Wandern mit Kindern!

Als Kind mochte ich weder Spaziergänge noch lange Wanderungen. Nicht, daß ich ein Bewegungsmuffel gewesen wäre, aber ich fand dieses ständig auf einem vorgegebenen Weg dahinzulaufen unglaublich langweilig.
Bereits als Jugendliche war ich von dieser Langeweile geheilt: Tourenplanung, Proviant- und Ausrüstung Packen und die eigentliche Wanderung durch die Natur bekamen plötzlich eine andere Wertigkeit. Erholung vom Alltag und vom städtischen Leben traten nun in den Vordergrund.

Aber was ist mit den Kindern? werdet Ihr Euch fragen.
Sie müssen mit ob sie wollen oder nicht. – könnte ich sagen
Doch das Geheimnis einer erfolgreichen Wanderung mit Kindern ist relativ einfach: Die Tour muß kindgerecht sein und das eine oder andere Highlight bieten. Und je mehr Kinder mitwandern, desto besser.

In diesem Artikel möchte ich von einer unserer letzten Wanderungen erzählen, einen Wanderführer für Kinder vorstellen und habe auch noch Tipps zum Wandern mit Kindern.

Auf dem Pröllersteig im Bayerischen Wald

Am 3.Oktober packten wir also die drei Kinder und noch zwei unserer Freunde ein und fuhren Richtung Bayerischer Wald, das Mittelgebirge an der Grenze zwischen Bayern und Tschechien.

PauseWichtig waren die neu gekauften Wanderschuhe und der Deal: Wer Wanderschuhe hat, wandert und wird nicht getragen.

Im Vorfeld hatten wir uns das Buch Erlebniswandern mit Kindern Bayerischer Wald besorgt und uns auf eine Tour geeinigt: Den Rundweg vom Pröllersteig. Die Wanderung war mit ab fünf Jahren geeignet gekennzeichnet und die Anfahrt dorthin war die Kürzeste von unserem Heimatort aus. Die Wanderung hat eine Länge von knapp drei Kilometern.

Pröller NordhangGestartet sind wir an der Talstation des Schilifts Pröller Nordhang in Hinterviechtach. Dort steht sogar noch eine gelbe Telefonzelle „Was macht man damit Mama? In einer Box stehen und telefonieren?“

Die Jüngste beschloß nach 50 Meter Weg „Ich will getragen werden, das ist zu anstrengend!“ Doch ein „Du schaffst das, flitz zu den Anderen vor!“ half sofort und sie fragte die ganze Strecke über nicht mehr danach.

Wegweiser PröllersteigIch bin ja sehr schlecht darin, wenn es um Orientierung in der Stadt geht. Hier hatte ich keine Probleme: Einfach dem Holzwurm folgen!

Genöle wegen des Wanderns an sich gab es keins. Nur der Kampf um die besten Wanderstöcke wurde hart gekämpft. Manchmal so hart, daß ich Angst hatte, die Kinder würden sich gegenseitig die Augen ausstechen.

Stöckchen mit AussichtWer hat den größten, längsten, dicksten hübschesten Wanderstock?

Zwischendrin gab es immer wieder schöne Farbtupfer, wie Fliegenpilze, Farne oder vereinzelte Blumen, die noch immer blühten. Hier und da mußte ein Bächlein übersprungen oder darin herumgehüpft werden.

Und für die Kinder fantastisch: Drei Kinder und vier Erwachsene! Meine Kinder reden ja im Alltag gerne schnell und viel. Aber auf der Wanderung haben sie glaube ich dreimal so viel gesprochen. Und gefragt. Und zum Beispiel darüber philosophiert, wie viel Fliegenpilz man wirklich essen kann bevor man stirbt. Und was ist denn dieses Sterben überhaupt?

Wandern hat den Vorteil: die Eltern können nicht weg.Wandern hat den Vorteil: die Eltern können nicht weg.

Nach etwa der Hälfte des Weges stellten die navigierenden Männer unserer Truppe fest, daß die Route, die ich gewählt hatte viel zu kurz ist. Und ohne Gipfelaussicht. Also wurde spontan umgeplant und wir gingen mitten durch den Wald, bis zum Weg, der direkt auf den Gipfel des Pröller (1048,5m) führt. Die nächste Bank war aber erst mal unsere. Wir vesperten und ruhten uns ein bißchen aus.

NavigationImmer wieder einen Blick in den Wanderführer riskieren. Nicht, daß wir eine Attraktion am Wegesrand übersehen.

Kurz unterhalb des Gipfels bekam eines der Kinder Bauchweh und legte sich in die Wiese und wartete in den Himmel guckend auf unsere Rückkehr.

GipfelDie Aussicht und das Wetter auf dem Pröller war himmlisch. Die Wolkendecke war aufgerissen und wir konnten weit in die Mittelgebirgswelt des Bayerischen Waldes hineinsehen. WalkwithaviewDer Wanderstock ist immer dabei. Im Gegensatz zu den Kindern konnte ich die Aussicht genießen.

Wegen des Bauchwehkindes hielten wir den Aufenthalt am Gipfelkreuz recht kurz und planten beim Abstieg, wo wir uns Abendessen besorgen würden. Die Kinder sind schon mal eben vorgerannt. Mich wundert es immer wieder, daß sie wie trittsicher wie kleine Rehe den Berg hinunter hüpfen können.

SonnenuntergangSo verabschiedete uns der Bayerische Wald

Unsere Freunde kennen sich in der Gegend aus und empfahlen für das Abendbrot das Gut Schmelmerhof. Sehr zu empfehlen,  das Essen war lecker und keiner hat sich an den aufgedrehten Kinder gestört. Es gibt sowohl innen ein Spielzimmer, als auch außen ein Spielplatz.

Spät abends konnten wir drei müde gelaufene, glückliche, schlafende Kinder aus den Autositzen in die Betten legen.

So wanderst Du entspannt mit Kindern:

1. Sorgfältige Routenplanung

Wähle eine Tour mit mehreren Etappenzielen (das kann ein Bächlein sein, an dem gepritschelt werden kann) und versuche nicht auf Biegen und Brechen einen Gipfel zu erreichen. Das Erreichen eines schönen Aussichtspunktes oder einer Berghütte, auf der es eine leckere Jause gibt, kann zum fantastischen Wandererlebnis werden. Wichtig ist auch, sich genügend Zeit zu nehmen, damit man jederzeit bei Bedarf eine Pause einlegen kann. Der deutsche Alpenverein hat auf seiner Seite viele Infos, die bei der Tourenplanung helfen.

2. Die richtige Kleidung

Es muß keine teure Funktionskleidung für Kinder sein. Sie hat jedoch den Vorteil, daß sie leicht und schnelltrocknend ist. Wir verwenden zum Beispiel Hosen mit abzippbaren Beinen und 3-in-1-Jacken, so benötigt man nicht so viele einzelne Teile.
Die Regel ist immer: Zwiebellook. So kann man dem Wetter angepaßt wandern gehen und bei Bedarf ein Teil an- oder ausziehen.

Bei den Schuhen ist darauf zu achten, daß sie fest genug für einen guten Tritt sind und gegen Nässe schützen. Gerade für längere Touren empfehle ich eingelaufene, leichte Wanderschuhe.

 3. Der perfekte Rucksack

Bei uns gib es die Regel: Jeder trägt seine Sachen selbst. Natürlich dem Alter und der Größe entsprechend. Aber eine Trinkflasche und eine Vesperbox schafft jeder zu tragen. Der Rucksack sollte einen Becken- und einen Brustgurt besitzen und nach Möglichkeit gepolstert sein. Dann macht das Tragen auch kleineren Kindern Spaß.

4. Das Wanderproviant

Eigentlich das Wichtigste, was in den Rucksack muß. Sind die Kinder satt, sind sie zufrieden. Ich habe immer sehr viel Obst und Gemüseschnitze dabei, belegte Brote, Müsliriegel, Nüsse, Cräcker mit Dip und Notfallgummibärchen. Die helfen auch bei gelegentlichen Stimmungstiefs.

Die Autorin des Buches Erlebniswandern mit Kindern – Bayerischer Wald Heike Oechler im Interview:

Die Autorin Heike Oechler auf dem BruennsteinDie Autorin Heike Oechler auf dem Brünnstein
Wie kommt man dazu ein Wanderbuch für Kinder zu schreiben?

Da ich vom Journalismus komme, träume ich schon seit Jahren davon, ein Buch zu schreiben. Und meine Freizeit verbringe ich am liebsten draußen in den Bergen oder im Wald. Als dann das Angebot kam, einen Wanderführer für Kinder zu schreiben, noch dazu vom Rother Bergverlag, habe ich mich natürlich riesig gefreut und ganz schnell zugesagt.

In meiner Kindheit fand ich Wandern oft ziemlich langweilig und anstrengend. Wie bringe ich Spaß und Freude ein die ganze Sache?

Langweilig ist für Kinder ja oft der breite Forstweg, der einfach stur bergauf geht. Hier kann der Bayerische Wald punkten, lange Zustiege bis man endlich oben über der Baumgrenze ist und der Weg spannender wird, gibt es hier nur selten. Hier können die Kinder meistens von Anfang an abseits der Wege toben und rennen. Wenn dann noch mehrere Kinder zusammen sind und eine Brotzeit mit leckerem Nachtisch lockt, ist der Wandertag meistens ein Erfolg.

Was darf auf keinen Fall im Wanderrucksack fehlen?

Ein Beutel für die gesammelten Schätze, eine Tüte Gummibärchen zur Motivation und Wechselwäsche, um dem Pritscheln in Bachläufen, Pfützen und jeder anderen Art von Wasser gelassener zu schauen zu können.

Meine Mädels sind 9, 7 und 4 Jahre alt und bewegen sich recht gerne. Welche Tour würden Sie für einen Samstagsausflug im Herbst im Bayerischen Wald empfehlen?

Das trifft sich gut, meine Jungs sind 9, 7 und 4 Jahre alt und waren tapfere Wanderer auf den Touren für „ihr“ Buch. Besonders begeistert hat sie der Ameisenweg bei Bodenmais, das ist ein phantasievoll gestalteter Parcours mit einer lohnenswerten Zusatzschlaufe mit Einkehr. Immer wieder schön ist es auch im Haus zur Wildnis bei Zwiesel: ein paar Tiere, ein toller Spielplatz, leckere Kuchen (der Wirt ist gelernter Konditor) und eine Speisekarte, bei der Wert auf saisonales und regionales Kochen gelegt wird. Diese Runde macht also Groß und Klein glücklich.

Wohin reisen Sie selbst, wenn es mal weiter weg geht?

Grundsätzlich zieht’s mit meistens in die Berge oder nach Skandinavien. Berge und Meer sind natürlich optimal, deshalb geht der nächste größere Urlaube mit den Kindern nach Korsika und, für ein bisschen flaches Kontrastprogramm, nach Fanø  in Dänemark. Ohne Kinder stehen diesen Winter einige Tage zum Skitouren gehen in den Lyngen Alpen in Nordnorwegen auf dem Programm.

Infos zum Buch

Erlebniswandern mit Kindern im Bayerischen Wald Rother Bergverlag

Heike Oechler
Erlebniswandern mit Kindern – Bayerischer Wald
Rother Wanderbuch
1. Auflage 2015
176 Seiten mit 172 Farbabbildungen
40 Höhenprofile, 40 Wanderkärtchen im Maßstab 1:10.000 bis 1:50.000, eine Übersichtskarte, Tourenmatrix, GPS-Tracks zum Download
kartoniert
ISBN 978-3-7633-3139-0

Wo wandert Ihr am liebsten? Laufen Eure Kinder gerne?


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