Heute mal ein Kamera-Test auf Tourististan. Eine Agentur hat mir eine Casio Exilim ZR-200 geschickt und ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte: Teste die Kamera, schreib darüber – als Honorar darfst du das Teil behalten. So, wer nun meint, damit sei hier jetzt aber schon Schluss mit der Objektivität, soll halt weiter surfen (und sich bei Gelegenheit mal fragen, woher all die Testportale ihre Geräte haben und was mit denen passiert, nachdem dort die Testberichte veröffentlicht sind). Wer sich hingegen fürs Fotografieren auf Reisen interessiert: bitte herein spaziert.
Zehn Tage Wandern im Schwarzwald hat sie hingegen heil überstanden. Das war meine Testreise neulich.
Was mir gefallen hat
Schnelligkeit. Meine letzte Point-and-Shoot-Kamera hatte ich vor ungefähr fünf Jahren. Aus gutem Grund habe ich mir seither keine mehr gekauft. Was vor allem nervte: die Auslöseverzögerung. Du drückst ab und die Digicam braucht eine halbe Sekunde oder länger zum Auslösen. Den entscheidenden Moment konntest du damit vergessen. Was man bekam, waren Augen auf Halbmast, weggedrehte Gesichter, Haustiere von seitlich hinten. Sehr erfreulich deshalb: Diese Casio ist sehr viel schneller geworden. Sie löst praktisch sofort aus, die Verzögerung ist kaum noch spürbar. Daran, finde ich, kann man sich gewöhnen. Damit kann man vielleicht nicht ambitioniert gestalten. Aber das ist doch absolut alltagstauglich.
Bildqualität. Meistens habe ich schlicht die Automatik benutzt. Und siehe: Das ist die starke Seite der Casio. Sie produziert relativ wenig Ausschuss, wird mit Licht und Schatten gut fertig, liefert annehmbare Zeichnung – und das Resultat ist häufig brauchbarer als der Monitor es anzeigt. Also kann man auch mal was riskieren. Gegenlicht, Schlagschatten – nicht übel. Nur bei ganz extremen Lichtbedingungen geht sie in die Knie – aber das passiert einem mit sehr viel teureren Prosumer-Kameras ebenso.
Verarbeitung. Trotz des lockeren Einstellrad-Deckels: Die Casio macht einen wertigen Eindruck. Das Gehäuse fühlt sich metallisch an und stabil. Es wackelt nichts, die kleinen Tasten und Räder wirken ordentlich verbaut. Ein solides kleines Gadget.
Was mich kalt gelassen hat
Kitsch knipsen. Man kann eine ganze Reihe von Belichtungsprogrammen einstellen. Darunter auch HDR und HDR Art. Da ich HDR (vergrößerter Kontrastumfang) für die Kitschpostkarte des 21. Jahrhunderts halte, habe ich das praktisch nicht benutzt. Ebensowenig die manuellen Einstellungen wie die Blendenvorwahl – es gibt da nur zwei Blendenstufen.
Die Zeitvorwahl schon eher, bei schnellen Bewegungen. Nachteil: Man muss ins Menü einsteigen, über drei, vier Stufen. Daran hat man sich zwar relativ rasch gewöhnt, aber so praktisch wie eine Direkteinstellung bei einer digitalen SLR ist es natürlich nicht.
Es gibt da auch eine Best Shot Pro Einstellung. Angeblich ermittelt die Kamera dann optimale Werte für Weißabgleich, Licht, Farbgebung usw. Na ja. Sie rechnet zwar lange, aber ich habe im Vergleich zur simplen Automatik keine Qualitätssprünge feststellen können.
Was mich nicht kalt gelassen hat
Der Akku. Bei allen Einstellungen außer der Automatik verspeist die Casio deutlich mehr Strom. Von einer kleinen, praktischen Immer-Dabei-Knispe kann man doch erwarten, dass sie unterwegs einen Tag durchhält, oder etwa nicht? Im Automatik-Modus schafft sie das problemlos. Aber bei Einstellungen, die mehr versprechen (Best Shot etc), nicht. Da erscheint manchmal nach 30, 40 Aufnahmen der Batterie-Balken schon in Rot.
Leistung. Unter den Best Shot-Optionen findet sich eine Einstellung, die den Vordergrund scharf stellt und den Hintergrund weichzeichnet. Was aber bei Dreiviertel der Aufnahmen schlicht nicht funktioniert. Da erscheint dann, nachdem die Kamera eine Weile gerechnet hat, der Hinweis: …“konnte Hintergrund nicht weichzeichnen“. Also erledigen wir das doch lieber in Photoshop.
Ebenso die Einstellung „fließendes Wasser“. Da wird dann natürlich etwas länger belichtet. Aber nicht wirklich lang genug. Es fließt nur andeutungsweise.
Bei Nachtaufnahmen (die Casio auf einem kleinen Stativ) gerät sie ganz schnell an ihre Grenzen. Da war dann von 20 Shots vielleicht einer oder zwei einigermaßen brauchbar.
Und der Verwacklungsschutz: Na ja, der beste Schutz ist immer noch eine ruhige Hand.
Fazit
Doch, ja: Eine praktische Immer-Dabei-Kamera. Den meisten Schnappschuss-Situationen locker gewachsen. Gute bis sehr gute Bildqualität – was sich daran zeigte, dass ich kaum Zeit für die „Postproduction“ mit Photoshop aufwenden musste (Kontrast und Farben optimieren, nachschärfen…). Da kann so eine kleine Digicam heute mit doppelt so teuren Einsteiger-SLRs mithalten.
Fazit 2.0
Eigentlich fotografiere ich fast nur noch mit dem iPhone (und mit einer älteren Olympus-SLR). Das Apple-Teil hat zwar zum Beispiel kein Zoom, doch es hat: Apps! Ich kann gleich im Gerät beschneiden, bearbeiten, optimieren – oder auch mit allen möglichen Filtern und Effekten herumspielen (was sich allerdings auch irgendwann abnutzt). Und: Das iPhone kann kommunizieren. Fotos auf Facebook und Twitter laden, per Instagram fotografieren, usw. Das iPhone ist meine schnelle Klick-Schaut-Mal-Her-Maschine.
Sowas kann die Casio alles nicht. Dafür werde ich sie dann auf der nächsten Auslandsreise zu schätzen wissen, wenn sich das Fotos-ins-Internet-Spiel wegen der immer noch horrenden Roamingkosten im Ausland verbietet. Warum spendieren die Casio-Leute ihren kleinen Exilims also kein Wlan und keine Fotobearbeitungs-Apps? Damit könnten sie gegenüber den Smartphones (und teureren Point-and-Shoot-Modellen gewaltig aufholen.