vulve multiforme - première partie

Das Thema "Frau" wird immer wichtiger - wobei es doch gar keines sein sollte. "Frau" ist doch kein Thema, sondern einfach ein Mensch. Wie jeder andere auch. Doch das ist in vielen Köpfen leider immer noch nicht angekommen - und genau aus diesem Grund wird es zur Pflicht, dieses unnormal Normale immer wieder zu thematisieren. Wir machen das natürlich auf unsere Art und was wäre dafür besser geeignet, als den Ausdruck in einem Paperdress zu suchen und zu 
ver-körpern.


vulve multiforme - première partie

© Tobias Binderberger



Wobei "Paper" diesmal nicht der primäre Werkstoff ist, mit dem hier gearbeitet wurde. Vielmehr haben wir uns einem Materialmix bedient, der Weiches, Hartes, Rundes und Kantiges verbindet. Eine Fusion verschiedenster Zustände also, die eine Vielgestaltigkeit ausdrücken, die jenseits einer Norm liegt - genau so, wie das bezogen auf den weiblichen Körper auch sein sollte. Normen waren gestern, die Schönheit der Vielfalt ist die Zukunft. 

vulve multiforme - première partie

© Tobias Binderberger

Die Lasercuts sind auf der Basis von Finnpappe hergestellt, die ja irgendwie auch Papier ist, nur eben stabiler und für Laserschnitt-Arbeiten bestens geeignet. Auf diese Objekte wurden anschließend die Perlen von Hand aufgenäht, um mehr Räumlichkeit zu erlangen und dem matten Finish der Finnpappe ein wenig Glanz zu verleihen. Präsentiert wird das Ganze auf einer Latexvulva, die mit Hilfe einer Vulva-Abformung entstanden ist. Und die wiederum sitzt auf einer Pappmaché-Maske, die alles auf dem Gesicht in Position hält. Ein ganz schön vielschichtiges Teil also. 

vulve multiforme - première partie

© Tobias Binderberger


Aber Moment - Vulva....? Ja, Du hast schon richtig gelesen. Während wir hier so miteinander kommunizieren und solche Begriffe aussprechen, formiert sich automatisch schon allein dadurch ein grundlegendes Problem der feministischen Debatte. Oft wird nämlich das, was wir hier abgegossen haben, als "Vagina" bezeichnet, was leider vollkommen daneben liegt - im wahrsten Sinne. Die Vagina ist nämlich all das, was am weiblichen Geschlechtsorgan nicht sichtbar ist. Also alles Innenliegende. Die Vulva dagegen kann man auch als äußeres Geschlechtsorgan bezeichnen, mitsamt der inneren und äußeren Vulvalippen, der Klitoris, dem Venushügel und dem Scheidenvorhof. Und gleich noch was Feministisches niedergeschrieben - wir sagen nämlich "Vulvalippen" und nicht "Schamlippen", wie das sonst so üblich ist. Als schambehafteter Bereich hat die Vulva lange genug gegolten. Mehr Sichtbarkeit ist die Devise, die wir auch mit unserer Maske unterstützen wollen. Das weibliche Geschlecht muss zu einer Normalität finden, die es möglich macht, darüber zu sprechen, ohne zu sexualisieren, zu kategorisieren oder irgendwelche Rechte und Pflichten daraus abzuleiten. Die konkurrierenden Begriffe "Vagina" und "Vulva" verkörpern eine soziale Krise, die viel Leid und Leidenschaft verbirgt. Und wir werden nicht müde, daran zu erinnern. Darum wird diese Arbeit nicht die letzte in diesem Bereich sein.

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