Es gibt meines Wissens nicht viele Bücher, die sich mit dem Krieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak befassen. “Im toten Winkel” ist eines davon. Walter Dean Myers schreibt ein Quasi-Tagebuch eines jungen Soldaten, der im Irakkrieg ist und der “Civil Affairs” angehört, die Vertrauen schaffen soll. Ein relativ vergebliches Unterfangen.
Cover "Im toten Winkel"
Dieses Buch habe ich bei der Leipziger Buchmesse im Frühjahr erstanden; es dürfte also noch sehr frisch sein. Nicht so frisch und nicht so bedeutend ist jedoch der Inhalt. Mich hat es permanent an die typischen Hollywood-Filme erinnert, die sich zwar kritisch mit dem Vietnamkrieg auseinander setzen aber letztendlich dann doch nichts anderes sagen als: “unsere Jungs da drüben machen einen guten Job”.
In der US-Army gibt es Spezialeinheiten, deren Aufgabe darin bestehen soll, während und nach den Kampfhandlungen das Vertrauen der (angegriffenen) Bevölkerung zu erlangen und diese zu überzeugen, wie großartig es sei, die Demokratie mit Gewalt aufgehalst zu bekommen. Die Soldaten und Soldatinnen sind davon überzeugt, dass das gelingen wird – werden jedoch im Laufe der Zeit von der Realität eingeholt: es ist unmöglich in einem Krieg den Opfern ihr Leid mit Geld aufzuwiegen. Und es ist noch unmöglicher, einen Bürgerkrieg zu verhindern wenn man keine Ahnung hat, wer warum gegen wen kämpft; wenn sich die Fronten tagtäglich verschieben und verändern.
Das erkennt Myers auch ganz richtig. Er schreibt, dass das durch den Sturz Saddam Hussein entstandene Machtvakuum von mehreren Gruppen, Gruppierungen, Clans und politisch Handelnden gefüllt werden wollte die sich alle gegenseitig bis aufs Messer bekämpften. Die “Koalitionstruppen” waren von dieser Situation völlig überfordert (und sie scheinen es ja bis heute zu sein, denn der Bürgerkrieg im Irak ist bis heute nicht beendet – nur wird er inzwischen auch von westlicher Seite aus von Privatarmeen und Söldnern ausgefochten).
Der tagebuchschreibende junge Soldat Robin Perry, den alle nur “Birdy” nennen, sieht sich immer deutlicher in genau diesen unerklärten und unerklärlichen Krieg verstrickt. Und – ganz Hollywood-like – wird er am Ende des Buches während einer Nacht-und-Nebel-Aktion (man kann das auch Himmelfahrtskommando nennen) verletzt und entkommt so diesem Krieg.
Es ist ein Jugendbuch – zumindest als solches deklariert – und kann deshalb vermutlich nicht mit wirklich brutalen, abstoßenden Szenen aufwarten. Aber trotzdem ist es mir zu unpersönlich. Obwohl “Birdy” einige grässliche Dinge erleben muss, wird die psychologische Belastung nur angedeutet. Es beschreibt vor allem, geht aber selten in die Tiefe. Allerdings kann das auch vom Autoren bewusst so gehandhabt worden sein. Denn es gibt eine Szene, in der der Hauptheld sich genau darüber beklagt, dass er nie mit den anderen sprach und so nichts wusste über einen Mitsoldaten, der bei einem Attentat ums Leben kam.
Die Sprache des Buches ist einfach und eingängig. Es liest sich flüssig und schnell (ich habe knapp sechs Stunden benötigt) und kann schon in den Bann ziehen. Aber das konnte der Film “Platoon” auch – an den das Buch auf jeden Fall eher erinnert als an die dämlichen Rambo-Schinken.
Nic
Walter Dean Myers – Im toten Winkel, Tagebuch eines jungen US-Soldaten – Bastei Lübbe (Baumhaus Taschenbuch); 1. Auflage – ISBN: 3843200599 – 7,99 Euro