Warum das Elektroauto sterben musste...

von Steffen Hirth

...ist eine sehenswerte (online frei verfügbare; siehe unten) Dokumentation über das in den 1990ern von General Motors auf den Markt gebrachte, aber kurz darauf wieder eingezogene und verschrottete
"EV1". Sie stellt die Behauptung auf, dass die Elektromobilität schon viel weiter verbreitet sein könnte, wenn sich ihr nicht verschiedenste Faktoren in den Weg stellen würden.
Die Dokumentation vertritt die These, dass die Automobilindustrie - auch unter dem Druck der Erdöllobby - gar kein Interesse daran hat, praktikable Elektroautos auf den Markt zu bringen und deshalb die Behauptungen vorschiebt, dass erstens die Technik noch nicht ausgereift wäre und zweitens keine Nachfrage seitens der Verbraucher_innen bestünde. Vor diesem Hintergrund wird auch das Pochen auf die Wasserstoff-Technik mit Brennstoffzelle, die überhaupt noch nicht marktfähig - im Sinne von energetisch wirtschaftlich - ist, als Aufschiebestrategie aufgefasst, die das fossile Zeitalter verlängern soll (vgl. z.B. die symbolische Inanspruchnahme der Farbe Blau durch die Automobilindustrie, wie auf der Website der IAA oder der Nachhaltigkeitskampagne "Think Blue" von VW).
Warum das Elektroauto sterben musste...Abb.: Das 1999 wieder vom Markt genommene EV1 von General Motors (Quelle: Wikipedia).
Was zunächst einmal nach Verschwörungstheorie klingt, wird in der Dokumentation aus vielfältiger Perspektive erläutert. Und so wird am Ende auch nicht eindeutig der oder die Schuldige identifiziert, sondern vielfältige Interessenkonflikte ausgemacht, die bis heute verhindern, dass auf den Straßen emissionslose Elektroautos zu sehen sind.
Unter den "Schuldigen" sind die Erdöllobby, deren immer knapper werdender Rohstoff immer profitabler wird, und die deshalb starken Einfluss auf die Automobilindustrie nimmt. Es ist aber auch die kalifornische Umweltbehörde, die ihr in den 1990er Jahren verabschiedetes Gesetz zur Reduktion der Emissionen nicht standfest genug durchsetzen konnte, sowie die US-Regierung, die unter Präsident George W. Bush der Ölindustrie nahe stand und entsprechend keinen Willen zeigte am Status Quo etwas zu ändern. Letztlich ist es aber auch die Gleichgültigkeit und die Borniertheit an einmal etablierten Gewohnheiten festzuhalten, die auch den Verbraucher_innen am "Tod des Elektroautos" ihren Anteil lässt.
Zum Argument mit der unausgereiften Technik ist zu sagen, dass Elektromobile schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts existieren und das "EV1", das vor bald 20 Jahren herauskam, schon bemerkenswerte Eigenschaften hatte: Eine Reichweite zwischen 70 und 100 Meilen (also 110 bis 160km). Die ironische Aussage im Film dazu: "Das EV1 war leider nichts für Jeden. Es kam leider nur für 90 Prozent aller Fahrten in Frage." Für die EU gilt z.B., dass 90 Prozent aller Fahrten in Städten nicht weiter als sechs Kilometer sind (vgl. Michael Cramer, MdEP; mehr). Besser wäre es natürlich, diese Strecken mit dem zu Fuß, mit dem Rad oder dem ÖPNV zurück zu legen - aber wenn schon individuell und motorisiert, warum dann nicht elektrisch und abgasfrei?
Was die vermeintlich nicht vorhandene Nachfrage angeht, so argumentiert die Doku, wurde erstens die Elektromobilität "stiefmütterlich" vermarktet und waren zweitens genug potentielle Käufer vorhanden. Die damaligen Besitzer_innen konnten das EV1 allerdings nur leasen, so dass GM das Recht hatte, die Fahrzeuge wieder einzuziehen, wovon es, gegen beachtlichen Widerstand, auch Gebrauch machte. So musste das Elektroauto "sterben" bevor es überhaupt ins Bewusstsein der breiten Masse treten konnte. Aber seht selbst...

Warum das Elektroauto sterben musste from Global Change 2012 on Vimeo.


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