Warum alle recht haben und Autoren wirklich Disziplin brauchen

Warum alle recht haben und Autoren wirklich Disziplin brauchen

Es wird viel geschrieben von der Disziplin, die große Schriftsteller an den Tag legen. Disziplin, das erinnert mich an harte Arbeit, Druck, Verpflichtung. Das passt nicht zu meiner Vorstellung einer Autorin. Da denke ich an Freiheit und Kreativität. Persönlich mag ich Druck gar nicht und reagiere da gerne mit Abwehr. Und jetzt soll ich ausgerechnet bei der Tätigkeit, die ich aus Leidenschaft betreibe, Disziplin entwickeln?

Disziplin brauche ich doch im Job schon genug

Das Autorinnendasein ist nur ein Teil meines Lebens. Wie bei vielen Anderen auch ist das Schreiben zwar eine Leidenschaft, aber es kann mich nicht ernähren. Zumindest zur Zeit noch nicht. Vielleicht ändert sich das einmal. Aber bis dahin gehe ich meiner Arbeit nach, die mir im Übrigen auch viel gibt, und kann nur in der Freizeit schreiben. Dann soll es doch wenigstens Spaß machen, denn schließlich habe ich im Rest des Tages schon genug Verpflichtungen zu erfüllen.

Einen Roman zu schreiben ist ein großes Ziel

Das mag funktionieren, wenn man einfach so schreibt, ohne damit ein Ziel zu verfolgen. Doch wenn man etwas veröffentlichen und gar an ein Buch schreiben möchte, dann genügt Spaß alleine nicht. Um große Ziele zu erreichen, braucht es Disziplin. Und einen Roman zu schreiben, das ist ein großes Ziel. Jahrelang habe ich mich nicht daran gewagt, weil es mir zu groß erschien. Dann habe ich mir ein Zitat vor Augen geführt, dass ich einmal gehört hatte:

Große Ziele erreicht man, wie man einen Elefanten verspeist. In kleinen Bissen.

So ein Elefant kann schwer zu kauen sein

Wenn bei dem Bild des verspeisten Elefanten bleibt - ich möchte nur kurz einschieben, dass ich keineswegs dafür plädiere, wirklich Elefanten zu verspeisen -, kann man sich vorstellen, dass es irgendwann recht mühsam wird und man eigentlich keinen Bissen mehr herunterbekommt. Dann kommt die Disziplin ins Spiel. Alle großen Schriftsteller hatten und haben ihre feste Zeit zu schreiben. Thomas Mann schrieb am Morgen und recherchierte am Nachmittag. Natürlich ist einfach, den Tag am Schreiben auszurichten, wenn man nicht noch arbeiten muss, um sein Geld zu verdienen. Je nach Lebensumständen und Charakter kann es auch ein Weg sein, sich zu fragen, ob man den Job nicht aufgeben und sich ganz auf das Schreiben zu konzentrieren. In meinem Fall ist das keine Alternative, aber das Ziel bleibt.

Es braucht Kraft

Der Mensch ist träge. Er bleibt gerne in seinen eingespielten Mustern. Er ist auch sehr erfinderisch darin, sich Gründe zu suchen, warum sich gar nichts ändern lässt. Zu sagen "Ja, wenn ich mal nicht mehr arbeiten muss, dann schaffe ich es." führt nur dazu, es nie anzugehen. Man muss den Schritt machen und muss ihn regelmäßig tun. Es muss so selbstverständlich sein, ein Stück vom Elefanten abzubeißen, dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt und das erreicht man nur durch Regelmäßigkeit.

Es braucht 30 Tage bis zur Gewohnheit

Jeder, der versucht hat, mehr Sport zu treiben, abzunehmen oder das Rauchen aufzuhören, weiß um diese Mechanismen. Es braucht eine Zeit, bis der Körper und jede Zelle darin umprogrammiert ist. Die Experten sagen, dass es dreißig Tage sind, die man sich zwingen muss, eine neue Verhaltensweise durchzuhalten, bis es zur Gewohnheit wird. Dreißig Tage, das ist eine überschaubare Zeit. Ein Monat, den man ganz unter dem Zeichen sieht, sein Ziel zu erreichen. Das erscheint machbar.

Es braucht Selbsterkenntnis

Doch um seine Verhaltensweisen zu ändern, muss man sie erst einmal kennen. Als ich spürte, dass ich etwas ändern musste, um mein Ziel zu erreichen, begann ich, genauer zu betrachten, was bei mir gut funktionierte und was nicht. Ich hatte schon versucht, am Abend nach der Arbeit zu schreiben. Doch damit tat ich mich schwer. Meine kreativste Zeit ist definitiv der Morgen. Dann analysierte ich genau, was ich tun musste, um am Morgen den nötigen Freiraum zu bekommen. So konnte ich mir eine Stunde am Morgen freischaufeln.

Es braucht Erfolgserlebnisse

Hat man sich schließlich dazu gezwungen, etwas in seinem Leben zu ändern, dann braucht es Momente, an denen man sich und seine Seele dafür belohnt, es getan zu haben. Beim Sport treiben ist es vielleicht das Glücksgefühl, das danach eintreten soll. Beim Abnehmen ist es die Hose, die plötzlich wieder passt. Und beim Schreiben?
Da liegt es an einem selbst, sich diese Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Die einzelnen Bissen vom Elefanten müssen so dimensioniert sein, dass sie eine Herausforderung aber dennoch zu schaffen sind.

Wie man einen Roman in Bissen aufteilt

Der eine kann große Stücke vertilgen, während die andere eher kleine Bissen macht. Jeder hat seine individuelle Kapazität. Jeff Goins, amerikanischer Autor und Blogger, schwört auf seine 500-Wörter-Challenge. Jeden Tag sollen 500 Wörter geschrieben werden. Wobei es bei ihm egal ist, ob man an seinem Roman oder am nächsten Blogartikel schreibt. Richard Norden empfiehlt, sich eher ein Wochenpensum zu setzen. Ich empfehle eine Mischung aus beidem.

Der konkrete Plan

Bei allem ist es wichtig, seinen Plan ganz konkret zu formulieren. Wer öffentlichen Druck braucht, kann diesen Plan natürlich bei Freunden oder in seinem Blog kundtun. Aber Achtung, der Schuss kann schnell nach hinten losgehen, denn wird der Druck zu groß, reagiert man zumeist mit Ablehnung. Also nicht im Überschwang der Entschlossenheit zu viel Druck auftürmen. Es genügt, den Plan selbst zu verinnerlichen. Hilfreich ist es auch, sich die Erreichung des Ziels genau auszumalen. Was wirst du tun, wenn das Werk fertig vor dir liegt?

So sieht mein Plan aus

Schon seit Längerem arbeite ich an meinem aktuellen Buchprojekt. Eine Zeit lang hatte ich keinen konkreten Plan, weil ich davor gescheut habe, mir selbst Druck zu machen. Das Ende vom Lied ist, dass ich nicht weitergekommen bin. Erst seit ich mir einen konkreten Plan gemacht habe, geht es voran.
So sieht mein Plan aus:

  • Ich schreibe jeden Tag am Morgen vor der Arbeit
  • Ich schreibe jeden Tag 500 Wörter, aber Blogartikel zählen auch
  • Ich schreibe mindestens 3000 Wörter pro Woche an meinem Krimi
  • Am 31. März werde ich meinen Krimi so weit geschrieben haben, dass Überarbeitung und Lektorat beginnen können.

Was ich daraus gelernt habe


Nun halte ich mich bereits seit Beginn des Jahres an diesen Plan und komme gut voran. Aber natürlich gibt es Tage, an denen ich mich sehr zwingen muss, das Netbook aufzuklappen. Aber dann habe ich eine Erfahrung gemacht:

Wenn ich mich ohne jede Idee an den PC setze und einfach losschreibe, kommen die besten Szenen dabei heraus.

Die Erfahrung motiviert mich mittlerweile, wenn ich mal wieder um den PC herumschleiche, ihn doch zu starten. Ich bin dann gespannt, was herauskommt und fahre oftmals mit einem beschwingten Gefühl ins Büro.
Ein weiterer positiver Effekt des Plans ist es, dass ich durch die Regelmäßigkeit viel intensiver in meine Geschichte eintauche und daraus wieder bessere Ideen entstehen.


Wie ist dein Plan? Wann schreibst du? Berichte mir von deinen Erfahrungen.


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