Bei Thich Nhat Hanh klingt das Meiste immerhin noch vernünftig. Trotzdem lässt sich schon daran, dass in ihren Gemeinschaften keine anderen ähnlich "begabten" Leader bekannt wurden, erkennen, dass diese a) dort nicht geduldet, b) lieber ihr eigenes Ding unter eigener Kontrolle aufmachen würden. Das ist anders als im traditionellen Zen, wo der Schüler noch seinen Meister übertreffen sollte - und dies oft genug geschah. Den Sekten geht es zuallererst darum, Ansehen und Bekanntheitsgrad ihres Gurus zu steigern. Dem Guru geht es zuallererst darum, dass die Beistzverhältnisse (wie auch immer verschleiert in seiner Gemeinschaft) und seine eigene Kontrollmacht anwachsen. Die Tatsache, dass sowohl ein Mönch als auch Vertreter der DBU sich vor allem mit mutmaßlich "rassistischen Äußerungen" Ole Nydahls auseinandersetzen, spiegelt genau das eingangs genannte Problem eines deutschen Diskursreflexes wider, wie er in diesem Fall eine tiefere Auseinandersetzung mit der Lehre der Sekte vermeidet - weil dann nämlich zu befürchten stände, dass man auch mit all den Lehren strenger ins Gericht gehen müsste, die sich nicht hinter einem aus- und auffälligen Guru verstecken können. Würde man dies tun, bliebe nicht mehr viel Zukunftsträchtiges und Brauchbares im deutschen Buddhismus übrig. Man könnte es vielleicht in einem Text von etwa hundert Seiten zusammenfassen - oder indem man schweigend meditiert. Religion und Sekten brauchen stets mehr als nur dies, einen komplexen materiellen Überbau mit einer gehörigen Portion Heuchelei.
* Zitat aus Prostitution unter den Völkern der alten und neuen Welt (1874). Copyright Fotos: Keller