Im bayerischen Spessart führt Greenpeace derzeit eine Medienkampagne gegen die dort seit Generationen stattfindende nachhaltige Waldbewirtschaftung. Die Umweltaktivisten fordern einen sofortigen Einschlagstopp für alte Buchen- und Laubwälder in öffentlichem Besitz. Für Lars Schmidt, studierter Forstmann und Vizepräsident beim Bundesverband Säge- und Holzindustrie Deutschland (BSHD), ist dies purer Aktionismus auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger. „Ein Einschlagstopp bringt keine Vorteile – nicht einmal für die Natur“, sagt Schmidt. Im Gegenteil: Die Region sei auf die Wälder des Spessarts als Rohstoffquelle angewiesen und schaffe durch die Bewirtschaftung sogar eine höhere Artenvielfalt. Jochen Winning, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Verband der Holzwirtschaft und Kunststoffverarbeitung Bayern/Thüringen (VHKBT), bestätigt: „Die Region lebt vom Holz – und das schon seit Jahrhunderten. Durch eine sensible und generationenübergreifende Bewirtschaftung des Spessarts sorgen die vielen Menschen, die in den Betrieben der Forst- und Holzwirtschaft arbeiten
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Quelle: www.holzwurm-page.de">, tagtäglich für die notwendige Verjüngung des Waldes und eine vielfältige Baumartenzusammensetzung.“ Studien belegen: Gerade die vom Menschen geprägten Kulturlandschaften, zu denen auch die Wirtschaftswälder zählen, leisten einen großen Beitrag zum Klima- und Artenschutz. Warum ein Einschlagstopp in den Wäldern des Spessarts keinen Sinn macht und was für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung als aktivste und effizienteste Form des Natur- und Umweltschutzes spricht, zeigen folgende Argumente:
Der Wirtschaftswald ist artenreicher
Der direkte Vergleich zwischen Wirtschaftswald und stillgelegten Waldflächen zeigt: In einem nachhaltig und naturnah bewirtschafteten Wald ist die durchschnittliche Anzahl der Tier- und Pflanzenarten deutlich höher als auf einer vergleichbaren stillgelegten Fläche. „Die Frage ‚entweder Naturschutz oder Waldwirtschaft’ stellt sich daher nicht, unser Ziel ist vielmehr ‚Natur- und Artenschutz durch Waldwirtschaft’“, so Bernhard Nätscher, Waldbesitzer aus Lohr am Main.
Holznutzung ist gut fürs Klima
Jedes Holzprodukt bindet das klimaschädliche CO2 in Form von Kohlenstoff (C) über seine gesamte Lebensdauer. Zudem können energieintensive Baustoffe wie Stahl oder Beton durch den nachwachsenden Rohstoff Holz ersetzt werden, was zusätzlich den CO2-Ausstoß reduziert. Wissenschaftler des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI) haben berechnet, dass die Deutschen durch die Verwendung des Bau- und Werkstoffs Holz im vergangenen Jahr rund 75 Millionen Tonnen CO2 einsparten. Durch die energetische Verwertung kamen weitere 30 Millionen Tonnen hinzu. Insgesamt entsprechen diese Einsparungen in einer Gesamthöhe von 105 Millionen Tonnen 13 Prozent der gesamten 2011 getätigten Treibhausgasemissionen in der Bundesrepublik. Ein großflächiger Nutzungsverzicht von Wäldern wäre daher paradox: „Denn je weniger Holz aus nachhaltiger und naturnaher Waldwirtschaft genutzt wird, umso weniger wird auch zum Klimaschutz beigetragen“, erklärt Wolfram Vorndran, Geschäftsführer der Vorndran Holzwerke aus Oberleichtersbach. Das 1919 gegründete Traditionsunternehmen wäre von dem von Greenpeace geforderten Einschlagstopp unmittelbar betroffen. Vorndran verarbeitet Laubholz, das direkt aus dem benachbarten Spessart kommt.
Wald- und Holzwirtschaft schafft Arbeitsplätze und stärkt die Region
Mehr als eine Million Menschen leben heute deutschlandweit direkt von der Waldbewirtschaftung und Holzverarbeitung: Waldbesitzer, Waldarbeiter, Förster, Säger, Holzhändler, Holzverarbeiter, Papierhersteller, Tischler, Schreiner und Zimmerer. Laubholz stehe dabei vor allem für umweltbewusste und nachhaltige Hightechprodukte, die zunehmend Materialien wie Stahl und Beton ersetzen könnten, wie Jan Hassan, Marketingleiter bei der Pollmeier Massivholz GmbH, berichtet. Das Sägeunternehmen mit Niederlassung in Aschaffenburg beschäftigt 600 Menschen. „Ein Einschlagstopp hätte zur Folge, dass wir Holz aus weiter entfernt liegenden Regionen oder sogar aus dem Ausland beziehen müssten. Die längeren Transportwege würden zu Lasten von Umwelt und Klima gehen“, erklärt Hassan. Zusätzlich würden volkswirtschaftliche Erfahrungswerte gegen einen Einschlagstopp im Spessart sprechen: Erbringt die bewirtschaftete Waldfläche hohe Einnahmen für die Region, so belasten stillgelegte Waldflächen den Landeshaushalt mit einem hohen Zuschussbedarf.
Deutschland braucht den Rohstoff Holz
Untersuchungen zeigen: Holz wird zunehmend knapp. Dies liegt laut den Forst-Experten jedoch nicht daran, dass der deutsche Wald bedroht sei. Im Gegenteil: Die Waldfläche, und damit der Holzvorrat, sowie die Artenvielfalt seien in den letzten Jahrzehnten gewachsen. Alleine im Spessart stiegen sowohl die Buchenwaldfläche als auch die Menge an vorrätigem Holz in den letzten zehn Jahren nachweislich an. Auch das Totholz, ein Lebensraum für viele Kleintierarten und Pilze, verzeichnet stetigen Zuwachs. „Von einer Übernutzung der Wälder, vor allem der Laubwälder, kann deshalb keine Rede sein“, so Winning und Schmidt. Der Grund für die zunehmende Holzverknappung: Viele Buchenstämme fließen direkt in den Rundholzexport oder werden sofort als Brennholz verheizt, bevor die heimische Holzindustrie die Stämme verarbeiten kann. „Die zunehmenden Exporte sind ein echtes Problem“, sagt Lars Schmidt und begrüßt, dass Greenpeace sich dieses Themas annimmt. Überzogene Naturschutzauflagen, wie die Forderung nach einem sofortigen Einschlagsstopp oder großen Flächenstilllegungen durch Nationalparks, dürften daher nicht zu weiteren Nutzungseinschränkungen führen. „Fehlende Holzmengen müsste durch zusätzliche Importe ausgeglichen werden, obwohl der Rohstoff vor der Tür wächst“, sagt Schmidt. Er befürchtet durch längere Transportwege höhere Umweltbelastungen und illegalen Holzeinschlag in ausländischen Wäldern, in denen keine entsprechenden Umweltstandards gelten. Vor diesem Hintergrund und der steigenden Nachfrage nach Holz seien weitere Nutzungsausfälle, die durch den von Greenpeace im Spessart geforderten Einschlagstopp eintreten würden, ökonomisch und ökologisch nicht vertretbar.