Der Wecker klingelt, ich öffne langsam meine Augen. Die Zeit des Aufspringens beim ersten Klingeln ist vorbei - außer ich habe Lust mich danach wieder auf das Bett sacken zu lassen, die Hände an die Schläfen zu legen, die Augen zu schließen und zu warten bis der Schwindel endlich wieder aufhört. Die Müdigkeit lässt nicht nach - zu wenig Schlaf, die drei Toilettengänge in mancher Nacht machen sich spürbar. Tiefschlafphasen? Ob ich die überhaupt noch habe? Langsam schäle ich mich aus meinem Bett und stehe auf. Ein Ziehen geht durch meinen Hintern bis zum Oberschenkel hinunter. „Guten Morgen lieber Ischias, auch wieder wach?", begrüße ich den Nerv, den ich bis zur Schwangerschaft nicht ein einziges Mal gespürt hatte. In den letzten 3 bis 4 Wochen sorgt er jedoch dafür, dass ich nie vergesse, dass es ihn gibt.
Ich nehme einen Schluck Wasser, zu viel Kohlensäure, Übelkeit, ich versuche sie weg zu atmen und überlege ob ich vor dem Zähneputzen nicht doch etwas essen sollte. Ja, ich als notorische Spätfrühstückerin. Entscheide ich mich dagegen, kann es passieren, dass die Übelkeit noch ein wenig länger zu Besuch bleibt. Ist auch so schön kuschelig bei mir...
Ein Blick in den Spiegel. Früher kaum Probleme mit Pickeln gehabt, muss ich mich jetzt tatsächlich mit Dingen wie dem richtigen Make-Up-Ton zu meiner Haut beschäftigen. Ich, die immer nur Wimperntusche getragen hat, vielleicht mal ein bisschen Lidschatten und Lippenstift. Aber ich will ja meine Umwelt nicht erschrecken, also kleistere ich meine Pickel weg und hoffe, dass ich nicht zu vollgeschminkt aussehe - wie soll ich das auch einschätzen können, so als prinzipielle Make-Up-Verächterin (ich mag es wenn meine Haut atmen kann). Ich beschließe abends eine Gesichtsmaske zu machen, vielleicht hilft das ja. Danke kleine Bauchbewohnerin, danke liebe Hormone...
Sollte ich nochmal? Ein letzter Toilettengang vor dem Verlassen der Wohnung um dem 57 minütigen Arbeitsweg mit der einzigen Option die Toilette einer Regionalbahn verwenden zu können ist unumgänglich. Dann endlich an die frische Luft. Sauerstoff, im Zug ein wenig Lesen, entspannen und merken: Der gute Ischias mag es nicht wie ich gerade sitze. Der Po wird hin und hergeschoben, bis die Sitzposition ein wenig angenehmer ist und ich trinke genüsslich meinen Milchkaffee. Ja, die eine Tasse an Arbeitstagen lasse ich mir nicht nehmen.
Auf der Arbeit frage ich mich dann: Wie soll ich die 8 Stunden Bürostuhl ertragen? Der Rücken meldet sich, den Ischias kann man ja nicht vergessen und alle zwei Stunden ein Toilettengang müssen nun mal sein, anders geht es gar nicht. Dann die große Frage: Was esse ich zu Mittag? Im Geist gehe ich mein Frühstück durch, frage mich ob ich genug Obst gegessen habe und schaue auf gängigen Seiten der umliegenden Metzger und kleinen Lebensmittelläden, was denn so im Angebot ist (leider haben wir keine Kantine). Dort ist Mozzarella drin, muss ich wieder fragen ob der denn auch pasteurisiert ist, hier auf dem Sandwich Salami, geht gar nicht, roher Lachs - nope, Thunfisch - haha.
Der Kopf meldet sich mal wieder. Zu wenig getrunken. Ich weiß ich weiß, kleine Bauchbewohnerin, wir müssen auf uns Acht geben und uns besser versorgen. Also Kräutertee kochen, eine Orange schälen, abends wird dann noch Fisch gegessen. Nicht zu vergessen die guten Folsäure-Tabletten, denn wie haben das die Frauen nur die ganzen Jahre früher geschafft ohne zusätzliche Tabletten gesunde Kinder auf die Welt zu bringen?!
Nach der Arbeit, auf dem Heimweg fallen mir dann bereits die Augen zu. Seit die kleine Bauchbewohnerin da ist erinnert sie mich auch ständig daran, dass wir jetzt zu zweit sind und mein Körper mein Tempel sein sollte, ich diverse Gänge zurückschalten sollte, mir mehr Zeit für mich und beispielsweise meinen Schlaf nehmen sollte und ja nicht, ja nicht mehr als 3 Stunden am Stück nichts essen sollte... Kann das bitte jemand noch meinem Arbeitgeber mitteilen, dass ich jetzt mehr Zeit für mich brauche, aber auch mein volles Gehalt?
Wenn ich dann abends nach dem obligatorischen Einölen von Bauch, Brüsten und Po (man will ja nach der Schwangerschaft nicht ganz so bescheiden aussehen) ins Bettchen falle, dann streiche ich über meinen Bauch und lächele vor mich hin. So anstrengend manche Aspekte am Schwanger sein auch sind, so wunderschön ist doch die Vorstellung irgendwann im Juli mein kleines Baby im Arm zu halten.
Es ist auch ok mal zu sagen „ES NERVT!", das haben wir uns verdient liebe Mitschwangere ;). Was nervt euch denn am meisten an eurer Schwangerschaft? Und gibt es vielleicht auch Dinge mit denen ihr so nie gerechnet hättet und die euch negativ oder auch positiv überrascht haben?