Warum ich keine Alnatura-Mom bin

Von Nina Lewedei @Philinsmom
by Nina in #MOM-BLOG

Ich bin keine Alnatura-Mom, werde es wohl auch nie sein. Ich hab es wirklich versucht aber ich bin es einfach nicht.

Schon in der Schwangerschaft hatte ich mir so einiges vorgenommen. Stillen bis zum Abwinken, den Babybrei immer schön selbst zubereiten mit ganz viel Bio-Gemüse versteht sich, und immer schön sehr ökologische Kleidung für den Mini kaufen. Tragen bis die Riemen reißen und alles nur auf das Kind ausrichten. Man stellt sich das dann immer so leicht vor bevor man die Realität vor Augen hat. Ist doch alles nicht so schwer, dachte ich mir und scheiterte ziemlich schnell an dem Projekt “Supervorzeigemom des Jahres”.

Die Zeit verging und ich habe mich in den ersten Monaten tatsächlich richtig ins Zeug geschmissen. Ich wollte alles richtig machen und vor allem alles immer gut verträglich für den Mini. Leider wird man ziemlich schnell mit der Wahrheit konfrontiert und muss erkennen, dass man sich selbst ein Stück aufgeben muss um das alles ohne Probleme hinzukriegen.

Ich stillte den Mini voll, ohne jegliche zusätzliche Flasche oder einen Tee zwischendurch. Ich habe auf meinen Mutter-Instinkt vertraut und er wurde tatsächlich immer satt. Nur fing es beim Stillen dann auch schon an. Die lieben Koliken trieben mich dazu dem Mini regelmäßig eine gefühlte halbe Flasche Lefax vorher zu geben und es hat tatsächlich geholfen. Es hat nicht nur ihm geholfen, sondern auch uns. Er war einfach viel entspannter und dadurch wir Eltern natürlich auch. Glaubt bitte nicht ich hätte kein schlechtes Gewissen gehabt. Ich hatte es! Jedes Mal sah mich die böse Lefax-Flasche an während ich den Mini wieder anlegen wollte, und zwinkerte mir ein wenig zu. Nimm das Zeug vorher, hatte sie mir geflüstert. Ich wollte natürlich trotzdem alles tun um ohne das Zeug auszukommen, doch die Rechnung erhielt ich dafür immer ziemlich schnell. Der Mini quälte sich und hatte wirklich böse Bauchschmerzen. Ich habe also eigentlich immer wieder zu der kleinen bösen Flasche gegriffen um dem Mini zu helfen.

Der selbst gekochte Vorzeige-Bio-Brei wurde von mir mit viel Liebe immer wieder hergestellt und ich mühte mich jeden Tag in der Küche ab. Ich stand also jeden Tag so ziemlich 3 Stunden in der Küche. Die Pastinaken wurden schonend dampf-gegart und anschließend schonend gestampft um sie dann wieder anschließend schonend in die kleinen Schälchen zu füllen. Das ganze wurde dann schonend in den Gefrierschrank getan um es dann schonend aber dann doch ganz radikal schock zu frieren. Man glaubt ja gar nicht wie viel Zeit es braucht um herauszufinden ob der Gefrierschrank überhaupt eine Schockfrierfunktion hat. Ach und man glaubt auch gar nicht wie viel Zeit es braucht, das neue und aufregende Gemüse zu studieren welches man vorher noch nie gesehen hatte. Ich wusste, bevor ich schwanger geworden war, noch nicht einmal was Pastinaken sind. Sie schmecken trotzdem gut!

Irgendwann hatte ich einfach keine Lust mehr auf die viele verschwendete Zeit und kochte einfach so wie ich es immer tat. Ganz normal ohne viel Schnickschnack aber trotzdem mit ganz viel Gemüse versteht sich. Die täglichen 3 Stunden die ich in der Küche zubrachte, wollte ich dann doch lieber meinem Kind widmen.

Kommen wir zu den Vorzeige-Klamotten mit den immer wieder gleichen Motiven und Mustern die dadurch leider aber auch sehr langweilig aussehen. Es mag ja toll sein einen Pullover selbst zu nähen, man ist dann sicher ganz stolz auf sich aber ich kann das einfach nicht. Ich saß noch nie an einer Nähmaschine und habe es auch in Zukunft nicht vor. Ich bin dann eher die Sorte Mutter, die sich von coolen kleinen Kleidungsstücken angezogen fühlt und sie in Hülle und Fülle kauft. Ich habe schnell einen Lieblingsshop für mich gefunden und kaufe dort regelmäßig ein. Ein schlechtes Gewissen habe ich dabei nicht, denn es sieht einfach zu süß aus und ich kann den Mini immer sofort aus einer Horde Kindern auf dem Spielplatz raus fischen. Er sticht förmlich heraus mit seinen Jeans und seinem Parka aus den ganzen bunten Kids die von Kopf bis Fuß im selben Muster gekleidet sind. Ich kann ihn also schon mal nicht verlieren. Ist doch auch sehr fürsorglich oder?

Inzwischen ist der Mini fast zweieinhalb Jahre alt und kam mit seinem zarten Alter schon oft in die Situation, in der plötzlich eine Pizza auf dem Tisch stand. Natürlich eine gesunde Pizza, mit ganz viel Spinat und so. Ein bisschen Mühe gebe ich mir ja dann doch! Wir machen mittlerweile nicht mehr so viel Theater um den ganzen Vorzeige-Super-Mutti-Hype. Wir leben einfach! Und das sehr glücklich und entspannt. Ich mache mir absolut keine Gedanken mehr um andere Eltern und deren Gedanken. Glaubt mir, es erspart einem sehr viel Stress, wenn man sich selbst einfach nicht so unter Druck setzt. Das Kind merkt das natürlich auch und profitiert eigentlich nur davon. 

Wenn ein langer Arbeitstag hinter mir liegt, freue ich mich auf die wenige Zeit am Abend mit dem Mini und würde diese niemals mit dem Job in der Bio-Küche eintauschen. Ich setzte dann einfach die Priorität, indem mein Kind mir in diesem Moment wichtiger ist als mein Gewissen. Wir verbringen dann einfach Zeit zusammen und lassen die Dino-Schnitzel im Ofen allein brutzeln. Natürlich besuchen wir auch gemeinsam als Familie hin und wieder ein Restaurant. Mittlerweile klappt das ganz gut, denn ich habe einen neuen Trick gefunden. Wird der Mini unruhig und quengelig, darf er ein wirklich kindgerechtes Vorschulspiel auf meinem Handy spielen…. Oh man, ich komme in die Hölle, ganz sicher! Was soll’s, wir drei sind dadurch entspannt und können gemeinsam das Essen genießen. Der Mini bleibt dann entweder ganz interessiert am Tisch sitzen oder er spielt in einer Spielecke. Er jammert und weint aber sicher nicht am Tisch und zwingt die Eltern auch nicht dazu das Essen runter zu schlingen, damit sie dann im Anschluss in einer nervigen Diskussion die gemeinsame Erziehung in Frage stellen.

Bei uns gibt es auch kein Familienbett. Wir nehmen dann doch lieber die hochmodernen separaten Betten und schlafen getrennt von unserem Kind. Ja, sowas gibt es tatsächlich im Jahre 2015. Ein eigenes kleines Kinderbett für den Nachwuchs. Was für eine Sensation! Da durch die böse Lefax-Flasche das Stillen bei uns dann doch ganz gut geklappt hatte, war der Mini eigentlich immer bestrebt sich auch richtig schön satt zu trinken und schlief dadurch mit Ende des dritten Lebensmonats ganze sechs Stunden in der Nacht durch. Als wir sein Bettchen mit dem sechsten Lebensmonat in sein eigenes Zimmer verbannten, wurden daraus schnell 8 Stunden. Er war wohl genauso genervt vom Schnarchen des Papas wie ich. Seit dem hat der Mini vielleicht ganze acht mal bei uns mit im Bett geschlafen. Er bevorzugt es einfach allein zu schlafen. Er hat seine Ruhe im eigenen Bett, geht jeden Abend ohne Theater in jenes und ist am Morgen ausgeschlafen und fröhlich. Warum sollte ich daran etwas ändern? Der Mini ist dadurch zufrieden und wir als Eltern auch. Auch diese Sache erspart einem Streit und Diskussionen, zumindest bei uns!

Es ist nicht immer alles schlecht was die schöne neue Welt uns bietet und sie bietet es uns bestimmt nicht, damit wir an einem schlechtem Gewissen zugrunde gehen. Viele Dinge schaffen Abhilfe und ersparen einem viel Familienterror. Die Harmonie ist wichtig, sehr wichtig. Ein Kind wird sich sicher nicht an den schock-gefrosteten Pastinakenbrei erinnern, aber es erinnert sich an die gemeinsame Zeit mit den Eltern. Jede Familie findet für sich den richtigen Weg und die richtige Familienbalance und das ist auch sehr wichtig. Jeder hat andere Vorstellungen von einem glücklichen Familienleben. Ich definiere unseres nicht über eine nach außen perfekt wirkende glitzernde Familienidylle. Ich definiere es über unser Befinden und wie wir es uns am einfachsten und angenehmsten für alle gestalten können. Ich habe einfach aufgehört mich selbst unter Druck zu setzten und habe seit etwa zwei Jahren auch keine Pastinake mehr gekauft. Ich muss das auch nicht um glücklich zu sein…