Endlich wird von höchster Stelle bestätigt, was vielen schon lange schwant und manchen Gewissheit ist: Fortschritte bei der menschlichen Entwicklung sind auch ohne rasches Wirtschaftswachstum möglich – und starkes Wachstum führt nicht unbedingt zu besseren Entwicklungsbedingungen für die Menschen. Dies macht der neueste Bericht der Vereinten Nationen zur menschlichen Entwicklung klar: “Eines der überraschendsten Ergebnisse der Forschung zu menschlicher Entwicklung in jüngster Zeit ist die fehlende signifikante Korrelation zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Verbesserungen im Gesundheits- und Bildungsbereich.”[1]
Auch demokratische Teilhabe und gerechte Verteilung sind ohne grosses Wirtschaftswachstum möglich, und die grössten Entwicklungsfortschritte geschehen mitunter in Ländern ohne rasantem Wirtschaftswachstum, zum Beispiel in Nepal und Tunesien, wobei Entwicklung anhand des Human Development Index (HDI) abgebildet wird, der die Lebensqualität des Menschen umfassender wiedergibt als etwa das Bruttoinlandprodukt, das zum Beispiel die Weltbank beim Ländervergleich verwendet.
Der Human Development Index widerspiegelt neben wirtschaftlichen Faktoren auch solche der Lebenserwartung und des Bildungsgrades. Neu sollen auch Ungleichheiten in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Einkommen in den Index einfliessen, denn Durchschnittswerte sind gerade in diesen Zeiten der sich öffnenden Einkommensschere oft trügerisch.
Womöglich trägt die Entzauberung des Wirtschaftswachstums als Entwicklungsmotor dazu bei, vermehrt den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, gerade im Wirtschaftlichen, was ja durchaus ein Gebot der Logik und der Vernunft wäre.
Man wird ja wohl noch träumen dürfen …
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Fussnote:
[1] Kurzfassung des Human Development Report in deutscher Übersetzung, S. 14. (PDF, 3,5 MB)
Weiterführende Links:
- UN-Bericht übrer die menschliche Entwicklung 2010 in Deutsch (Gesamttext, Kurzfassung, Erläuterungen)
- Umfangreiche und hervorragende Textsammlung zu Wachstumskritik und Alternativen auf Attac.de
- Siehe auch: Walter B, Wirtschaftswachstum: Dogma und Wahn
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