Vorgestellt: Philipp Lohöfener

Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener)

Philipp Lohöfener gehört zu den diesjährigen Preisträgern des Sony World Photography Awards – mit einer Bildserie über das Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen erzielte er in der Sparte Architektur den 1. Preis. In den letzten Jahren beschäftigte sich Lohöfener in verschiedenen freien Projekten mit der gebauten Umwelt und dokumentierte alltägliche und verlassene Orte in ungewöhnlichem Licht.

Philipp Lohöfener wurde in Bielefeld geboren und wuchs im ostwestfälischen Halle auf, nach dem Abitur studierte er an der Fachhochschule Bielefeld Fotografie. Seit 2001 lebt und arbeitet er als freier Fotograf in Berlin. Die Schwerpunkte Philipp Lohöfeners liegen mittlerweile im künstlerischen Bereich, in den letzten drei Jahren setzte er sich verstärkt mit Architektur und urbanen Räumen auseinander. Seine Arbeiten, die weitgehend mit digitaler Kleinbild-Ausstattung entstehen, zeichnen sich durch eine „fühlbare Präsenz scheinbar verlassener Orte aus“. Dies gilt auch für die prämierte Serie über das Gefängnis Hohenschönhausen der ehemaligen DDR-Staatssicherheit.

Auch wenn der renommierte Sony World Photography Award nicht mit einer Geldprämie verbunden war (als Anerkennung wurde eine Sony Alpha 850 überreicht), sieht der Fotograf den im April 2010 im Festspielhaus Cannes verliehenen Preis als Bestätigung seiner sozialkritischen Arbeit.

In seiner aus neun Bildern bestehenden Serie zeigt Philipp Lohöfener sachlich-nüchterne Ansichten des früheren Stasi-Gefängnisses Berlin-Hohenschönhausen, das im Originalzustand erhalten ist und heute als Gedenkstätte genutzt wird. Obwohl die Fotos vollkommen menschenleer sind erahnen Betrachter intuitiv, was sich in den Räumen abgespielt haben muss. „Philipp Lohöfener ist es gelungen, die Missachtung von Menschenrechten an diesem Ort mit historischer Bedeutung ohne einen einzigen Akteur lebendig zu machen.“

Im Stasi-Gefängnis waren in 120 Zellen Tausende politisch Verfolgte des DDR-Regimes inhaftiert. Die Gesamtanlage enthielt darüber hinaus Vernehmungs- und Verhörräume, Untersuchungszimmer und Büroräume für die bürokratische Abwicklung. Häftlinge erwarteten in diesen Räumen ihre langjährigen Haft- oder Disziplinarstrafen, wurden unter verschärftem Arrest, in Einzelhaft, teilweise auch unter Anwendung von Folter, vom Staat zermürbt. Die Arbeit der Vernehmer war darauf ausgerichtet, dem Gefangenen ein Gefühl völliger Ohnmacht zu vermitteln. Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener) Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen (© Philipp Lohöfener)

Die Stasi-Prison-Bilder wurden im Rahmen der Sony World Photography Awards bisher schon in Cannes und Shanghai gezeigt. Die Ausstellung ist vom 18. bis 21. November in San Francisco zu sehen, anschließend werden die Fotos der Preisträger noch vom 18. Januar  bis 13. März 2011 in Sao Paulo und vom 26. April bis 22. Mai 2011 in London ausgestellt.

Neben dieser prämierten fotografischen Arbeit hat Philipp Lohöfener weitere bemerkenswerte Serien geschaffen: etwa eine Dokumentaion über verlassene und leer stehende Gebäude der Beelitzer Heilstätten, die einst eine der größten Krankenhausanlagen im Umfeld Berlins waren und im Moment weitgehend ungenutzt verfallen. Mit der gleichen sachlichen Grundhaltung wird das Funkhaus Nalepastraße im Berliner Stadtteil Oberschöneweide, in dem der Rundfunk der DDR seinen Sitz hatte, porträtiert: Funkhaus Nalepastraße (© Philipp Lohöfener) Funkhaus Nalepastraße (© Philipp Lohöfener) Funkhaus Nalepastraße (© Philipp Lohöfener) Beelitzer Heilanstalten (© Philipp Lohöfener) Beelitzer Heilanstalten (© Philipp Lohöfener) Beelitzer Heilanstalten (© Philipp Lohöfener)

Als weitere freie Arbeiten hat Philipp Lohöfener eine Reihe von Nachtaufnahmen produziert, die alltägliche städtische Situationen zeigen, etwa im städtebaulichen Umfeld des Ernst-Thälmann-Parks im Prenzlauer Berg. Hier fügen sich der Park selbst, die ihn umgebenden “Plattenbauten” und schließlich einzelne Gebäudedetails zum Gesamtbild einer urbanen Raumsituation, die – auch ohne Menschen im Bild – die unwirtlichen Dimensionen einer stadtplanerischen Fehlentwicklung der 1960er und 70er Jahre zeigen.

Auf Rügen hielt Lohöfener nicht die üblichen idyllischen Postkarten-Landschaften im Bild fest, sondern konzentrierte sich einerseits auf Kleinarchitektekturen am Strand, die durch ihre Illumination und den winterlichen Aufnahmezeitpunkt wie Großspielzeuge wirken. Auf der anderen Seite gelingt es ihm, die Licht- und Witterungssituation zu nutzen, um den NS-Koloss Prora (mit 4,5 km Länge als Erholungsheim für bis zu 20.000 Personen erbaut) in seiner maschinenartigen Kälte zu zeigen. Ernst-Thälmann-Park (© Philipp Lohöfener) Ernst-Thälmann-Park (© Philipp Lohöfener) Ernst-Thälmann-Park (© Philipp Lohöfener) Binz, Rügen (© Philipp Lohöfener) Baabe, Rügen (© Philipp Lohöfener) Prora, Rügen (© Philipp Lohöfener)

Philipp Lohöfener arbeitet aktuell an einer Fotoserie mit dem Arbeitstitel “Unorte”. Er macht sich dabei auf die Suche nach Orten, die nicht eindeutig zu identifizieren sind, dem Betrachter das Gefühl von Deplatzierung und Irritation geben. Orte, die keine Orte zu sein scheinen. Eine andere laufende Arbeit beschäftigt sich mit öffentlichen Sportplätzen. Die nachfolgenden Beispielfotos zeigen, in welche Richtung die beiden Arbeiten zielen.

Weiterhin wird ein Teil der künftigen Arbeit Philipp Lohöfeners aber sicherlich auch die dokumentarische Abbildung historischer DDR-Gebäude bleiben. Sportplätze (© Philipp Lohöfener) Unorte (© Philipp Lohöfener) Philipp Lohöfener

- Website von Philipp Lohöfener
- Online-Book Stasi-Prison
- Sony World Photography Awards
- Zeitungsbericht im Westfalen-Blatt über den Gewinn des Sony Awards


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