Wird DJ-Software wirklich niemals die Stimmung der Gäste erkennen können? Das halte ich für einen Wunschvorstellung von uns DJs, um unser Geschäftsmodell zu schützen.
Musik-Programme mit automatischem Beatmatching sorgten für die erste große Revolution beim Auflegen. Plötzlich kann jeder DJ werden.
Jetzt fehlt nur noch ein Tanzflächen-Füllgrad-Bewegungs-Messgerät und jeder Computer könnte besser auflegen als ich.
Warum sollten die gleichen Musik-Computer nicht bald in der Lage sein, jede beliebige Tanzfläche lesen zu können? Denn so weit können wir nicht mehr vom Zeitalter der Robo-DJs entfernt sein.
Alle Basis-Technologien existieren bereits:
-
Gestenerkennung der X-Box
-
Gesichtserkennung von Facebook und Google
-
Musikvorschläge mit Ähnlichkeitsfunktion von Spotify und Amazon, Serato Pyro
-
Spracherkennung von Siri und Amazon
Ein Tanzflächen-Füllgrad-Bewegungs-Messgerät würde die Welt des DJing revolutionieren
Ich glaube so ein Tanzflächen-Füllgrad-Bewegungs-Messgerät muss unbedingt noch erfunden werden.
Bis vor wenigen Jahren konnte sich auch niemand vorstellen, dass ein Auto selbstständig einparken könnte. Diese Aufgabe setzt voraus, dass ein Computer flexibel auf seine Umwelt reagieren muss.
Google hält das für überhaupt kein Problem und schickt sogar autonome Autos auf die Straße. Und in jedem Mittelklassewagen kannst du bereits eine elektronische Einparkhilfe haben.
Tanzfläche automatisch lesen
Vielleicht sind wir nicht mehr so weit davon entfernt, dass der DJ-Arbeitsplatz wegrationalisiert wird.
Vor einigen Jahren kaufte ich mir die Kinect-Kamera für eine X-Box. Es ist nicht nur eine herkömmliche Webcam, sondern eine Infrarotkamera, um Personen zu erkennen. Die X-Box-Spiele sind bekannt für ihre Gestensteuerung.
Ich bin gespannt, wann solche Systeme zum ersten Mal auf eine Tanzfläche gerichtet werden. Dann kann jeder Computer die "Tanzfläche lesen".
Als DJ-Anfänger las ich immer wieder den Begriff "Tanzfläche lesen". Ich kapierte bloß nicht, was ich darunter verstehen soll. Das Konzept ist auch sehr schwierig zu beschreiben.
In gewisser Weise funktioniert die "Tanzfläche lesen" darüber die Umwelt sehr genau zu beobachten. Dieses Konzept beschreibt der FBI-Profiler Joe Navarro in einem tollen Buch über Körpersprache.
Wie genau kann ich Verhaltensänderungen bei den Gästen erkennen? Das kann ein kaum wahrnehmbares Fußwippen eines Gastes sein. Würde ich die Leute darauf ansprechen, würden sie sofort damit aufhören.
Wenn ich eine Tanzfläche lese, beobachte ich also ein Verhalten, von dem ich weiß, dass es später zu einer vollen Tanzfläche führen wird. Diese Verhaltensänderungen provoziere ich mit der Musik, die ich auflege. Ständig mache ich Tests und beobachte das Ergebnis.
Diese Beobachtung speichere ich als Information in meinem Gehirn ab. Ich kann dir heute noch ziemlich genau sagen, welches Lied vor drei Jahren bei einer Party auf der MS-Brombachsee zu einer überraschenden Reaktion geführt hat. Und welches Lied im Januar bei den Kids am besten ankam.
Dabei täuscht mich mein Erinnerungsvermögen und meine Beobachtungsgabe.
Das wurde mir bewusst als ich einen Videomitschnitt einer Party im Terminal90 ansah. In der Live-Situation spürte ich einen unglaublichen Drive, als ich "Been A Long Time" spielte. Der Bass drückte unglaublich. Ich hatte das Gefühl jeden Moment explodiert die Party. Dann bedankten sich auch noch zwei Mädels und sagten dieses Lied sei unglaublich.
Auf dem Videomitschnitt sieht die Situation sehr viel nüchterner aus. Um den DJ-Bereich tanzen zwar alle Gäste. Doch für die Leuten in 20 Metern Abstand scheint das Lied keine außergewöhnliche Wirkung zu haben. Sie wippen nicht einmal mit.
Maschinen lassen sich nicht täuschen
Meine eigene Wahrnehmung filtert also Sachen heraus, die ich vielleicht gar nicht mitbekommen möchte oder nicht bemerke, weil ich nicht durch Personen hindurch sehen kann. Und manche Sachen bekomme ich nicht mit, weil ich gerade mit dem nächsten Mix beschäftigt bin.
Nur eine Maschine würde eine wirklich objektive Messung liefern. Ein Tanzflächen-Füllgrad-Bewegungs-Messgerät würde keine subjektive Einschätzung abgeben, sondern immer die ideale Musik spielen:
-
Wie viele Personen sind auf der Tanzfläche?
-
Wie viele Personen sind insgesamt bei der Party anwesend?
-
Welcher prozentuale Anteil dieser Personen bewegt sich im Rhythmus der Musik?
-
Wie hat sich dieser Wert seit dem vorherigen Lied verändert?
-
Welche Korrelationen lassen sich zur Uhrzeit, Tonart, Geschwindigkeit in BPM und Liedreihenfolge errechnen?
-
Welches Lied muss als nächster Titel gespielt werden, um den Tanzflächen-Füllgrad-Bewegungs-Indikator zu maximieren?
Macht dir diese Vorstellung Angst, dass wir bald von Skynet kontrolliert werden? Oder hast du die Kinect-Kamera vielleicht schon umprogrammiert? Schreibe deine Meinung bitte als Kommentar.