Posted by Marlene on Juli 15, 2018 · Schreibe einen Kommentar
Ich gebe es zu, ich bin eine Landratte, die die meiste Zeit ganz weit weg vom Meer und den großen Ozeanen lebt. Da kann man die Gedanken und die Artikel über die Verschmutzung, Überfischung und Erwärmung der Meere eigentlich ganz einfach verdrängen, frei nach dem Sprichwort „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Auch wenn ich mich bemühe, das nicht zu tun und beispielsweise versuche, meinen Plastikkonsum und Mikroplastik-„ausstoß“ zu verringern und nur noch MSC-zertifizierten Fisch zu essen, hat mich doch neulich ein Satz in einem Interview sehr beeindruckt. Darin sagte die US-amerikanische Meeresforscherin Sylvia Earle, dass das Schicksal der Meere eins sei mit dem Schicksal der Menschheit. Sie führt das so aus:
„Wir bringen gerade den Ozean in große Gefahr: Die Hälfte der Korallenriffe sind bereits abgestorben, neunzig Prozent der großen Fische sind verschwunden, das Meer versauert und wird wärmer, wir kippen tonnenweise Plastik hinein und Chemikalien. Mehr als die Hälfte des Sauerstoffs, den wir atmen, wird im Ozean produziert. Wenn wir den Organismen, die das bewerkstelligen, die Lebensgrundlage entziehen, gefährden wir nicht zuletzt uns selbst.“
Meeresschicksal = Menschheitsschicksal
Die Frau, die die oben zitierten Worte sagte, ist inzwischen 82 Jahre alt, erforscht die Ozeane seit sechs Jahrzehnten und hat nebenher noch ihre eigene Meeresschutzorganisation (Mission Blue) gegründet. Und obwohl sie uns auf solch existentielle Zusammenhänge hinweist, betont sie, dass sie optimistisch bleiben möchte. Sie sagt, es werde immer schwieriger, die Meere nachhaltig zu schützen, aber es sei gerade noch Zeit, um unser Verhalten zu ändern. Und sie vertraut dabei auf jeden einzelnen: „Wenn die Leute wollen, dass etwas passiert, dann passiert es. Jeder kann Entscheidungen treffen, die die Welt zu einem besseren Ort machen.“
Wer noch mehr von Sylvia Earles Geschichte und Arbeit hören möchte, kann sich diese beeindruckende Rede von ihr auf YouTube anschauen.
Dabei habe ich nicht zuletzt gelernt, dass man über Google Maps – dank Sylvia Earle – teilweise auch unter die Wasseroberfläche der Meere schauen kann. Man kann einfach von zu Hause aus mal eben das Mantis Reef vor der australischen Küste anschauen und sehen, was unsere Enkel vielleicht nur noch aus Geschichtsbüchern – oder historischen Google Maps Aufnahmen – kennen werden:
Denn wie oft will man am liebsten die Augen verschließen vor alledem, was auf der Welt schief läuft und sich mit den Worten „Darauf habe ich sowieso keinen Einfluss!“ verdrücken? Irgendeinen Einfluss auf das Meer hat nämlich fast jeder von uns: Vielleicht tragen wir Kleidung mit Polyester-Anteil, deren mikroskopisch kleine Plastikteile durch Waschmaschinen und Kläranlagen hinaus auf See gelangen. Vielleicht fahren wir mit Fahrzeugen, deren Reifenabrieb einen sehr großen Anteil an der Mikroplastik-Verschmutzung haben. Vielleicht essen wir Meerestiere, deren Bestände immer weiter schrumpfen, weil die Politik die Fangquoten vor allem mit Rücksicht auf die Fischerei-Industrie festlegt. Und vielleicht produzieren wir jede Menge CO2, das die Meere zunehmend versauern lässt und so Meerestiere schädigt. Und irgendetwas kann bestimmt auch fast jeder von uns tun, um die Meere ein kleines bisschen weniger zu schädigen, oder?