Warum Helfen besser ist als Kümmern und Sorgen


Warum Helfen besser ist als Kümmern und Sorgen

Quelle: Helmut Mühlbacher


Ihr Lieben,

heute Abend möchte ich Euch zum Wochenende eine für uns wichtige Geschichte von Tilman Röhrig erzählen:


„Ohne Erbarmen“


„Viele Jahre schon erhob sich die Eiche gütig und zufrieden auf einer Wiese.
Im Schatten ihres Geästes wuchsen Pilze und manchmal ruhten sich auch Menschen unter ihr aus.

Eines Morgens hörte sie ein dünnes Seufzen: „Wenn mir doch nur jemand wachsen hülfe!“

Lächelnd schaute die Eiche an sich herab und entdeckte eine kleine Efeupflanze mit drei kleinen Blättchen, die alle verzweifelt durcheinander standen. 

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Die Pflanze klagte bescheiden: „Alles kann wachsen und groß werden. Ich bin zu schwach dazu. Ach, wenn ich doch nur jemanden fände, der mich stützen könnte!“


Die Eiche hatte einen ganz dicken runden Stamm.
„Wenn Du magst, dann halte Dich ein wenig an mir fest.“

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Ganz glücklich rückte die kleine Pflanze etwas näher und krallte sich in die dicke Rinde. Die Eiche aber richtete sich wieder auf, schaute ins Land und war zufrieden.
Nach einem Jahr erinnerte sie sich an das kleine Pflänzchen:
„Oh, Du bist aber groß geworden.“
„Ich bin stark und habe vergessen, dass ich klein war. Hast Du mir damals geholfen?“, fragte die Pflanze.


Die Eiche lächelte über solche Vergesslichkeit, sprach noch ein paar Worte und erhob sich für zwei weitere Jahre. Eines Morgens dachte die Eiche, sie sei krank. Ein unangenehmes Rindejucken hatte sie befallen, dazu fühlte sie sich ein wenig fiebrig.
Warum Helfen besser ist als Kümmern und Sorgen


„Bist Du das, der mich so juckt?“, fragte sie ihren Gast.
Der Efeu aber war groß und mächtig geworden. Er gab keine Antwort.


Nach einigen Jahren war er bis in die Krone gewuchert.
Die Eiche ächzte und stöhnte. Sie flehte: „Lass mir doch noch etwas Luft.
Erinnere Dich, ich habe Dich aufgezogen. Weißt Du das denn nicht mehr?“


Der Efeu aber erwürgte den Baum. Tot und Knorrig stand er in der Wiese, nur noch gehalten von den tausend Armen der Schlingpflanze. Elstern und Raben nisten nun in den Astgabeln der toten Eiche.“

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Ihr Lieben,

Anderen Menschen zu helfen, das ist ein ganz feiner Charakterzug.

Und ich mag Menschen sehr, die bereit sind, sich für andere Menschen einzusetzen.
Ohne Menschen, die nicht bereit sind, anderen Menschen ihre Liebe zu schenken, ihnen beizustehen, ist diese Welt dunkel und kalt.


Ich kenne hier in Bremen viele Menschen, die sich in aller Stille wundervoll für andere Menschen einsetzen und ich vermute, auch unter Euch sind etliche anzutreffen, denen es Freude bereitet, für andere Menschen da zu sein.


Das deutsche Wort „Helfen“ hat aber einen wundervollen Inhalt.
Helfen bedeutet, jemandem eine Hilfestellung zu geben,
ihn dabei aber nicht zu entmündigen.

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Hilfe bzw. Helfen bedeutet immer, dem anderen Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, und ihn das, was er selbst tun kann, selbst tun zu lassen.


Aber manchmal erzählen mir Menschen, dass sie sich um andere Menschen kümmern und sich um sie sorgen. Und oft wirken die Menschen, die mir das erzählen, irgendwie nicht glücklich.
„Sich kümmern und sich sorgen“ ist etwas ganz anderes als „helfen“.

Ich möchte es einmal ganz drastisch so formulieren:
Sich um jemanden kümmern und sorgen, bringt nur Kummer und Sorge, das steckt ja in den beiden Worten schon drin. Und unsere Sprache ist sehr klug.
Aber warum ist das so?


Wenn wir jemandem helfen, dann überfordern wir weder ihn noch uns.
Wenn wir uns aber um jemanden kümmern und sorgen, dann übersteigt das oft unsere Kraft. Das geschieht vor allem aus folgendem Grund:


Bei der Hilfe bzw. dem Helfen bleibt der Andere selbstständig, er kommt uns nicht zu nahe, wie der Efeu der Eiche. Wenn wir uns um jemanden kümmern und sorgen, dann besteht oft die Gefahr, dass er ohne unsere Hilfe gar nicht mehr auskommen kann und sich immer mehr an uns klammert wie der Efeu an die Eiche.


Wir dürfen unsere Kraft nicht überschätzen, sondern wir müssen auch unsere Begrenzung erkennen, damit unsere Kraft erhalten bleibt. „Seinen Nächsten lieben so wie sich selbst“ – mehr verlangt selbst die Bibel nicht von uns.


Ihr Lieben,

ich wünsche Euch ein wundervolles Wochenende, viel Freude, viel Muße, viele Glückmomente und viel Zeit für Euch selbst. Ich grüße Euch herzlich aus Bremen

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Euer fröhlicher Werner

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