Warum die Libertären nichts vom Geldwesen verstehen


Unstreitig dürfte sein, dass die Volkswirtschaften zahlreicher Länder mit (unterschiedlichen) Finanzproblemen konfrontiert sind.
Viele Menschen, die sich Gedanken über diese Probleme machen, reagieren darauf mit der Forderung, "das Geldwesen" müsse geändert werden.
Für mich ist das von vornherein der falsche Ansatz. Die Konzentration von immer mehr Geld bei immer weniger Personen und Unternehmen hat nichts mit irgendeinem Geldwesen zu tun, sondern mit unserem Eigentumssystem. DORT müsste man ansetzen, etwa über eine verschärfte Bekämpfung der Steuerhinterziehung und über eine stärkere Besteuerung der Besitzenden: Etwa durch eine höhere Erbschaftssteuer bei großen Vermögen - wie sie übrigens bereits John Maynard Keynes in seiner "General Theory ...", Kapl. 24, gefordert hatte), bzw. die Abschaffung von Ausnahmen und sogenannten "Gestaltungsmöglichkeiten".
Das aber nur am Rande; im vorliegenden Blott geht es mir nicht um eine Erörterung der mutmaßlichen tieferen Ursachen der weltweiten Finanzkrise(n) und auch nicht um eine Darstellung der verschiedenen Geldreformpläne (Freigeld, Vollgeld usw.).
Hier möchte ich vielmehr (sehr kurz) zwei Positionen untersuchen, die von den Libertären vertreten werden (und auf der volkswirtschaftlichen Schule der sog. "Austrians" aufbauen).
Es tut dabei nichts zur Sache, dass es sich um zwei einander ausschießende Geldsystemvorschläge handelt; solange nicht ein und dieselbe Person für beide Systeme gleichzeitig eintritt, besteht keine Widersprüchlichkeit, und einen Grund, warum alle Libertären sich auf einen der beiden Vorschläge einigen müssten, sehe ich auch nicht.
Zum einen wird die Forderung nach der (Wieder-)Einführung von Edelmetallgeld (insbesondere Gold-Geld) erhoben.

Dazu ist zunächst anzumerken, dass es in der ganzen Geldgeschichte wohl kaum jemals eine wirklich reine Goldwährung (oder Edelmetallwährung, also z. B. auch den sog. Bimetallismus mit Gold- und Silbergeld) gegeben hat; zumindest nicht in höher entwickelten Kulturen. Schon im Mittelalter gab es Banken; damit auch Kreditvergabe und somit Buchgeld - das nicht, oder allenfalls teilweise, durch Gold oder Silber gedeckt war.
Als Vorteil ihres Systems sehen die "Metallisten" an, dass Gold nicht beliebig vermehrbar ist.
Das trifft natürlich zu. Andererseits ist aber genau das auch der entscheidende Nachteil, jedenfalls in unserer Zeit, der gegen eine solche Währung spricht.
Die weltweite Produktion von Gütern und Dienstleistungen ist seit den Zeiten der Gold(standard)währungen geradezu explodiert. Die Goldproduktion hat sich, wenn überhaupt, jedenfalls nicht im gleichen Maße vermehrt. Eine Goldwährung wäre eine Warenwährung. Waren sind, jedenfalls in einem freien Markt, je knapper desto teurer.
Wenn also die Staaten den Wirtschaftssubjekten Gold (und ggf. auch Silber) als (einziges) offizielles Geld vorschreiben würden, müssten die Bürger um jeden Preis an Gold kommen, um überhaupt Handel betreiben und Zahlungen leisten zu können.
Sie müssten also eine unvergleichlich größere Menge ihrer eigenen Produktion (bzw. Arbeitskraft) an die Goldbesitzer und an die Besitzer der Goldbergwerke abdrücken.

Ein Standardkritik der Libertären ist die Behauptung, dass der Staat durch Regulierungen die Marktkräfte verzerrt (die nach libertärer Auffassung ganz von selbst alles zum Besten für die Meisten richten würden), und dass er dadurch den Reichen Gewinnmöglichkeiten zuschanzt.
Gerade das aber wäre in potenziertem Ausmaß mit der Einführung einer Goldwährung der Fall: Goldbesitzer und Goldproduzenten hätten ein Monopol auf die Herstellung von Geld (oder zumindest auf die Lieferung des unverzichtbaren Grundstoffs dazu) und würden gigantische Gewinne abschöpfen. (Der Goldpreis würde weit über das heutige Niveau steigen, weil dann jeder für alle Zahlungen Gold benötigen würde.)


Logik geht anders; aber so weit denken wohl die meisten von denen nicht, die eine Edelmetallwährung fordern.
Freilich werden nicht wenige von den Goldwährungs-Propagandisten sich selber einen kleinen Goldvorrat gekauft haben und hoffen, dass sie selber die Nutznießer jener staatlicher Manipulationen werden, welche sie doch angeblich so verabscheuen.
Aber so sind die Menschen halt .....
Dann gibt es noch jene, die eine Privatisierung der Geldversorgung fordern. Das angebliche Geldmonopol der Zentralbanken würde zu Inflation führen. Dagegen soll die Konkurrenz privater Geldemittenten bewirken, dass sich das beste Geld durchsetzt.
Wer so argumentiert demonstriert damit allerdings eine erschreckende Ahnungslosigkeit über die Funktionsweise unserer derzeitigen Geldversorgung. Und verwechselt Währung und Zentralbankgeld mit Geld überhaupt.
Der allergrößte Teil unserer derzeitigen Geldversorgung ist nämlich längst in privater Hand. "Geld" ist eben nicht nur (wie in der Vorstellungswelt dieser Privatgeldfreaks) das, was der Staat an Münzen prägt, oder die Zentralbank an Banknoten oder elektronischen Buchungen ausgibt. Zwar kommt diesem Teil der Geldmenge eine größere Bedeutung zu, als der rein prozentuale Anteil zum Ausdruck bringt (weswegen es im angelsächsischen Raum auch zutreffend als "high powered money" bezeichnet wird).
Aber die Masse des Geldes, mit dem wir durch Überweisungen bezahlen, ist Geld, das von den GESCHÄFTSbanken, also von Privaten, geschöpft wird. Das geschieht im Kreditwege; aber insoweit unterscheidet sich das Bankengeld nicht vom Zentralbankgeld, das ebenfalls durch Kreditvergabe der Zentralbanken in die Welt gesetzt wird. [Theoretisch kann der Staat das Geld natürlich auch einfach drucken und ausgeben; ein solches "Willkürgeld" wollen die Anhänger der "Modern Monetary Theory" der Welt (bzw. den USA; außerhalb ist diese pseudowissenschaftliche Geldsekte wohl weniger präsent) gerne aufdrücken.]
Diejenigen also, die nach einer Privatisierung der Geldschöpfung rufen, fordern etwas, was in der Realität längst die Normalform der Gelschöpfung ist.
Was die in Wahrheit meinen, ist natürlich das Zentralbankgeld. Aber zum einen macht das, wie gesagt, nur einen Bruchteil der Geldmenge überhaupt aus.
Und so lange es im Kreditwege geschaffen wird (und gegen angemessene Sicherheiten und gegen angemessene Zinsen), ist auch keine Inflation zu befürchten.
Richtig ist, dass aktuell jene Knappheitsmechanismen, welche den Geldwert von sog. "Fiatgeld" (Papiergeld usw.) garantieren, von den Zentralbanken mehr und mehr außer Kraft gesetzt werden.
Aber das machen die (obwohl ich auch selber oft heftig auf "Don" Draghi und seine EZB-Gang schimpfe) nicht aus Jux und Dollerei. Meine Vermutung ist, dass die Besitzenden der Realwirtschaft allzu viel Geld entziehen. Das muss zu Verwerfungen führen; aber die Ersetzung des sozusagen privat abgezwackten Geldes durch eine zunehmend üppige Kreditversorgung ebenso.
Wie wir in der Immobilienkrise der USA und den verschiedenen Krisen in Ländern der Eurozone bereits gesehen haben.
Nur lässt sich diese Problematik der sog. Überakkumulation (oder, spiegelbildlich gesprochen, des Unterkonsums - "Unterkonsumtionstheorie") nicht mit einer Änderung des Geldsystems lösen.
Weil in JEDEM Geldsystem der Teufel bekanntlich immer auf den größten Haufen .....
Und was das in einer Volkswirtschaft bewirkt kann jeder nachvollziehen, der mal Monopoly gespielt hat: Irgendwann heißt es "game over".
ceterum censeoZerschlagt den €-Gulagund den offensichtlich rechtswidrigen Schlundfunk der GEZ-Gebühren-Gier-Ganoven! Textstand vom 22.06.2014. Für Paperblog-Leser: Die Original-Artikel in meinem Blog werden im Laufe der Zeit teilweise aktualisiert bzw. geändert.

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