Daniel Müller Jansen ist Fotograf mit Schwerpunkt Architektur, urbane Räume und Strukturen. Er nutzt die Möglichkeiten der Fotografie, um gesellschaftliche Veränderungsprozesse oder politische Strukturen anhand von Architekturen zu thematisieren und darüber hinaus mit seinen Arbeiten Reflexionen darüber in Gang zu setzen, inwieweit sich durch die Existenz der gezeigten Architekturen gesellschaftliche Probleme erkennen lassen.
Schon während seines Studiums an der Bremer Hochschule für Künste hat sich Daniel Müller Jansen mit urbanen Veränderungsprozessen beschäftigt, die über die reine Abbildung hinaus Aussagen über Umbrüche, Lebensbedingungen und soziale Verhältnisse der Bewohner vermitteln. Seine Arbeiten beinhalten eine ganze Reihe von Widersprüchen, die in den Fotografien besonders betont und herausgearbeitet werden. Die Widersprüche zeigen sich zwischen der zunächst verführerischen Oberfläche und dem Inhalt. Genauso verhält es sich auch mit den Architekturen und Konstrukten auf den Fotografien, deren Oberflächen durch besondere Lichtverhältnisse zunächst faszinieren um dann schließlich zu offenbaren, dass da trotzdem mehr zu erkennen ist, als die reinen Oberflächen.
Es sind sehr fotografische Arbeiten, die auch viel darüber sagen, wie die Dinge aussehen, wenn sie auf eine ganz bestimmte Art und Weise und durch eine bestimmte Technik entstehen. Und die Arbeiten sind stark in unserer Zeit behaftet, weil wir uns erst durch die technischen Möglichkeiten die Dinge so ansehen können. So entstehen alle Arbeiten von Daniel Müller Jansen durch eine Kombination aus überbelichtetem Filmmaterial und digitaler Nachbearbeitung. Nicht die bestmögliche Detailwiedergabe, sondern gleißende oder sich auflösende Bilder sind entstanden, die auf diese Weise einen unverbrauchten Blick liefern. So fotografiert er zum Beispiel bei starkem und direktem Sonnenlicht oder bei zu diffusem und nebeligem Wetter, welches für die klassische Architekturfotografie untypisch ist.
Drei Bilderserien, die in den letzten Jahren entstanden sind, sollen an dieser Stelle beispielhaft für die Arbeit von Daniel Müller Jansen vorgestellt werden:
Auferstanden aus Ruinen
Das zwanzigste Jubiläum der Deutschen Einheit wird in einer fotografischen Untersuchung der nun nicht mehr als neu geltenden Bundesländer thematisiert – Anhand der Masse an Altbauruinen einerseits und leerstehenden Plattenbauten andererseits verdeutlichen die Fotografien die bis heute sichtbaren Auswirkungen der DDR sowie den immer noch anhaltenden Prozess zwischen Renovierung und Rückbau, zwischen Ostalgie und Marktwirtschaft.
Die ins Modellhafte überführten Architekturen verweisen einerseits auf die vergangene Ideologie einer kommunistischen Welt – ihre zeitgleiche Morbidität ist aber auch eine Manifestation dessen, dass unter heutigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht jeder Bau erhalten werden kann. Der Einsatz direkten, für die klassische Architekturfotografie untypischen Lichtes verleiht den Gebäuden eine werbeästhetische Strahlkraft, durch die vergangene wie aktuelle Verheißungen und Wünsche als Kontrapunkt neben die evozierten Fragen nach Nutzung und Zukunft der gezeigten Architekturen tritt.
Die Arbeit ist in Berlin, Chemnitz, Dresden, Halle, Leipzig, Magdeburg, Schwerin und Weimar entstanden.
There is me & there is you
Architektonische Ensembles in Südafrika, fünfzehn Jahre nach dem Ende der Apartheid. Daniel Müller Jansen stellt die Gated Communities der wohlhabenden, vorwiegend weißen Bevölkerungsschicht den Sozialbauten der Schwarzen in den Housing Projects gegenüber. Dabei werden die Unterschiede der Lebensmilieus durch die gleichförmige Art der Aufnahme und die Nachbearbeitung nivelliert. Das Licht ist gleißend, die Bauten scheinen pastellfarben, wodurch sie Ähnlichkeiten zu gezeichneten Entwürfen und Modellen aufweisen. Alles wirkt künstlich und konform.
Der Fotograf legt den Fokus auf die Gemeinsamkeit dieser Parallelwelten — den Traum von einer geordneten und sicheren Welt. Und er betont, dass trotz gemeinsamer Verheißungen und Zukunftswünschen in der südafrikanischen Gesellschaft die Verbesserung der tatsächlichen Verhältnisse in den Housing Projects eine gewaltige gesellschaftliche und politische Herausforderung darstellt.
Diffuse Vertrautheit
Das Ruhrgebiet ist zu einem Schlagwort geworden, mit dem ein industriell geprägter Raum assoziiert wird. Mit jedem neuen Bild von dort kehren wir an einen wohlbekannten Ort zurück – ein Raum, von dem wir wissen, wie er beschaffen ist und wie er sich anfühlt. Beim Betrachten entsteht das Gefühl einer diffusen Vertrautheit.
In seiner Arbeit führt Daniel Müller Jansen zwei unterschiedliche Stadtlandschaften zusammen: Industriekomplexe und Wohngebiete entlang der Emscherperipherie. Das Überführen der Bildinhalte in zwei Bildebenen ermöglicht einen direkten Vergleich zwischen Industrie- und Wohnarchitektur. Im Bildaufbau erscheint die Industrie diffus und neblig im Bildhintergrund, während die Wohnorte weitaus realer, lebendiger und farblich gesättigt im Bildvordergrund stehen. Die Heterogenität beider Bildebenen wird durch eine statische Komposition aufgefangen und in eine optische Balance gebracht. So wird die Industrie zum abstrakten Phämomen, zur kulissenhaften Erscheinung, wie eine allgegenwärtige und zugleich schemenhaft blasse Erinnerung.
Diese Bilderserie wurde 2011 in das Pixelprojekt Ruhrgebiet aufgenommen.
Zur Person
Seit 2007 hat Daniel Müller Jansen an verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen teilgenommen und war in den vergangenen Jahren mehrfach Preisträger bei Fotografieprojekten (Bridges-Fotoprojekt Emscher-Zukunft 2010, Portfoliosichtung des Freundeskreises des Hauses der Photographie e.V. 2010, Neuaufnahme ins Pixelprojekt Ruhrgebiet 2011).