Vor dem Comeback der Talgkerze

Vor dem Comeback der TalgkerzeSchock für alle Freunde des augenquälenden Energiesparlampenlichts: Das Umweltbundesamt hat nach ausgiebigen Untersuchungen der umweltfreundlichen Energiesparleuchten festgestellt, dass sich im Inneren der Leuchtkörper das giftige Schwermetall Quecksilber befindet. Gehe eine Energiesparlampe zu Bruch, so die Experten aus Dessau, die dort in einer CO2-Fabrik residieren, könne das giftige Schwermetall in die Innenraumluft gelangen. Das habe eine aufwendige Stichprobe mit zwei Lampen gezeigt, mit der die Behörde das unmittelbar bevorstehende Jubiläum des Verbots der ersten herkömmlichen Glühbirnen hatte feiern wollen. Unmittelbar nach dem Zerbrechen sei die Quecksilber-Belastung um das 20-fache über den Richtwert von 0,35 Mikrogramm pro Kubikmeter für Innenräume gestiegen, teilte das Umweltbundesamt mit. Kinder und Schwangere sollten sich deshalb von zerbrochenen Energiesparlampen fernhalten, Hunde nicht daran lecken. Durch intensives Lüften sinke die Quecksilbermenge in der Luft aber wieder deutlich ab, die Mehrbelastung verteile sich dann nach draußen, falle dort aber nicht weiter auf.
Umweltbundesamt-Präsident Jochen Flasbarth hielt dennoch an der Einführung der umweltfreundlichen neuen Leuchte fest. Die Industrie forderte er auf, mehr bruchsichere Lampen anzubieten - falls dies nicht freiwillig geschehe, müsse die EU dies gesetzlich vorschreiben. Mittelfristig müsse es Lampen geben, die keinerlei Quecksilberbelastung aufweisen, anderenfalls führe kein Weg um eine Erweiterung des Glühbirnenverbots auf Energiesparleuchten herum.
Einen Ausweg meint der Dürener Künstler Siegfried Rotthäuser gefunden zu haben. Seine "Heatballs" passen in jede gewöhnliche Lampenfassung, sie haben einen Wirkungsgrad von beinahe 95 Prozent und beruhen auf demselben simplen technischen Prinzip wie einst die traditionelle Glühbirne. "Heatballs sind technisch der klassischen Glühbirne sehr ähnlich, nur dass sie nicht zur Beleuchtung gedacht sind, sondern zum Heizen", erläutert Rotthäuser. Weil der größte Teil der verbrauchten Energie von den glühlampen-ähnlichen Heizbirnen in Wärme umgewandelt werde und nur ein kleiner Teil als Licht verloren gehe, müsse nicht mehr wie bei Räumen mit Energiesparlampen zusätzlich zugeheizt werden. Das übernehme der Heatball, der damit klimaschonend sei wie keine andere Heizquelle.
Rotthäuser sieht seine Erfindung als Beispiel für den sinnvollen Einsatz von Ressourcen, "damit unsere Erde auch für künftige Generationen ein guter Lebensraum bleibt". Deshalb spende er auch von jedem gekauften Heatball 30 Cent an ein Projekt zum Schutz des Regenwaldes - ein Konzept, das ankommt: eine erste Lieferung von 40.000 Heatballs ist bereits ausverkauft. Leider hat die Bezirksregierung in Köln die zweite Charge wegen Zweifeln an der Produkt-Sicherheit vom Zoll in Köln-Bonn beschlagnahmen lassen. Die glühbirnen-ähnlichen kleinen Heizhelfer müssen nun erst aufwendig von Tüv und Umweltbundesamt auf Zuverlässigkeit und Klimaverträglichkeit getestet werden. Es könne sein, dass Heatballs wegen erwiesener Umweltgefahren genauso verboten werden müssten wie Energiesparlampen. Ein Ausweg wäre dann die Rückkehr zu den bewährten Talgkerzen und Dochtlampen, deren heimeliges Licht mehreren hundert Generationen von Menschen klimafreundlich heimleuchtete.
Wie dringend nötig das ist, zeigen neue Zahlen zur weltweiten Durchschnittstemperatur. Danach hat der viertägige Wintereinbruch in Deutschland das Weltklima kaum bei seiner Rekordjagd aufgehalten. Das Jahr 2010 werde das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen werden, zeigt sich die Welt-Meteorologieorganisation WMO optimistisch. Die Durchschnittstemperatur lag nach Angaben der WMO um 0,46 Grad Celsius über dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Damit ist klar, dass die Annahme, die globale Erwärmung lege eine Pause ein, falsch ist. Das zu Ende gehende Jahrzehnt sei das wärmste seit Beginn der Messungen im Jahr 1850 gewesen, sagte WMO-Generalsekretär Michel Jarraud am Rande der UN-Klimakonferenz im mexikanischen Cancún, wo mehr als 190 Staaten bei schummriger Sparbeleuchtung um den künftigen internationalen Klimaschutz ringen.


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