Hast du schon einmal ein Irrlicht gesehen? Sie treten vor allem in sumpfigem Gelände auf, sind wenige Zentimeter groß und erscheinen plötzlich für wenige Sekunden. Der Wanderer denkt dann, das sei ein Signal des Försters und weicht vielleicht vom Weg ab um dann jämmerlich im Moor zu versinken. Insofern ist diese Gefahr heutzutage für uns klein. Wie die Lichter entstehen ist bis heute nicht ganz schlüssig erklärt.
In Südamerika habe ich oft im Frühjahr in dunkler Nacht die plötzlichen Schwärme von Leuchtkäfer bestaunt. In dem einsamen Andental, in dem ich einige Jahre alleine gelebt habe, waren auch diese eine unheimliche Erscheinung, aber irgendwie auch unheimlich schön. Die Indianer sagten, es seien verstorbene Seelen.
Das Irrlicht ist nur dann ein solches, wenn man es für etwas anderes hält. Für den netten Nachbarn mit einer Lampe, zum Beispiel. Und deshalb wurde dieses Phänomen auch zum Metapher für viele Botschaften, Ereignisse oder Theorien in unserem Alltag – die uns angeblich irreführen.
Was bei einem ‚falschen‘ Lämpchen funktionierte, das geht bei der Wahrheit nicht.
Denn jeder hält natürlich seine eigene politische Richtung, seine Religion, seine Ernährungsweise für das/die Richtige und alles andere sind dann Irrlichter.
Da es aber keine absolute Wahrheit gibt sondern höchstens Meinungen, Stand des Wissens (oder des Unwissens) oder persönliche Vorlieben – daher gibt es auch keine Irrlichter.
Wenn immer ich einen Zeitungsartikel über Irrlichter in Gesellschaft, Wirtschaft oder Gesundheit sehe, gehe ich mit einem kleinen Schmunzeln ran und will herausfinden, welchem großen Illusions-Scheinwerfer der Autor wohl anhängt.
Dann wähle ich doch lieber das winzige Irrlicht.
BILD:
Irrlicht / 23cm x 29cm / Gouache und Filzstift auf Baumwolle und Schnüren auf Sperrholz /
2006, Nr.06-107 / Dieses glänzende, energiegeladene Bild kostet CHF 250.-