Das Fragerecht des Arbeitgebers in Vorstellungsgespräche war schon immer ein Thema, mit welchem sich die Arbeitsgerichte intensiv beschäftigt haben.
AGG und Rechtsprechung
Hierzu gibt es umfangreiche Rechtsprechung. Hinzu gekommen ist darüber hinaus das AGG (allgemeine Gleichbehandlungsgesetz), welches gesetzliche sanktionierte Diskriminierungsverbote enthält.
Recht zur Lüge bei unberechtigten Fragen
Der Arbeitnehmer hat bei unberechtigten Fragen ein Recht zur Lüge, da er ansonsten durch die Nichtbeantwortung der Frage sich der Gefahr aussetzt, dass er allein deshalb aus dem Bewerbungsverfahren ausscheidet.
Schadenersatzansprüche nach dem AGG
Wird der Arbeitnehmer abgelehnt, z.B. weil er eine unberechtigte Frage wahrheitsgemäß beantwortet hat und handelt es sich dabei um eine unzulässige Benachteiligung nach dem AGG.
Anfechtungsrecht des Arbeitgeber
Handelt es sich aber um eine zulässige Frage und ist die wahrheitsgemäßge Beantwortung dieser Frage von entscheidender Bedeutung für den Arbeitgeber, hat der Arbeitgeber eine Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung, falls der Arbeitnehmer die Frage bewusst wahrheitswidrig beantwortet (z.B. der angehende Truckfahrer wird nach einer Fahrerlaubnis für Lkw gefragt und lügt hier).
Fragen nach dem Gesundheitszustand und Krankheiten des Arbeitnehmers
In Bezug auf möglichliche Krankheiten und dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmer steht dem potenziellen ArbG nur ein eingeschränktes Fragerecht im Bewerbungsgespräch zu. Dies allein schon deshalb, da hier die Intimsphäre des Arbeitnehmers betroffen ist.
Gefahr für Betrieb oder Mitarbeiter
Erlaub sind Fragen allenfalls nur dann, wenn diese für den Betrieb und für die übrigen Arbeitnehmer von wichtigen Interesse sind. Die Krankheit- nach der gefragt wird – muss (wenn diese vom wichtigen betrieblichen Interesse ist) mit der konkret zu besetzenden Stelle im Zusammenhang stehen. Dies können z.B. aktuell ansteckende Krankheiten sein, wie z.B. TBC.
Arbeitsunfähigkeit oder erhebliche Leistungseinschränkung
Zu beachten ist auch, dass wenn die Erkrankung eine potenzielle und kurzfristig auftretende Arbeitsunfähigkeit mit sich bringt oder den Arbeitnehmer grundsätzlich von der Eignung für die Arbeitsstelle ausschließt, der Arbeitgeber hier ein Fragerecht hat.
Dies kann z.B. bei chronischen Erkrankungen, wie Diabetes, wenn diese zu einer messbar (nicht unerheblich) geringeren Leistungsfähigkeit im Vergleich zu einem gesunden ArbN führen.
Gefahr für Kunden bei Berufsausübung
Auch die Gefährdung von Kunden kann ein Fragerecht z.B. in Gefahrenberufen wie Busfahrer, Lokomotivführer oder Pilot herbeiführen. So kann ein Pilot zum Beispiel danach gefragt werden, ob er unter Epilepsie leidet.
Fragen nach HIV
Eine Frage nach HIV dürfte nur in seltenen Ausnahmefälle zulässig sein (Gefährdungslage).
Der Bewerber hat ein Recht zur Lüge im Hinblick auf Krankheiten.
RA A. Martin