Warum Heimzahlen niemals zu etwas Gutem führt!

Von Wernerbremen

Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Heinrich Hannover erzählen:

„Herr Böse und Herr Streit“

Es war einmal ein großer Apfelbaum.
Der stand genau an der Grenze zwischen zwei Gärten.

Und der eine Garten gehörte Herrn Böse, und der andere gehörte Herrn Streit.

Als im Oktober die Äpfel reif wurden, holte Herr Böse mitten in der Nacht seine Leiter aus dem Keller und stieg heimlich und leise auf den Baum und pflückte alle Äpfel ab.

Als Herr Streit am nächsten Tag ernten wollte, war kein einziger Apfel mehr auf dem Baum. "Warte!" sagte Herr Streit, "Dir werd' ich's heimzahlen." Und im nächsten Jahr pflückte Herr Streit die Äpfel schon im September ab, obwohl sie noch gar nicht reif waren. 

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"Warte!" sagte Herr Böse, "Dir werd' ich's heimzahlen." Und im nächsten Jahr pflückte Herr Böse die Äpfel schon im August, obwohl sie noch ganz grün und hart waren.
"Warte!" sagte Herr Streit, "Dir werd' ich's heimzahlen." Und im nächsten Jahr pflückte Herr Streit die Äpfel schon im Juli, obwohl sie noch ganz grün und hart und sooo klein waren.

"Warte!" sagte Herr Böse, "Dir werd' ich's heimzahlen." Und im nächsten Jahr pflückte Herr Böse die Äpfel schon im Juni, obwohl sie noch klein wie Rosinen waren.

"Warte!" sagte Herr Streit, "Dir werd' ich's heimzahlen." Und im nächsten Jahr schlug Herr Streit alle Blüten ab, sodass der Baum überhaupt keine Früchte mehr trug.

"Warte!" sagte Herr Böse, „Dir werd' ich's heimzahlen." Und im nächsten Jahr im April schlug Herr Böse den Baum mit der Axt um. "So", sagte Herr Böse, "jetzt hat Herr Streit seine Strafe."

Von da ab trafen sie sich häufiger im Laden beim Äpfelkaufen.“


Ihr Lieben,

wenn wir diese Geschichte aufmerksam lesen, so bemerken wir, dass ein Satz immer wieder auftaucht: „Dir werd' ich's heimzahlen.

Der Wunsch des Menschen, jemandem etwas heimzuzahlen, taucht immer dann auf, wenn ein Mensch Böses erfahren hat, wenn ihm böse mitgespielt wurde, wenn er das Opfer böser Täter oder böser Machenschaften wurde.
Dieser Wunsch, etwas heimzuzahlen, ist sehr stark und ähnelt seiner Schwester,
der Rache.

Warum aber führt das Heimzahlen, wie unsere Geschichte zeigt,
niemals zu einem guten Ende?

Das Heimzahlen führt deshalb niemals zu einem guten Ende, weil es Böse mit Bösem vergilt, weil es eine böse Tat mit einer bösen Tat rächen möchte.

Wie Ihr ja wisst, bin ich als Kind und Jugendlicher ein Eselskind gewesen.
So meinte in meiner Schule über Jahre fast jeder, sich ungestraft an mir vergreifen, mich demütigen, mich quälen, foltern, schlagen und missbrauchen zu dürfen.

Ich hätte nicht nur einen, sondern Hunderte von Gründen gehabt, es denjenigen, die sich an mir vergangen hatten, heimzuzahlen.

Aber das Heimzahlen bringt eine böse Tat niemals zu einem guten Ende.
Es führt eher zu einer Eskalation der Gewalt. Es führt immer in einen Teufelskreis.
Vor allem aber heilt es niemals die inneren Wunden des Opfers und macht eine Versöhnung zwischen Täter und Opfer unmöglich.
Es gibt nur einen Weg, um eine böse Tat zu einem guten Ende zu bringen:
Eine böse Tat kann man nur mit einer guten Tat zu einem guten Ende bringen.
Nur wenn wir aus dem Teufelskreis ausbrechen, nur wenn wir bereit sind, uns mit dem Täter zu versöhnen oder, wenn das unmöglich ist, ihm zu verzeihen, dann kommen wir innerlich zur Ruhe, nur dann erwächst aus der bösen Tat die gute Pflanze der inneren Ruhe, die alle alten Wunden heilt.
Ich wünsche Euch einen ruhigen gelassenen Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner