüllt. Aber manchmal droht der Kopf einfach überzuquellen, weil sich einige Dinge so hartnäckig festsetzen, dass sie mich nicht mehr loslassen und unbedingt niedergeschrieben werden wollen und solchen Dingen möchte ich ihre Daseinsberechtigung nicht nehmen. Auch nicht auf meinem Blog.Warum ich mich fortan bemühe, fünf gerade sein zu lassen

Ich bin ein Mensch, der trotz seiner über 30 Jahre gerne wie ein kleines Kind lachend und quietschend die Straßen entlang flitzt, am liebsten zu lauter Musik durch die Wohnung tanzt, verträumt aus dem Fenster guckt und Erinnerungen nur schwer loslassen kann. Ich bin ein Mensch, der sensibel ist und auch mal leidenschaftlich streitet. Ein Mensch, dessen Emotionen ihn manchmal so überwältigen, dass die Tränen wie Sturzbäche fließen. Und ich bin ein Mensch, der Harmonie wie die Luft zum Atmen braucht. Und als dieser Mensch hasse ich das Gefühl, das sich in letzter Zeit in mir breit macht. Das Gefühl, als würde an jeder Ecke kritisiert und über alles und jeden geschimpft werden, als wäre das ein Sport. Das Gefühl, als wären die Menschen unglücklich, wenn sie sich nicht über irgendetwas aufregen könnten. Und das ist so. verdammt. traurig. Natürlich sollte man nicht mit Scheuklappen durch die Weltgeschichte marschieren und alles einfach stumm hinnehmen, das ist richtig, aber man muss auch mal fünf gerade sein lassen können. Doch genau das scheinen wir verlernt zu haben. Oder?

Man sollte meinen, dass wir nach den vielen Jahren Hass, Zerstörung und Krieg dazugelernt hätten und aufhören würden, uns gegenseitig das Leben schwer zu machen. Stattdessen lästern wir aber weiter fröhlich über den Kleidungs- oder Ernährungsstil anderer, über ihre Art zu bloggen, über ihren Lesegeschmack. Wir schimpfen über Buchcover, darüber, dass Herr Müller von gegenüber wieder einmal viel zu viel Parkplatz für sich beansprucht und dass Frau Schneider eine gefühlte Ewigkeit braucht, um ihre Bestellung beim Bäcker aufzugeben. Wir sehen von oben auf andere herab, weil wir denken, dass wir gebildeter, ja, vielleicht sogar die besseren Menschen sind und unsere Meinung die einzig wahre ist. Anstatt einfach mal gelassen zu sein und die Menschen ihr Leben so leben zu lassen, wie sie es wollen, verschwenden wir unsere Energie darauf, das Haar in der Suppe zu suchen.

Dabei wollen wir doch alle eine bessere Welt. Wollen uns frei fühlen und so sein dürfen, wie wir sind. Im selben Atemzug ziehen wir uns aber selbst die Zwangsjacken an und wedeln fröhlich mit dem erhobenen Zeigefinger vor anderen herum. Wir ermahnen sie wegen ihrer Wortwahl und beißen uns selbst auf die Zunge, um nicht vielleicht die falschen Fragen zu stellen. Dabei lehren wir unseren Kindern doch aber, dass es keine falschen und doofen Fragen gibt! Wieso sollte das nicht auch für uns Erwachsene gelten? Wieso sollte ich mein Gegenüber nicht fragen dürfen, wo er her kommt? Wieso sollte ich nicht neugierig sein und den Wunsch haben dürfen, bei einem netten Gespräch mehr über ihn in Erfahrung zu bringen?

Warum ich mich fortan bemühe, fünf gerade sein zu lassen

Meiner Meinung nach sind nicht die Fragen das Problem, wir sind es. Unsere Haltung, unserer Ton. Die Wenigsten werden sich in irgendeiner Weise angegriffen fühlen, nur, weil sein Gegenüber offen, freundlich und interessiert Fragen stellt. Man wird nicht automatisch für einen Rassisten gehalten, weil man neugierig ist, aus welcher Ecke dieser Welt jemand kommt. Man wird nicht zum Homophob, weil man offen ausspricht, was man denkt und dabei nicht erstmal die gewählten Worte auf die Goldwaage legt. Ebenso wenig tritt man den Feminismus mit Füßen, nur weil man nicht an jeder zweiten Straßenecke Frauenfeindlichkeit oder eine Benachteiligung für das weibliche Geschlecht sieht. Leser sind nicht dumm und weltfremd, weil sie für sich vielleicht nicht das Vorzeigegenre bevorzugen. Und Herr Müller hat das recht nicht vernünftig einparken zu können, ohne dafür blöd angepflaumt zu werden, genauso wie Frau Schneider sich beim Bäcker Zeit lassen darf, die ganzen Köstlichkeiten für sich zu entdecken.

Ja, Kritik ist gut und wichtig und man sollte auch weiterhin den Mund aufmachen und sich gegen Ungerechtigkeiten erheben, aber anstatt uns zukünftig gegenseitig in Watte zu packen und wie rohe Eier zu behandeln, sollten wir den Dingen vielleicht selbst ein wenig den Wind aus den Segeln nehmen. Diskriminierung - egal auf welche Art - keine Chance zu geben bedeutet nämlich auch, nicht immer in allem nach Diskriminierung zu suchen. Es bedeutet auch, dass wir uns erlauben, uns frei und offen und ehrlich zu geben und unsere Worte ebenso zu wählen. Es bedeutet, ohne bitteren Beigeschmack neugierig sein zu dürfen.

Wer jetzt denkt Was weiß die schon über Diskriminierung, dem sei gesagt, dass ich so einiges darüber weiß. Weil ich es am eigenen Leib erfahren habe. Als Deutsche, die im Ausland aufgewachsen ist, hatte ich es auch nicht unbedingt leicht und musste lange dafür kämpfen, dass man mich nicht nach meiner Herkunft beurteilt, sondern nach dem, wer ich bin. Ich musste dafür kämpfen, nicht als Fußabtreter behandelt zu werden, nur weil meine Eltern nicht reich waren und ich mir somit nicht all das leisten konnte, was für meine Mitschüler Standard war. Ich weiß, wie verletzend Worte sein können. Ich weiß aber auch, wie viel Körperhaltung und Tonlagen ausmachen. Und ich weiß, dass auch ich einen Mund habe, mit dem ich sagen kann, wenn mich etwas verletzt und dass in den meisten Fällen darauf in Zukunft Rücksicht genommen wird.

Warum ich mich fortan bemühe, fünf gerade sein zu lassen

Ich wünsche mir eine bessere Welt. Eine Welt, in der ich keine Angst haben muss, die Nachrichten einzuschalten. Eine Welt, in der wir uns gegenseitig respektieren und achten. Eine Welt, in der wir unsere Zeit so nutzen dürfen, wie wir es wollen. Eine Welt, in der wir frei sprechen dürfen und nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir das Positive hervorheben und mit Dingen, die uns nerven, gelassener umgehen. Eine Welt, in der wir gegen Ungerechtigkeiten vorgehen und uns für die Schwachen stark machen, aber gleichzeitig auch mal die Menschen einfach mal machen lassen - wir müssen es ihnen ja nicht gleichtun, wenn uns ihr Weg nicht passt. Ich wünsche mir eine Welt, in der wir frei sind, unser Leben selbst zu gestalten und in der wir einfach Mensch sein dürfen. Mit allen Höhen und Tiefen, mit den tollen und weniger tollen Seiten. Für diese Welt muss ich auch mal fünf gerade sein lassen und ich weiß, dass mir das manches Mal schwer fallen wird, aber ich werde es dennoch jeden Tag aufs Neue versuchen.


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