Vorsorgen für die Welt von morgen

Was können wir tun, damit die Welt von morgen unseren Kindern ausreichende Lebensgrundlagen bietet? Mit welchen technischen Lösungen kann die Wissenschaft dazu beitragen? Und wie bringt man Menschen dazu, ihr Konsumverhalten und ihre Mobilitätsgewohnheiten zu ändern? Wie können wir uns an die Folgen des Klimawandels anpassen? Dies sind nur einige der Fragen, mit denen sich an der Goethe-Universität Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen beschäftigen. Im vergangenen Sommersemester sind sie bei der 3. Frankfurter Bürger-Universität mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen. Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ greift die Themen der Vorlesungsreihe zur Nachhaltigkeit für eine breitere Öffentlichkeit auf und ergänzt sie durch Beiträge aus anderen Fachgebieten.

„Wegen der Zeitverzögerungen der im Klimasystem wirksamen Prozesse ist ein gewisser anthropogener – neben dem natürlichen – Klimawandel nicht mehr zu verhindern. Wir kommen um Anpassungsmaßnahmen nicht herum“, so das Fazit von Klimaforscher Prof. Christian Schönwiese. Wie gut wir den Klimawandel inzwischen verstehen, zeigte sich, als er natürliche und anthropogene Einflüsse und deren Temperaturwirkung in ein neuronales Netz-Modell steckte. Je nach Variante ließen sich bis zu 88 Prozent der in der Vergangenheit beobachteten Temperaturvariationen erklären.
Im Projekt „Wald der Zukunft“ testen Forscher schon jetzt Anpassungsmaßnahmen für die deutschen Wälder. Da die heimischen Laubbäume unter der Häufung trockener Sommer leiden, untersucht die Gruppe von Prof. Wolfgang Brüggemann, ob Eichen-Arten aus Südeuropa bei uns heimisch werden können. Mit entscheidend ist, ob sie unsere kalten Winter ertragen. Erste Ergebnisse präsentiert Vera Holland, die für ihre Diplomarbeit zu diesem Thema mit dem Procter & Gamble Nachhaltigkeitspreis 2010 ausgezeichnet wurde.

Auf Pflanzen sind sie klein, unscheinbar und leicht verwechselbar. Den Betrachter betören sie beim Blick ins Mikroskop durch wunderschön geformte Sporenträger. Doch Oomyceten, die lange Zeit mit Pilzen verwechselt wurden, können als Pflanzenschädlinge beträchtlichen landwirtschaftlichen Schaden anrichten: So entvölkerte im 19. Jahrhundert der Erreger der Kartoffelfäule, der Oomycet Phytophthora infestans, halb Irland. Prof. Marco Thines hat sich darauf spezialisiert, die einzelnen Oomyceten-Arten zu unterscheiden und ihre Wirtspflanzen zu kennen. Dies ist eine Voraussetzung dafür, ihre Verbreitung zu kontrollieren. Denn auch in Europa könnten exotische Arten aufgrund der Erderwärmung heimisch werden – mit erwünschten und unerwünschten Folgen.

Erneuerbare Energien finden wir in ausreichender Menge vor allem an Stellen mit mangelnder Infrastruktur. Es gibt demnach kein Energieproblem, so der Chemiker Prof. Nobert Auner, sondern vielmehr ein Problem der Energiespeicherung und des Transportes. Die Lösung: Polysilane aus Wüstensand. Sie sind nicht nur günstige Ausgangsmaterialien für eine effiziente Photovoltaik, sondern auch nahezu ideale Wasserstoffspeicher für Antriebsmotoren und Brennstoffzellen.

Dass unser Lebensstil die Ressourcen über alle Maßen beansprucht, ist uns durchaus bewusst. Doch nur eine Minderheit ist bereit, ihr Konsumverhalten nachhaltig zu ändern. Wie lässt sich dieser Widerspruch zwischen Wissen um den eigenen Ressourcenverbrauch und Sorge um die Umwelt einerseits und wenig nachhaltigem Konsumverhalten andererseits erklären? Die Frankfurter Soziologin Prof. Birgit Blättel-Mink betrachtet unterschiedliche soziokulturelle Milieus, die jeweils einem idealtypischen Lebensstil zugeordnet werden, in Bezug auf ihr Umweltbewusstsein und -verhalten.
„Postmaterielle“ – gut ausgebildete und beruflich abgesicherter, einkommensstarke Personen – und „Moderne Performer“ – in der Regel jünger als 30 Jahre, sehr gut ausgebildet mit hohem Einkommen – konsumieren zwar oft bewusster und kaufen häufiger umweltgerechte Produkte, belasten aber mit ihrem Lebensstil die Umwelt und zeigen kaum Neigung, auf große Autos oder Fernreisen verzichten zu wollen. Studien belegen, dass Menschen mit einem mittleren bis hohen Umweltbewusstsein in sogenannten „low-cost“-Bereichen (wie Mülltrennung und energiesparendem Heizen) durchaus umweltbewusst agieren, aber nicht in „high-cost“-Situationen (wie beim Verzicht auf das eigene Auto).


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