FILM-VORSTELLUNG
HEUTE: TEIL 2
In Palermo geschehen - an grandiosen Locations - wundersame Dinge mit Finn. Er beginnt nicht nur, sich selber auszuhalten, sondern öffnet sich sogar der Liebe. Liebe jenseits allen Festhaltens und Besitzenwollens, was bedeutet: ganz und gar im Moment sein." Jetzt ist bloß jetzt", heißt es im Film.
Doch zuvor gilt es, den Tod zu umarmen.
Der Tod alias Denis Hopper wird zum geradezu väterlichen Lehrmeister für Finn. „Ihr lebt in dem Wahn, dass Eure Wahrnehmung die einzige wäre. Besonders Ihr Fotografen – Ihr seid eingebildet bis dorthinaus.“ Doch er habe gar nichts gegen Fotografie, fährt der Tod wie ein alter Weiser fort, im Gegenteil: „Diese Erfindung schätze ich sogar besonders. Sie zeigt den Charakter meiner Arbeit deutlicher als nur irgendwas.“
Im weiteren unterhalten sich die beiden über digitale Fotografie. Der Tod analysiert, ohne jedoch zu verurteilen: „Seitdem muss man sich nicht mehr auf das verlassen, was da ist. Und das führt euch geradewegs zur Manipulation. Alles wird damit beliebig, zufällig, chaotisch, austauschbar, weil du verlierst das Eigentliche. ... Du fürchtest dich vor der Welt da draußen, vor echtem Licht, vor wirklicher Dunkelheit. Willst alles lieber ausschmücken, ja schlimmer noch – willst alles neu erschaffen. Das ist die Angst vor dem Tod. Die Angst vor dem Leben ist die Angst vor dem Tod.“
Derartige Lehrsätze verpackt Wenders ohne erhobenen Zeigefinger. Die Autorität der Figur (und des Schauspielers) sowie die Bildmacht dieser Szene, in einem kafkaesken Archiv angesiedelt, legitimieren sie ohne weiteres. Finn versteht die Lektion und nimmt sie mit in das ihm neuerlich geschenkte Leben. „Kann ich etwas für Sie tun?“ fragt er den Tod (be)rührend.
„Zeig mich den Menschen“, fordert dieser und gibt dem Fotografen seine Kamera zurück, die er zuvor gewissermaßen konfisziert hatte – mit den Worten „Vorsicht, sie ist geladen“.
Mit einem neu erlangten Wissen um die Tiefen der Existenz wird Finn von nun an anders fotografieren, soviel ist gewiss. Er läuft nicht mehr davon, auch nicht in seine Bilder und Bildwelten. Selbst wenn seine Sujets und Themen die gleichen bleiben sollten wie vorher – was wir als Zuschauer nicht sehen und was für das Happy End auch zunächst einmal unerheblich ist: Seine Haltung ist bereits eine andere geworden, und im Gegensatz zu früher wird er nun wissen, was er tut.