Warum ich meinen Psychiater liebe.

Beim letzten Besuch habe ich zum ersten Mal ihm die Taschentuchbox zugeschoben. Er war erkältet. “Gute Besserung”,, wünschte ich.

“Ach”, brummelte er, “das ist ja eine Krankheit, die wieder vorbei geht. Aber vielen Dank.”

“Hm”, sage ich, “ich habe mich ja damit abgefunden, dass ich ein Leben lang hierher tigern werde, aber nun taucht das nächste Problem auf.”

“Ja, Frau Solanum?” Der Mann ist heiser und sieht aus, als würde er jetzt am liebsten ins Bett krabbeln.

“Sie sind älter als ich. Was mache ich denn, wenn Sie in Rente gehen?”

Er lacht.

“Versprochen, ich bin noch ganz lange hier. Und wenn es soweit ist, reden wir darüber. Und wie wirkt das Medikament?”

“Och, das war toll. Ich habe drei Tabletten eingeworfen und dann habe ich mich sogar getraut, mit den Kollegen essen zu gehen.”

“Na, prima”, grinst es von Gegenüber, “wird doch.”

“Ich habe mich auf eine feste Stelle beworben”, gestehe ich, “meinen Sie, ich schaffe eine Arbeit mit festen Arbeitszeiten?”

“Natürlich!” poltert der Mann mit dem Bauch eines Weihnachtsmannes, “Sie Drückeberger, Sie! Wann ist denn das Vorstellungsgespräch?”

“Im März oder April, haben die gesagt.”

Er wedelt freundlich mit meiner Krankenakte: “Das wird! Wir kriegen das hin!”

Und dermaßen vollgepumpt mit Optimismus fliege ich wohlgemut an meinen Schreibtisch.


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