Krisenmanager, Kanzler, Kritiker: Nachruf auf Helmut Schmidt
Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F048808-0011 / Wienke, Ulrich / CC-BY-SA 3.0Als ich sehr klein war, habe ich gegen Helmut Schmidt demonstriert. Im Baggy. Wohl oder übel. Meine Eltern waren wohl gegen den NATO-Doppelbeschluss. Helmut Schmidt war dafür. Das hat ihn 1982 das Bundeskanzleramt gekostet, weil ihm auch seine Partei, die SPD, nicht mehr gefolgt ist. Seinen Einfluss hat er damals nicht verloren. Schmidt war Mitherausgeber der Wochenzeitung 'Die Zeit', Schriftsteller, Querdenker, Vordenker und Nachdenker, ständiger Mahner und politisches Gewissen. Heute ist er im Alter von 96 Jahren gestorben.
Foto: Kremlin.ru. Lizenziert unter CC BY 3.0
Helmut Schmidt war gebildet, wortgewandt, entscheidungsfähig und prinzipienfest. Er wusste um seine Qualitäten und er ließ es die anderen wissen. Dabei hat es keinem leicht gemacht:
Seinen politischen Gegnern wie Helmut Kohl und Franz Josef Strauß nicht, seiner Partei nicht und sich selbst nicht. Als
Krisenmanager hat er sich in der Hamburger Flutkatastrophe von 1962 hervorgetan, als Krisenmanager war er gefragt als es galt, dem linksextremistischen Terror zu trotzen. Er hat sich und die
Bundesrepublik von der RAF nicht erpressen lassen und dafür einen hohen Preis bezahlt. An der Ermordung des entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer hat er sich in
sehr nachdenklichen Überlegungen selbst eine Mitverantwortung gegeben: "Wir, die Verantwortlichen in Bonn, konnten dagegen nicht abermals zulassen, daß freigepresste Verbrecher ihre mörderische
Tätigkeit fortsetzen würden. So waren wir in Schuld und Versäumnis verstrickt." Es sind Sätze wie diese, die die historische Größe Helmut Schmidts erahnen lassen, bei allen menschlichen
Schwächen: Helmut Schmidt war kein Freund einfacher oder oberflächlicher Erklärungen. Er war ein intensiver Mensch: Aktenfresser, Kettenraucher, Vielschreiber. Aber seine Gedanken und Worte
hatten Gewicht. Sie werden fehlen. Helmut Schmidt wird fehlen.