Wie immer hört man als Schwangere und Mutter oft den Satz "Wart es nur ab, das wird noch schlimmer". Hätte ich für jedes einzelne Mal einen Euro bekommen, dann könnte ich mir mittlerweile einen ordentlichen Vorrat an Ohrenstöpseln davon leisten. Aber leider gibt es auf dieser Welt kein Geld für unnötige Aussagen und Tipps, es gibt sie sogar umsonst.
Natürlich hört man diesen Satz auch als Mutter einer fast 5- und einer 1 1/2-Jährigen ziemlich oft. Von der älteren Generation. Oder von Bekannten und Freunden, die schon ältere Kinder haben. Während man sich also gerade zum zweiten Mal darüber freuen möchte, dass man bald das Töpfchen-Thema angehen will und die lästige Zahnerei demnächst ein für alle Mal hinter sich hat, werden schon die ersten Stimmen darüber laut, was denn dann bald auf uns zukommen wird. Statt sich also über Keinwindel-Kinder und zahnungsfreies Leben zu freuen, werden einem die Einschulung und die nachfolgenden ersten Schuljahre in düsterstem Licht präsentiert. Während man sich freut, dass die Große vielleicht schon bald groß genug dafür ist, selbst zum Kindergarten zu laufen, sich schon selbstständig anziehen und fertigemachen kann, munkeln böse Zungen bereits von der immer früher einsetzenden Pubertät und deren fatalen Folgen.
Sowieso ist das, was man als Mutter zweier Mädels am allermeisten zu hören bekommt, das böse P-Wort. Die Pubertät von gleich zwei hormonverseuchten Mädchen im Abstand von 3 1/2 Jahren könnte, nein, WIRD das Grauen pur. Das Grauen galore.
Dabei stelle ich mir das alles noch ganz toll vor. Ich lasse an dieser Stelle mal einen Blick in das grummelsche Hirn zu. Viel Spaß dabei:
Das Mäuschen wird in ein paar Wochen alle Zähne haben, wieder bestens schlafen können und im Frühling, kaum dass die ersten wärmenden Sonnenstrahlen unseren Garten erreicht haben, perfekt auf Toilette gehen und sich anziehen können. Bis auf die Nachtschlafwindel werden wir also nie wieder Müffelwindeln wechseln oder zahnende Kinder trösten müssen. Natürlich übersteht das Mäuschen die bereits jetzt schon einsetzende Trotzphase schnell und ohne viele Probleme für Nerv und dessen Kostüm und sieht glücklich und zuckersüß seiner Kindergarten-Karriere entgegen. Die Maus wird in ein paar Wochen ihren ersten Wackelzahn haben, was sie aber natürlich nicht aus der Ruhe bringen wird, während sie sich in aller Ruhe auf die nächstes Jahr anstehende Einschulung freuen und das letzte Kindergartenjahr als Vorschulkind über die Bühne bringen kann. Der Mann und ich werden also in nicht allzu ferner Zukunft wieder zusammen ausgehen dürfen, weil die Kinder endlich (in meinem Hirn - in Wahrheit wären sie das schon lange gewesen) babysitterreif sind und kein armer Mensch unschlüssig vor einem heulenden Baby stehen muss, während wir irgendwo in der Stadt "Party" machen. (Memo an mich: vorher dringend Informationen darüber einholen, wie genau das eigentlich heutzutage funktioniert mit dem "Nachtleben" außerhalb der Wohnung!)
Wenn die Jahre dann ins Ländle gezogen sind, in dem wir mittlerweile eine größere und geräumigere Wohnung unser Eigen nennen, werden die beiden Mädels beide zur Schule gehen und mit Entspannung und großer Freude am Lernen gute Noten nach Hause bringen. Das Mäuschen in der Grund-, die Maus in der weiterführenden Schule (welche auch immer dies sein mag, ich will niemanden mit Erwartungen unter Druck setzen). Sicher wird die - Obacht! - Pubertät dann irgendwann einsetzen, doch die Maus, die ja zuerst in deren Genuß kommt, wird sich prächtig darunter entwickeln. Sie wird natürlich zickig, fängt mit Schminken und Styling an, "borgt" sich meine Klamotten und Eyeshadows, bekommt Pickel und Interesse an Jungs - doch mit kleinen und liebevollen Erziehungsmaßnahmen wie Handyverbot oder WLAN-Entzug wird sie immer lieb und brav in der Spur laufen. Das Mäuschen wird noch ein paar Jahre ohne die P verbringen, sich in der Zeit aber natürlich bestens mit seiner großen Schwester verstehen, die sie wie eine Art Mentorin einfühlsam und geschickt in die Jungendjahre einführen kann.
Ich selbst werde, auch dank meiner lieben und braven Töchter, in aller Ruhe den ein oder anderen Bestseller geschrieben und verkauft haben, der von der Gelassenheit der Pubertäts-Mütter handelt und wie man leicht und locker durch die Jugendjahre kommt. Ich kann meinen warmen, weichen Ledersessel unter meinem Bestsellerautorenhintern geradezu spüren!
So und nicht anders wird es laufen. Und ich möchte nichts und niemanden hören, der irgendetwas Gegenteiliges gehaupten oder sogar die Dreistigkeit besitzen will, über meine Zukunftsvorstellungen zu schmunzeln oder gar zu lachen! Denn ganz im Ernst: Was hilft es einem, wenn man vom ersten positiven Schwangerschaftstest an immer und immer wieder zu hören bekommt, dass man abwarten soll, weil alles noch schlimmer wird? Soll man sich gleich erschießen? Eine lebenslange Therapie beantragen? Die ganze Kinder-Sache einfach sein lassen? Ich frage mich ernsthaft, was diese Aussage eigentlich immer bewirken soll. Und warum ist dies scheinbar so wichtig für die Menschen, dass sie es immer und immer wieder aussprechen müssen? Ich finde, jeder soll seine eigenen Wünsche und Vorstellungen haben und selbst seine Erfahrungen sammeln dürfen. Niemandem mit kleinen Kindern hilft es, sich schon jetzt Horrorbilder von Zeiten auszumalen, die erst in einem Jahrzehnt auf einen einstürmen werden. Und niemandem hilft es doch auch eigentlich, diese Worte ausgesprochen zu haben.
Ich kämpfe für das Recht, mich JETZT um fiebernde Kleinkinder sorgen und mich über freche Vierjährige aufregen zu dürfen - und nicht alles locker nehmen zu müssen, nur weil das, was ich JETZT anstrengend finde, vielleicht in ein paar Jahren Pillepalle gewesen sein könnte!
Also hört auf mit eurem "Wart es nur ab", tauscht es einfach gegen "Wenn was ist, frag mich gern" oder "Alles wird gut, so schlimm ist es nicht" aus - und denkt daran, wie es euch damit gegangen ist, als ihr diese Worte hören musstet. Und dann nehmt ihr sie und packt sie in die Kiste, in der auch schon "Jetzt fängt der Ernst des Lebens an" steckt und schließt sie einfach ab. Ich und viele andere Mütter und Väter werden es euch von Herzen danken.