Wann verteilen Sie Grundgesetze auf Bayerisch, Pfälzisch und Hessisch, Herr Gabriel?

Wann verteilen Sie Grundgesetze auf Bayerisch, Pfälzisch und Hessisch, Herr Gabriel?

Was war da mit »unseren
Spielregeln«? Druckt Gesetze
auf Pfälzisch!

Erst kürzlich stritt ich mich mit einem Kollegen über die Todesstrafe. Er war grundsätzlich nicht dagegen. Ich grundgesetzlich schon. Freilich auch weil ich sie aus weniger juristischen Gründen für falsch erachte. Rache halte ich für keinen besonders guten Ratgeber. Vor Jahren gab es wiederum Diskussionen mit einer Bekannten. Es ging über die damals übliche Praxis, Wohnungen von Leistungsbeziehern einfach mal so von Jobcenter-Mitarbeitern inspizieren zu lassen. Wer Geld vom Staat erhalte, so argumentierte sie, der müsse halt wissen, dass das Leben kein Zuckerschlecken sei. Ich fragte sie, wieso die im Grundgesetz garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung für die Armen nicht Bestand haben sollte. Die Behörden selbst fragten sich das damals natürlich auch nicht und drangen unter Drohungen in Schlafzimmer und Bäder ein und zählten Zahnbürsten und das Kaffeeservice.

Noch so Fälle: Ein ehemaliger Nachbar sah es als notwendig an, dass man den Sozialstaat kippen müsse: Kein Geld mehr für Faulenzer. Aber sollte die Bundesrepublik nicht ein sozialer Staat sein? So steht es doch im Grundgesetz. Letztens saß eine pikierte Dame neben mir im Zug und äußerte, sie würde die Mutter mit dem plärrenden Kind aus selbigen werfen, wenn es nach ihr ginge. Ging es aber nicht. Ich kenne übrigens auch etwaige Sexisten. Sie hätten gerne mehr Geschlechterspezifika und Stereotype im Leben. Die geschlechtliche Gleichheit aus dem Grundgesetz halten sie für Quark. Wieder andere wollen mehr Trennung von Religionsgruppen oder sogar eine Besserstellung von Religionen, die man als heimisch attestiert. Neulich wollte erst ein Politiker - als berühmteste Figur dieser Ansicht - nur christliche Flüchtlinge aufnehmen. Es ging ihm also nicht um Not und Verfolgung, sondern um Zugehörigkeiten. Völlig ungrundgesetzlich.
Dann gibt es welche, die zahlen keine Steuern, lassen ihr Geld ins Ausland flüchten. Schreiben bei der Doktorarbeit ab oder passen Abgaswerte an Abgasnormen an. Wieder andere zünden Flüchtlingsheime an oder jagen Ausländer durch ihr idyllisches Dorf. Und es gibt solche, die Schmiergelder nehmen oder einfach bloß ihr bisschen Macht, dass sie hinter einem Behördenschreibtisch verliehen bekamen, gnadenlos an Bürger austoben, die sie wie Bittsteller behandeln. Ganz andere lügen bei der Berichterstattung oder wiegeln die Gesellschaft auf. Und dann sind da noch die, die Arbeitskräfte ausbeuten, kaum Lohn zahlen und es den Sozialkassen überlassen, den Erhalt ihrer Arbeitskräfte mittels Aufstockung zu finanzieren, keine Lohnfortzahlungen leisten und sich nichts um den Kündigungsschutz scheren.

Dicke Pfälzer geben Spendern Ehrenworte und stellen sie über das Grundgesetz und sind auch noch beleidigt, dass ihr eigenes kleines Gesetz weniger wiegt. Hessische Ex-Landesherren und aktuelle Aufsichtsratvorsitzende verquicken Politik und Eigeninteressen und kleben an der Macht auch dann noch fest, wenn sie faktisch abgewählt wurden. Bayerische Mandatsträger wollen Mauern bauen oder engagieren sich Mörder, die für sie Kunstwerke basteln und verticken sie dann teuer bei Ebay. Und so weiter, und so weiter, et cetera, et cetera. Und ich frage mich: Was ist eigentlich mit »unseren Spielregeln« in all diesen Fällen?
Wieso ich jetzt überhaupt so zusammenhangslos erzähle? Ach, weil Sigmar Gabriel jetzt das Grundgesetz in arabischer Sprache drucken ließ, damit »die, die zu uns kommen, auch unsere Spielregeln kennen«, wie er es nannte. Spielregeln? Nun ja, das Wort ist irreführend, denn es ist alles andere als ein Spiel, was wir in diesem Land spielen. Es ist bitterer Ernst. Aber darum geht es an dieser Stelle mal gar nicht.
Ich finde die Aktion grundsätzlich nicht dumm. Gesetzestexte, Formulare und so weiter sollten multilingual verfügbar sein. Das erleichtert Zugänge. Gabriel sollte auch die Sozialgesetzbücher und das Bürgerliche Gesetzbuch arabisieren. Aber um Himmels willen, was machen wir mit denen, die nicht mehr zu uns kommen können, weil sie schon hier sind und die sich trotzdem nicht an die Spielregeln halten? Und ich kenne nicht wenige! Ausweisen ist keine Alternative. Man kann nicht immer nur alles von einem wegschieben. Aber können wir zum Beispiel die Gesetze, die dieses Land ausmachen, nicht in hoher Auflage auch auf Deutsch und in Dialekten drucken und sie an alle Haushalte verteilen? Sodass auch Pfälzer, Hessen und Bayern den Inhalt begreifen!
Oder warum machen wir nicht einfach ein Gesetz, dass vorschreibt, dass jeder Haushalt die Landesgesetze im Haus haben muss? Inklusive gelegentlicher Inhaltsprüfung eines notariell beglaubigten Spielregelüberprüfers, der von Haustüre zu Haustüre schwadroniert, um das Wissen der Bürger und ihren Verfassungspatriotismus zu überprüfen. Und dann bitte gleich noch einen Bußgeldkatalog für Gesetzestextleseverweigerer einführen. Man weiß doch: Ohne Druck und Anreize kommt doch nichts rum. Dann wären alle mal wieder auf das Regelwerk sensibilisiert, das wir von allen erwarten, aber selbst so schlecht verinnerlicht haben. Und weil wir natürlich wollen, dass alle das neue Gesetz zum Gesetzestextverinnerlichen und zur Schaffung von Verfassungspatriotismus verstehen, lässt Gabriel es auch gleich noch in Arabisch drucken.
Die englische Version ist übrigens vermutlich schon in Planung. Gabriel ist ja weitsichtig. Denn wenn er TTIP durchgesetzt hat, sollen doch die Anwälte und all die Hinterzimmerkonferenzen, die dann tagen, gleich mal wissen, dass sie sich an unsere Regeln zu halten haben. Wer schließlich zu uns kommt und bei uns leben und geschäftig sein will, der muss sich uns auch anpassen. Wann genau verteilen Sie die englischen Grundgesetze, die Basic Lawes im großen Stil, Herr Gabriel?
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