So ein Elternabend ist schon ein seltsames Ding.
Da gibt es die Gruppe derjenigen, die aus höflichem Interesse teilnehmen, weil es sowieso nichts zu besprechen gibt. Dazu gehöre ich. Probleme, die ich mit der Schule habe, bespreche ich allermeist sofort und mit der betreffenden Person. Wenn das nichts hilft und es meiner Meinung nach doch wichtig wäre, dies zu klären, geht es eine Stufe weiter, aber das ist bisher erst ein einziges Mal vorgekommen, und das war noch zu Kindergartenzeiten.
Andererseits finde ich es gut zu hören, auf welchem Stand die Klasse ist, wie die Meinung der Lehrerin zum weiteren Ablauf ist, allgemeines Feedback zu bekommen, was sich noch verbessern könnte, sollte, müsste, und auch, welcher Schwerpunkt gerade im Visier ist, und also gehe ich eigentlich gerne zum Elternabend, wenn es denn irgendwie möglich ist.
Dann gibt es die Gruppe der wirklich engagierten Eltern. Da würde ich gerne dazugehören, allein, mir fehlt die Kraft. Die wollen helfen, zusammenarbeiten, kooperieren, weil sie ein gutes Verhältnis wünschen und Freude an der Sache haben.
Den übereifrig agierenden Eltern unterstelle ich entweder eine Art permanentes Schwanzwedeln (“Seht her, wir sind eine nette Familie, bitte gebt meinem Kind gute Noten!”) oder fehlende Gelegenheiten, sich zu profilieren.
Während ich also in der hintersten Bank saß und Skizzen für das nächste Projekt auf’s Papier warf, was mir half, mich zu entemotionalisieren, identifizierte ich den Keim des Klofraugedanken. Der Keim hatte die Gestalt einer schnicken, wahnsinnig selbstbewussten Mutter, die ich dem ersten Anschein nach dem Persönlichkeitstypus “vorwärtsstrebend, Bulldozer, sachorientiert, no-team-player” zuordnen würde. Es gibt eben Menschen, die ihre Meinungen derart überzeugt ausstoßen, dass der Tonfall die Argumente ersetzt – und niemand merkt es.
Solche Menschen, zumal sie einen Doktortitel tragen, schön anzusehen sind und nach Geld aussehen, sind geniale Verkäufer, Hochstapler oder Elternsprecher, und sie werden getragen von einer Masse an müden Müttern und Mitläufern, die froh sind, dass jemand anderes die Zügel in die Hand nimmt.
Und jetzt, liebe Frau Solanum? Abnicken und zustimmen? Eine kleine Rede für die Vollversammlung schreiben? Ein Plädoyer für die Akzeptanz gewisser Verunreinungen, für die Selbstverantwortung, für die gemeinschaftliche Pflege der gemeinsam genutzten Notdurft-Kabinen? Ein Plädoyer als Signal gegen die Jemand-anders-räumt-schon-hinter-dir-auf-Mentalität? Für Gemeinschaftssinn?
Die Vollversammlung findet im März statt. Sollte es da wirklich eine Abstimmung geben, muss ich mich wohl doch – und vorher – zu Wort melden. Grmpf.