Vorurteile über Hausfrauen: „Du bist doch den ganzen Tag daheim!“

Von Duunddeinkind

Ich stelle mir gerade vor, wie einige von euch vor dem Rechner oder mit dem Handy in der Hand auf dem Sofa sitzen, diesen Satz lesen, die Augenbrauen hochziehen und nickend zustimmen. Vielen von euch sind solche Vorurteile bestimmt schon zu Ohren gekommen, oder?

Mir war bis vor kurzem kaum bewusst, dass es anderen Müttern ähnlich ergeht. Erst als ich mich mit einer Bekannten traf und sie hörte wie ich zu Mini-Me´s Papa sagte, dass ich es noch nicht geschafft hatte aufzuräumen (und mich irgendwie auch dafür rechtfertigte), sagte sie mir, dass es ihr oft ähnlich erginge.

Ich für meinen Teil habe manchmal mit Vorurteilen zu kämpfen, welche die täglichen Dinge, unseren Tagesablauf und die Dinge die ich mit meinem Kind tue, angehen. Und nicht nur von Mini-Me´s Papa kommen solche Vorwürfe, sondern auch von fremden Menschen.

„Was? Sie haben nur ein Kind und sind überfordert?“

Als ich diesen Satz hörte, war das Gespräch für mich damit auch schon fast beendet. Denn gerade Themen wie „Ein Kind ist kein Kind“ oder irgendwelche „Mütterbattle“, a la wer es schwerer hat, führen zu Uneinigkeiten und Streit.

Jeder empfindet seine Situation eben anders. Und oft kennt man die jeweils andere Situation doch gar nicht genau. Nur weil ich eine Frau mit nur einem Kind sehe (oder vielleicht sogar besser kenne), weiß ich in den meisten Fällen doch trotzdem nicht, ob es die Frau „einfach“ hat.
Vielleicht hat sie keine Familie oder ihr Mann ist fremdgegangen. Vielleicht hat sie eine Angsterkrankung, ist depressiv, hat hohe Schulden geerbt, einen Freund verloren, ein Trauma, ist ihr Kind krank geworden,…
Ich könnte die Liste noch unzählig weiter schreiben. Ich glaube ihr wisst aber was ich damit sagen möchte.

Wieso urteilen wir also oft vorschnell über andere?

Ich möchte mich da auch gar nicht enthalten. Ich urteile leider oft auch vorschnell oder denke mir, wie einfach oder gut es andere Leute doch haben. Sei es die „Schwägerin“, die ihre Kinder allezeit betreut weiß, finanziell sehr gut da steht, viele Freunde hat und einfach einen guten Start ins Leben hatte. Doch auch wenn es von außen so aussieht, als hätte sie fast alles was man zum glücklichsein braucht, weiß ich nicht, wie es innen in ihr aussieht.

Oder die Nachbarin, bei der es ausschaut als würde sie super alles unter einen Hut bekommen. Kinder, Ehe, Haushalt,… Doch auch hier weiß ich nicht wie es wirklich in ihr aussieht. Ist sie wirklich zufrieden oder gar glücklich?
All das kann ich nicht sicher beurteilen. Leider maßen wir Menschen uns trotzdem immer und immer wieder solche Dinge an.

Der erste Schritt dem entgegen zu treten, ist sich seiner Schwäche bewusst zu werden/sein.

Und zwar auch in Bezug darauf, dass ich die Menschen nicht verurteile, dich mich verurteilen.
Ich habe mich nämlich auch schon dabei erwischt, wie ich Mini-Me´s Papa verurteile, weil er mich verurteilt. „Du bist den ganzen Tag daheim,…“, schallt es aus seinem Mund. Und in meinen Gedanken schreie ich ihm zu, dass er doch gar keine Ahnung hat. Das er den ganzen Tag im Büro sitzt und seine „Ruhe“ hat. Das ich zuhause sitze, allein mit Kind und er seine Kollegen hat. Ich werde wütend und traurig. Wie kann er denken, dass ich nichts mache? Sieht er nicht wie es mir geht? Wie der Tag oder die Nacht war? Was mich bedrückt?

Doch er kann es nicht wissen, denn er war niemals auch nur einen Tag alleine mit unserem Sohn. Er hat schlicht und ergreifend keine Ahnung wie es ist. Unwissenheit gepaart mit Unzufriedenheit schüren Vorurteile.

Doch auch ich habe Vorurteile.

Ich weiß nämlich nicht wie sein Tag war. Ja, es stimmt vielleicht, dass er Kollegen um sich herum hatte und Spaß hatte, dass er eben nicht allein war. Doch ich weiß nicht, ob es ihm nicht vielleicht auch zu viel war. Ich weiß nicht, ob das Arbeitspensum überfordernd war oder nicht, ob der Kunde anstrengend war, er Kopfschmerzen hatte oder ob es sonst Probleme gab.

Natürlich gibt es aber auch viele Vorurteile über Hausfrauen. Faul, Arbeitsscheu und mit Geld gesegnet, sind nur drei davon. Ich denke, Vorurteile gibt es seit Menschengedenken und wird es bestimmt auch immer geben, doch wenn jeder bei sich anfängt und versucht den anderen mit Liebe und nicht mit Hass zu sehen, dann können wir viel tun, um einige Vorurteile zu entkräften. Hass schürt Hass. Sonst nichts. Und oftmals ist es die reine Unwissenheit (gepaart mit Unzufriedenheit), die Vorurteile schürt.

Ich wünsche euch Kraft und Liebe, um über allen Vorurteilen zu stehen, und tolle Menschen um euch herum, die euch mit dem Herzen sehen.

Alles Liebe
Nina