Vor ein paar Tagen im Zweiten

Vor ein paar Tagen im Zweiten
Vor ein paar Tagen im Zweiten

Für Wiener hatte die Zirkusgasse immer schon so den Geruch des Verruchten; das hat wohl nichts mit dem Zentrum der sephardisch-türkischen Gemeinde und seinem „türkischen“ Tempel in der Zirkusgasse 22 zu tun und trotz aller Schuldiskussion nichts mit dem Gymnasium, eher schon damit, dass die Gegend seit Jahrzehnten für ihren Straßenstrich und ... eben das Cabaret Renz berühmt war.

1853 errichtete ein Ernst Jacob Renz in der Nähe eine Zirkusarena. In den 30er-Jahren wurde der Zirkus in "Renz Variete" umgetauft. Im zweiten Weltkrieg wurde weitergespielt bis Brandbomben das Gebäude im Dezember 1944 völlig zerstörten. Die Gegend Zirkusgasse 50/Ecke Novaragasse bot in den Nachkriegsjahren Revuen und käuflicher Liebe, aber angeblich war es ja kein Puff, "weil die Damen auch "nein sagen" hätten können .... 
Mitte der 50er boten der ehemalige Renz-Kellner Hans Kratochwill und seine Frau Maria  "besseren" Service. 
Im "Café Renz" verkaufte sie kein Bier, was schon als elitär galt, die Animierdamen waren auch "was Besseres" und von den Shows behauptete man, sie hätten ästhetischen Anspruch
In den nächsten Jahren wurde das Lokal in  "Cabaret Renz" umbenannt. Anfang der 1990er-Jahre verstarb Hans Kratochwill, Maria verpachtete das Lokal.  Im Dezember 2003 fiel der letzte Vorhang, bis im November 2004 unter dem Slogan "die ausgepuffte Location" die Legende "Cabaret Renz" wieder belebt wurde.
Pilgert man heute am seit dem Frühjahr endgültig geschlossenen RENZ vorbei, dann hat das ganze wenig Verruchtes, eher was Armseliges an sich.
Dort wo man sich ab 1954 rühmte, Josefine Baker, Omar Sharif, Dean Martin, Truman Capote, Robert Stolz, Ringo Starr und Ernst Waldbrunn gesichet zu haben, wo im ersten Stock schlicht und einfach ein einfaches Bordell betrieben wurde, wo man es bis 2011 mit einem "Kulturtreff" versucht hatte, da ist der Lack ab und man kommt nur mehr vorbei, wenn man was zu recyclen hat ...

Von einem ägyptische Teppichhändler erzählt man er hätte für das in der Auslage hängende Foto von Omar Sharif  vergeblich 10.000 Euro geboten ...

Nein, ich war nie drinnen. Das einzige was hier beim Vorbeigehen erregend war, war der unglaublich retro gestylte Schriftzug und die Erkenntnis, dass von manchen Mythen der Kindheit der Putz bröckelt ....


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