Vypin Island – Das zerbrechliche Paradies

Von Walter

Die letzten Tage in Südindien: Träge ziehen sie dahin, ausgebremst von der feuchten Hitze, die du nur im Schatten erträgst und mit einem kleinen Lüftchen. Ohne Ventilator an der Decke oder eine Meeresbrise beginnst du zu glühen, läufst aus, verschmachtest. Nun kann ich nachempfinden, dass sich die Einheimischen vor der Sonne schützen, als wäre sie ihr Feind, und während der heissesten Zeit in die Häuser zurückziehen. Manche dieser Häuser sind stattlich, gleichen kleinen Palästen. Kommst du aber hinein, meinst du eine Höhle zu betreten und siehst so lange nichts, bis sich die Augen an die träge Dunkelheit gewöhnt haben. Alles ist schwer und düster, alles will deine Bewegungen hemmen, alles ist pure Lethargie. Schwere Vorhänge bannen jeden Sonnenstrahl. 

In den einfacheren Häusern und Hütten gibt es keine Vorhänge – weil es keine Fenster gibt. Manche sind leidlich aus geflochtenen Palmblättern und blauen Plastikplanen zusammengezimmert, andere haben zumindest Seitenmauern. Doch auch die schützen nur dürftig vor dem Wasser, das vielenorts hervorquillt und der Schönheit, die dieser Landschaft auf den ersten Blick eigen ist, etwas Herbes, ja Bedrohliches verleiht. 

Bei näherem Hinschauen entpuppt sich Vypin Island als zerbrechliches Paradies. Es ist vom steigenden Wasser bedroht. Das Wasser ist überall und lässt sich nicht so leicht wie die Sonne verbannen. Das Meer nagt am Strand, frisst sich näher. Seit dem Tsunami vor zehn Jahren wurde, um das Innere der Insel zu schützen, entlang des Strands eine nicht allzu hohen Mauer aus Granitquadern gebaut. Trotzdem wird manchenorts bei hohem Wellengang Sand und angespülter Plastikmüll – zur Hauptsache Plastiksäcke und Schuhsohlen – über die Mauer verfrachtet. Hinzu kommen die unzähligen Wasserläufe, die Kanälchen und offenen Flächen der Backwaters, die hinterrücks die Insel belecken. Auch deren Wasserspiegel kann ansteigen und die Aufschüttungen unterspülen, über welche Wege und teils befahrbare Strässchen führen. Manche dieser Strässchen sind von der Feuchte angefressen und bald nicht mehr befahrbar. 

((Hier hätte ich einige bezaubernde Bilder auf Lager. Doch die schwache Verbindung zum Internet verunmöglicht es, Bilder hochzuladen.))


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