Warum Aperture?

Erstellt am 9. Juni 2013 von Markuswaeger @markuswaeger

In den vergangenen Tagen brachte ich viel Kritik an Adobes neuem Abomodell vor und habe dabei auch Bedenken gegenüber der Weiterentwicklung von Lightroom artikuliert, obschon ich das Programm eigentlich nicht verwende. Heute möchte ich etwas konkretisieren weshalb ich mich für Aperture und gegen Lightroom entschied.

Am Ende vor allem Geschmacksache

Zunächst möchte ich klarstellen, dass ich Lightroom nicht für schlecht halte. In den vorangegangenen Artikeln mag das so erschienen sein, doch es wäre eine schreckliche Anmaßung würde ich behaupten, ich wisse es besser als 90% aller anderen Experten – und ich nehme an, dass Adobe mit Lightroom und Adobe Camera Raw etwa 90% der Anwender bedient. Auf der anderen Seite würde ich aber nicht daraus, dass ein Produkt von der Majorität der Nutzer bevorzugt wird, darauf schließen, dass es deshalb besser ist, als andere Produkte.

Was mich ein bisschen nervt ist, wie herablassend sich viele Lightoom-Anwender über Aperture äußern. Einige davon mögen ausgiebige Erfahrungen mit Apples Produkt gemacht haben, doch die meisten scheinen eher nachzuplappern, was sie irgendwo aufgeschnappt haben. Das gilt ganz besonders für Journalisten der Computer-Fachpresse, die Aperture gerne einmal von vornherein als Software für Amateure abstempeln und damit eigentlich nur beweisen, dass sie selbst Amateure in ihrem Geschäft sind.

Ob man nun Lightroom, Aperture oder ein anderes Produkt, wie After Shot Pro, Capture One Pro, DxO Optics oder was auch immer, bevorzugt, ist vor allem einmal Geschmacksache. Ich gehe davon aus, dass zwei Dinge, sofern sie nicht absolut identisch sind, immer Vor- und Nachteile dem anderen gegenüber haben. In Sachen RAW-Entwicklung ist keines der Programme, die ich bisher getestet habe schlecht, obschon ich DxO Optics aktuell für führend in Sachen automatischer Entwicklung, Entrauschen, Schärfen und Korrektur von Objektivfehlern halte. Am Ende zählt für mich allerdings vor allem auch der Workflow, den mir ein Programm bietet. Hier überzeugen mich weder DxO Optics, noch Capture One Pro, das vor allem große Schwächen bei der Verwaltung von und der Geschwindigkeit bei großen Bildbeständen hat. Und hier liegt auch der Grund, weshalb ich Aperture den Vorzug gebe und mit Lightroom nicht kann.

Einschränkung als Konzept

Eigentlich verstehe ich nicht, was sich Adobe mit Lightroom gedacht hat. Während ich Illustrator, InDesign und Photoshop beliebig nach meinen Anforderungen einrichten und für jeden Befehl Shortcuts individualisieren kann, zwängt Adobe mit Lightroom dem Nutzer den kompletten Workflow auf: »Wir haben uns gedacht, das ist eine gute Sache so und was wir für richtig halten kann für dich nicht falsch sein!«

Effizienz durch Shrotcuts

Ich habe ein Problem mit Zwängen und es fällt mir schwer mich mit den Dingen abzufinden und mich zu fügen. Aperture bietet mir die Möglickeit Shortcuts beliebig anzupassen. Ich muss gestehen, dass ich mit der Vergabe der Tastaturkürzel in Aperture überhaupt nicht warm wurde, weshalb ich das Set wohl beinahe zur Hälfte umgekrempelt habe. Ich habe raus geschmissen, was ich nicht brauchte und vieles an das angeglichen, was ich aus anderen Programmen gewohnt bin. So hat zum Beispiel da Bilden von Stacks ein G bekommen, weil Stacks wie Gruppen sind und ich G aus den anderen Adobe-Programmen gewohnt bin. Ebenso hat das Duplizieren von Bildern ein D erhalten.

Aperture hat mittlerweile eine unheimlich gute automatische Bildentwicklung, die mir noch besser gefällt, seit ich sie an meine eigenen Vorstellungen angepasst habe. Das schöne an solchen Entwicklungsrezepten: Ich kann auch für sie Shortcuts vergeben. Das einzige was mir fehlt, seit ich mit Capture One gearbeitet habe: Dort lassen sich auch Tastaturbefehle für Belichtungs-, Weißablgeichs- und Sättigungssteuerung – etc. – einrichten. Ein Traum: Denn so lässt sich 90% Bildentwicklung vornehmen, ohne dass überhaupt eine Palette sichtbar sein muss – nur mehr das Bild am Monitor, kein Mausweg!

Und da bin ich wieder bei Lightroom und was mich daran stört: Das Programm bietet zu wenig Shortcuts um wirklich effizient damit zu arbeiten. Damit muss sich der Nutzer abfinden. Könnte ich vielleicht, wenn mir das Programm in Sachen Mausweg entgegen käme. Doch da die Paletten schick und platzverschwenderisch gestaltet sind, wird weiterer Mauseinsatz gefordert, weil viel gescrollt werden muss, um alle erforderlichen Schieberegler zu erreichen. In der Palette von Aperture sind für mich in den allermeisten Fällen alle Regler ohne scrollen erreichbar.

Was in den Paletten an Optionen sichtbar sein soll, kann ich bei Aperture definieren. Außer den Einstellungen, die für das aktuelle Bild genutzt werden, muss da gar nichts angezeigt werden. Ich kann die Palette freischwebend über dem Bild platzieren oder links oder rechts angedockt. Ebenso freischwebend, links, rechts oder unten, kann der Brwoser platziert werden. Je nach Aufgabe variiere ich das. So ist zum Beispiel bei Serien mit vielen Hochformatbildern meist die seitliche Platzierung besser, während beim Querformat natürlich eine Platzierung unten von Vorteil ist.

Natürlich ist auch die Bildqualität für ein professionelles Werkzeug von entscheidender Bedeutung. Doch wie gesagt: Schlechte Resultate kann man keinem der bekannten Kontrahenten nachsagen. Nach meiner Erfahrung ist aktuell beim einen Bild Aperture etwas besser, beim anderen Lightroom – andere könnten das bei denselben Bildern umgekehrt sehen. Doch was ein professionelles Produkt außerdem ausmacht ist in meinen Augen ein professioneller Workflow und den ermöglicht Lightroom nur, wenn zufällig die eigenen Anforderungen mit den Vorstellungen Adobes übereinstimmen. Ich für meinen Teil halte das Konzept mit den verschiedenen »Räumen« – Bibliothek, Entwickeln, Karte, etc. – ja für völligen Schwachsinn. Doch selbst wenn jemand das nicht so sieht und das als ideal betrachtet – Capture One beispielsweise böte die Möglichkeit genau dasselbe Konzept einzurichten, doch dort lässt es sich eben auch komplett anders machen. Das Programm lässt sich dem Nutzer anpassen, nicht der Nutzer muss sich dem Programm fügen!

Rauschreduzierung

Noch einmal zur Bildqualität: Oft wird pro Lightroom die tolle Rauschreduzierung ins Feld geführt. Ich bezeichne Entrauschen und Schärfen oft als die esoterischen Themen der Bildbearbeitung. Man kann endlos damit spielen, doch nur ein Bruchteil dessen, was an Bildschirmen optimiert wird, kommt auf dem Papier an – beim Betrachter so gut wie gar nichts mehr. Wer stellt sich schließlich mit der Lupe vor ein Ausstellungsbild und studiert die Detailschärfe?

Das Problem bei Schärfen und Entrauschen ist, dass die beiden Parameter untrennbar miteinander verbunden sind: Erhöhe ich den Schärfeeindruck, erhöht sich das Rauschen. Reduziere ich Rauschen, verliere ich Schärfe. Ich habe noch keine Software gesehen, die das anders kann. Ein schönes Beispiel ist für mich das unten gezeigte Eichhörnchen. Ich fotografierte es im Wald und musste dazu mit ISO2000 arbeiten. Das rauscht dann natürlich wie die Sau.

Ein 100-%-Ausschnitt aus Aperture zeigt das Rauschen recht deutlich – hier ist weder Entrauschen noch Schärfen zum Einsatz gekommen.

Mit ähnlichen Entwicklungseinstellungen habe ich das RAW-Bild dann in Lightroom Schärfe- und Rauschreduzierungseinstellungen unterzogen.

Ja, das Rauschen ist weg. Doch ist das Resultat tatsächlich besser? Mit dem Rauschen sind auch Strukturen verschwunden und das Fell des Eichhörnchens wirkt ein bisschen wie der Pelz eines Bibers. Für mich kein überzeugendes Argument mich der strikten Benutzerführung von Lightroom zu unterwerfen. Ähnliches gilt übrigens auch für die Objektivkorrektur. Zwar hoffe ich sehr, dass Apple Apperture in absehbarer Zeit damit aufrüstet. Natürlich liegt diese Option derzeit auf der Waage auf Lightrooms Seite. Doch nach wie vor haben die Vorteile, die mir Aperture bietet, deutlich mehr Gewicht, als die Stärken die Lightroom Aperture gegenüber aufweisen kann.