Warum ich im Wochenbett ein Buch über Messies las.

Der ansonsten beste Ehemann von allen hat ja ein Händchen für den richtigen Zeitpunkt. Außerdem macht er am liebsten alles selber, jedenfalls wenn er sich nicht dabei bewegen muss.

Der Mann, der unser Carport abgerissen hat, und ich – wir sind jetzt richtig gute Freunde.

Flummi mit Duracell-Antrieb aber ohne Stopp-Taste.

Auf unserer ersten, langen gemeinsamen Autofahrt beispielsweise legte der damals noch-nicht-so-lange Freund den richtigen Zeitpunkt für die erste Pipi-Pause fest. Das war ungefähr 30 Sekunden, nachdem ich angekündigt hatte, in sein Auto zu pinkeln.

Nach meiner Ankunft in Pittsburgh und 24 Stunden ohne Schlaf, machte er mich mit Mountain Dew bekannt, einer grünlichen Flüssigkeit, die die Koffeinmenge eines Kastens Cola enthält. Nach 36 Stunden ohne Schlaf fühlte ich mich wie ein Flummi mit Duracell-Antrieb ohne Stopp-Taste. Es war furchtbar.

Ein guter Zeitpunkt für den Tuppermann war ja der Tag vor unserer Hochzeit.

Unvergessen auch unsere seine erste Tupperparty. Der Mann wünschte sich zwei große Salatschüsseln und beugte sich ihnen zuliebe der Firmenphilosophie: Kein Kauf ohne Party!

Wir luden also in aller Eile einige arbeitslose Freunde, Studenten und eine Witwe ein. Wir dachten, das würde sie ein wenig ablenken.

Niemand kaufte etwas. Außer der besten Ehemann von allen.

Es kostete mich mehr als eine Stunde, die Tupperparty-Frau davon zu überzeugen, dass es wirklich nicht an ihr lag, dass einer der Gäste mittendrin zu weinen anfing und niemand etwas kaufte. Außer zwei Salatschüsseln.

Ein Händchen für den richtigen Zeitpunkt

bewies der Ehemann schließlich, als er den Tuppermann, der die zwei Salatschüsseln abliefern und das Geld einkassieren sollte, zu der Kirche bestellte, in der wir ich gerade 100 Sonnenblumen verteilte – für die Hochzeit am nächsten Morgen. Unsere Hochzeit.

Der Tuppermann hatte an unserer Haustür geklingelt und schließlich den Beinahe-Ehemann angerufen.

Es dauert vierundzwanzigeinhalb Stunden, bis der Tuppermann die Kirche fand. Zu diesem Zeitpunkt lag ich zusammengesunken vor der Kirchentür und ließ mir die Sache mit der Hochzeit noch einmal durch den Kopf gehen mich von der liebsten Freundin seelisch wieder aufrichten.

Und dann nach Hause?

Weit gefehlt!

Die Salatschüsseln waren bezahlt und sicher verstaut, da machte sich der Fast-Ehemann auf den Weg zum …

Nicht zum Auto?

“Ich gucke noch schnell bei meiner Mutter im Hotel vorbei.”

Ich brach vor der Autotür zusammen.

Ich könnte jetzt noch viel erzählen.

Von verloren gegangenen Männern in Kaufhäusern, von missglückten Treffen an der Brücke, weil der eine auf, der andere unter der Brücke wartete, und natürlich von vergessenen Handys oder wahlweise nicht aufgeladenen Akkus.

Der vorletzte zurückliegende Höhepunkt ist jetzt sechs Jahre her. Die erwartete Vorlaufzeit bis zur Geburt der Zwillinge erwies sich als zu kurz für den Ehemann. Das zum Kinderzimmer erklärte “Büro” war nicht freigeräumt.

Warum ich im Wochenbett ein Buch über Messies las.

Die Zwillinge weilten noch im Krankenhaus, da betrat ich – nach acht Jahren – das erste Mal das “Büro” des Gatten. Ich erlitt eine Art Schreikrampf und nein, das war nicht der Tag, an dem ich mit Verdacht auf Schlaganfall vom KTW abgeholt wurde.

Vernünftig wie ich bin, entlieh ich zunächst ein Buch über Messies aus der Bibliothek und kaufte dann einen elektrischen Bullentreiber, um den Mann zum Aufräumen zu zwingen zur Eile anzutreiben.

Am Ende bestellten wir einen Müllcontainer, dann war endlich Ruhe im Karton, äh, Kinderzimmer.

Was ist das erste, was nach einem Umzug im neuen Haus aufgebaut werden muss?

Richtig, der Tischkicker.

Naiv fragende Freunde – “Braucht ihr noch Hilfe beim Aufbau?” – wurden, bevor ich es verhindern konnte, in den Keller geschickt und brachten den Nachmittag damit zu, die Beine an den Tisch und die Fußballfiguren an die Stangen zu stecken, während ich versuchte, die Kleiderschränke zusammen zu schrauben.

Wir haben unsere Freunde nie wieder gesehen.

Übrigens ist jedermann willkommen, der mit uns Kickern will. Wir müssten nur noch schnell die Werkzeugkiste, die Schaumstoffmatten und die Schuhkartons vom Tisch entfernen.



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