Vorsicht, Teenager!

Von Kruemelmonsterag @kruemelAG

Es ist schon was länger her, dass meine weltbeste Beste mir diesen Artikel mit den Worten Das ist was für dich! unter die Nase gehalten hat. Wie recht sie doch hatte!

{aus der LISA Ausgabe 23/28.5.2013}

Nein, es handelt sich hierbei nicht um die Offenbarung, enthält kein Geheimrezept oder die Lösung aller Puberdinge, näää! Aber Alice Hölder von der Redaktion LISA erklärt in einfachen Worten – ganz unkompliziert, wie Pubertät funktioniert, und zeigt uns, wie einfach und entspannt mitunter der Umgang damit sein kann.

Neue Erkenntnisse, erstaunliche Fakten, hilfreiche Tipps – und warum Teenie-Lügen auch mal okay sind. Mit freundlicher Genehmigung darf ich den Text für euch im Blog zur Verfügung stellen und teilen – für alle, die den Artikel noch nicht kennen.

Mein herzlichster Dank geht an Alice aus der Redaktion. Wer mag, kann gerne auch mal den facebook-Auftritt vom LISA-Freundeskreis besuchen. Jetzt viel Spaß beim Lesen :)

Teenager in der Pubertät
>>> hochexplosiv <<<
>>> besserwisserisch <<<
>>> unkonzentriert <<<
>>> bocklos <<<

Gestern noch hatte man ein süßes, nettes Kind und heute sitzt da urplötzlich ein mauliges, unbeherrschtes Wesen mit am Tisch. Man könnte meinen, dass Außerirdische ihre Hand im Spiel hatten, weiß aber doch, dass es "nur" die Pubertät ist. Eine echte Herausforderung – die man aber gut meistern kann.

Strategie 1: Die aktuellen Fakten kennen
Mediziner und Hirnforscher verstehen immer besser, was in den Köpfen und Körpern Heranwachsender passiert. Eine echte Hilfe für geplagte Eltern, denn wer versteht was in einem pubertierenden Jugendlichen vor sich geht, kann mit seinem Verhalten besser umgehen.

Impulsiv, reizbar, risikofreudig
Man fragt sich: Warum reißen sich die kleinen "Aliens" nicht mehr zusammen? Die Antwort: Weil sie es nicht können! Mit Beginn der Pubertät sind sie nicht mehr in der Lage, ihre Emotionen zu kontrollieren und die Folgen ihres Handelns realistisch einzuschätzen. Der Grund dafür: Bei der Reifung des Gehirns ist das Areal, das impulsiv arbeitet, besonders früh fertig. Und der Teil, in dem Funktionen wie Planung und Impulskontrolle beheimatet sind, ist ziemlich lang eine Art Baustelle. Er ist sozusagen wegen Umbauarbeiten (oft) geschlossen.

Verquerer Schlafrhythmus
Am Abend wollen sie nicht ins Bett und morgens kommen sie nicht raus. Der Grund: Das Gehirn von Teenagern wird in der Pubertät komplett umstrukturiert, neue Nervenverbindungen bilden sich, alte werden aufgelöst. Während dieser Phase verspätet sich die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin um zwei Stunden im Vergleich zu vorher. Die Kids sind zu einer vernünftigen Zeit tatsächlich noch nicht müde.

Körperliche Entwicklung
Eine echte Flut von Hormonen sorgt dafür, dass sich der Körper ab etwa dem elften Lebensjahr entwickelt: vom Kind zur Frau oder zum Mann. Das ist äußerst verwirrend. Plötzlich hat man Haare, wo früher keine waren, die Brüste wachsen, der Stimmbruch setzt ein… Jede dieser Veränderungen wird höchst aufmerksam und meist total kritisch beobachtet. Es ist nicht einfach, sich mit diesem neuen Körper anzufreunden. Für Gedanken an Schule, die Gefühlslage der Eltern oder gar die Zukunft ist da kaum noch Platz.

Strategie 2: Verständnis entwickeln
Klar, wir wollen ja nur das Beste für unsere Kinder. Und überhaupt, wir hatten doch so ein gutes, inniges Verhältnis zu ihnen. Da kann es doch nicht normal sein, dass sie sich plötzlich abwenden, Eltern blöd und nervig finden und nicht mehr schmusen wollen. Doch, das ist normal. Das erkennt man unter anderem dann, wenn man sich an die eigene Pubertät erinnert.

Erste Liebe
Die erste Verliebtheit ist ein wirklicher Meilenstein. Alle anderen Gefühle – Wut, Traurigkeit, Angst – haben wir früher schon empfunden. Aber diese spezielle Sehnsucht nach einem anderen Menschen ist so anderes, dass sie einen Teenager total aus der Bahn werfen kann.

Große Unsicherheit
Wer bin ich? Was ist der Sinn des Lebens? Wo ist mein Weg? Wir alle haben uns als Teenager solche oder ähnliche Fragen gestellt und sie haben uns genauso verunsichert, wie sie unsere Kids heute verunsichern. Das Dumme ist: Wir können ihnen die Antworten nicht geben. Die müssen sie selbst herausfinden. Ein harter Job, der zu tiefen Krisen führen kann.

Ablösung
Die eigene Identität kann man nur entdecken, wenn man sich von den Eltern ab- und Gleichaltrigen zuwendet. Das mag verletzen, aber es ist normal und war bei uns auch nicht anders. Wir haben auch endlos mit Freundinnen tuscheln können, zu Hause aber den Mund phasenweise nur zum Maulen aufgemacht.

Strategie 3: Sich selbst schützen
Leider hat es Mutter Natur versäumt, einen biologischen Mechanismus einzubauen, der das Nervenkostüm gepeinigter Eltern während der Pubertät ihres Nachwuchses stärkt. Wir müssen uns selbst gegen diese Stürme wappnen – und können das auch. Zum Beispiel, indem wir kleine Perspektivwechsel einnehmen.

Zufriedenheit
Der Kinder- und Jugendpsychiater Ralph Dawirs sagt, dass Kinder, die in der Pubertät aus dem Ruder laufen, ein "Beweis" dafür sind, dass die Eltern in der Erziehung viel richtig gemacht haben. Warum? Weil sie ihrem Nachwuchs offenbar alles gegeben haben, was er braucht, um erfolgreich erwachsen zu werden und seinen eigenen Platz in der Welt zu erobern.

Das Gute sehen
Es ist so: Teenager schwindeln oft, dass sich die Balken biegen. Ein Skandal, den man nicht durchgehen lassen darf? Schlecht für die charakterliche Entwicklung? Nicht unbedingt, findet Ralph Dawirs und erklärt: "Lügen gehört zu sozialen Kompetenz, die geübt werden muss." Wenn die Ausreden und Storys also gut erfunden sind, kann man sich ruhig mal durchgehen lassen.

Regeln vereinbaren
Ob es um Alkohol, Club-Besuche oder Internetnutzung geht, Teenager brauchen Grenzen. Und die sollten Eltern auch ziehen, indem sie ganz klare Regeln aufstellen. Dass die überschritten werden, ist klar, aber dass es dann Konsequenzen wie etwa Laptop-Entzug gibt, muss auch klar sein.

Ruhe bewahren
Wenn man immer im Hinterkopf behält, dass die Pubertät erstens irgendwann endet und zweitens laut Forscher meist gut ausgeht, fällt es leichter, geduldig zu bleiben. Und den kleinen Aliens das zu geben, was sie am meisten brauchen: unsere Liebe – auch wenn sie sie manchmal gar nicht verdient haben.

Entspannt zurückgelehnte Grüße,