Eine Frage die man mir ziemlich oft stellt. Meist mit einem relativ verständnislosen Blick.
Viele Fragen und noch mehr Antworten die bereits dazu geliefert werden.
Welche Faszination bereitet es jemanden, seinen Körper so zu quälen?
Das kann doch nicht gesund sein?
Du wirst bald merken wie deine Gelenke den Geist aufgeben!! Du machst Dich kaputt!
Aber so richtiges Laufen ist das doch nicht. Eher Gehen und Wandern, oder?
Wandern gehe ich übrigens auch öfters!
(Die Antwort kam übrigens zwischen zwei tiefen Zügen aus seiner Marlboro )
Selbst erfolgreiche Läufer die richtig schnelle Marathon- und Halbmarathonzeiten absolviert haben, können sich selten mit den Strecken jenseits des Marathons anfreunden.
Also stellt sich die Frage, warum tut es sich jemand freiwillig an über 10,5 Stunden durch den Thüringer Wald zu laufen?
Fangen wir einfach mal da an wo sich das alles entwickelt hat. Im Oktober 2007. Auf den gut 3 Kilometern im Groß-Zimmner Wald zwischen Ohnmacht und Herzinfarkt. Meinem ersten Lauf, oder wie auch immer man dieses Drama nennen soll.
Ich merkte relativ schnell, dass das Laufen für mich eine Wohltat war. Die Pfunde purzelten und die Strecken wurden immer länger.
Ich genoss die Einsamkeit bei den längeren Läufen in freier Natur. Bei Wind und Wetter alleine mit meinen Gedanken.
Kurzurlaub in einem stressigen Alltag!
Nach gut einem Jahr beschloss ich einmal zu testen wie ich mich im Vergleich mit anderen so schlagen würde. Mein erster Halbmarathon in Darmstadt Ende 2008.
Völlig unerfahren und zögerlich stand ich beim Start hinter dem Feld.
Als ich am Ende meiner Kräfte und völlig fertig nach gut 2:18h ins Ziel ein trudelte war mit klar,
NIE MEHR WERDE ICH MICH SO QUÄLEN!
Unvorstellbar auch nur einen Meter weiter zu laufen und gleichzeitig fasziniert von den vielen Läufern, die beim gleichzeitig stattfindenden Marathon nur unwesentlich später als ich über die Ziellinie kamen.
Eine andere Welt!
Eine Welt in die ich nie eintauchen werde!
Trotzdem gab ich meinen Chip nicht zurück und behielt ihn. Im Notfall als Andenken!
Nachdem ich zwei Tage später wieder in der Lage war ein paar Schritte schmerzfrei zu gehen, machte ich mir Gedanken wie es weiter gehen sollte.
Auf Grund meines Asthmas und den körperlichen Voraussetzungen musste ich mich wohl damit abfinden, dass ich stets am Ende jeder Veranstaltung mitlaufen würde. Schnell geht halt nicht.
Und wenn man dies mal akzeptiert hat, tut´s gar nicht mal so weh zu den “Radiergummis” zu gehören!
Also was tut man”n” wenn er nicht schnell Laufen kann??
Richtig! Er versucht einfach länger zu laufen.
Er sucht sich neue Ziele, bei denen es nicht so wichtig ist wie schnell man läuft!
Als erstes kam 2009 mein unvergesslicher Marathon mit Yogi in Frankfurt. Ein Erlebnis das ich wohl nie vergessen werde und das mich Jahr für Jahr wieder zurückbringt an den Zieleinlauf in der Frankfurter Festhalle.
Jedes Jahr Gänsehautfeeling beim Zieleinlauf! Emotionen pur!
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Während des Marathons erzählte mir Yogi seine Geschichte. Geschichten von Ultramarathons und Tripl-Ironman!
Ich konnte zwar aus Sauerstoffmangel nicht mitreden, aber fasziniert zuhören. Den Geschichten lauschen wozu man eigentlich fähig ist ohne das man dies eigentlich weiß. Geschichten von Sportlern, die teilweise 30 oder 40 Stunden unterwegs sind.
Geschichten von einer “Subkultur” die eine ganz besondere Aura und Freundlichkeit besitzt.
Laufen miteinander, nicht gegeneinander!
Im Januar 2009 schaute ich mir diesen “Haufen von Verrückten” das erste mal an. Ich fuhr nach Rodgau um mir den Saisonauftakt der Ultrafamilie anzuschauen!
Und ich war vom ersten Augenblick fasziniert!
Kein Stress vor dem Start. Kein Drängeln und Hufescharren! Eine total entspannte Athmosphäre.
Überall Begrüssungen und Lachen.
Und nicht nur vorher. Auch während des Laufes sah ich fast nur fröhliche, entspannte Gesichter!
Genau hier wusste ich, dass will ich auch.
Laufen! Spaß haben! Und viele nette Gleichgesinnte treffen!
Im Januar 2010 war es dann so weit. Ich lief in Rodgau meinen ersten Ultra. 50 Kilometer am Stück. Und wieder hatte ich das große Glück von Yogi begleitet zu werden!
Ohne Stress. Ohne Hektik. Einfach toll.
RLT-Ultramarathon Rodgau 2011Jan 29, 2011Photos: 115
Aber wesentlich intensiver waren die Eindrücke auf der Strecke. Die Herzlichkeit untereinander und die Gemeinsamkeit.
Man kannte sich.
Erzählte sich Neuigkeiten und berichtete von neuentdecken Ultra-Läufen abseits der großen Öffentlichkeit.
Kein Fachsimpeln über Zeiten und Platzierungen. Es schien keinen zu interessieren.
Wichtig waren die Naturerlebnisse und das Drumherum.
Ein großer Haufen positiv Verrückter in dem ich mich von Anfang an wohl fühlte.
Und so kam es wie es kommen musste.
Meine Einstellung zum Laufen hat sich verändert. Ich bin zwar weiterhin von tollen Zeiten und Wettkämpfen fasziniert. Aber nicht für mich.
Jedem das seine. Für mich ist die langsame, lange Art des Laufens die am besten passende.
Ich wurde infiziert! Infiziert von einem Virus, der für Außenstehende schwer nachvollziehbar ist.
Man muss schon ein wenig Verrückt sein um das Außergewöhnliche zu lieben!
Ich habe das große Glück das ich dies bin.
Genau dass ist der Grund, weshalb ich mit gleichgesinnten 10,5 Stunden durch den Thüringer Wald laufe und einen Riesenspaß habe. Es ist stets ein Erlebnis mit Freunden etwas Verrücktes zu tun.
Und ich hoffe dass ich dies noch lange tun kann!
Zieleinlauf - Passt!
Ich liebe es ein wenig Verrückt sein zu dürfen!
Und ich freue mich schon wieder auf meinen nächsten, langen Lauf!