Von Tomaten und Paradeisern

Einer Freundin war zu Ohren gekommen, „dass du mit dinam Kind ger koan Dialekt redescht“. Dabei wäre das doch, im Sinne der Vielsprachigkeit, ein immenser Vorteil für ihre Zukunft. „Beruhig di“, versuchte ich abzuwehren, und verwies darauf, dass ich mit Wörtern wie Käsknöpfle (statt fürchterlichen Ausdrücken wie Kasspätzle / -nock’n / -nudl’n), tschutta und Gofa (in Wien: Gschropp’m) selbstverständlich auf einen weltgewandten Sprachgebrauch meiner Tochter hin arbeite. Englisch, Türkisch und Serbokroatisch lernt sie dazu noch im Kindergarten, wie ich wohlwollend über viele Lieder und Gedichte wahrnehme, und damit wäre ein Grundstock für jede vorstellbare Karriere im In- und Ausland gelegt.

Besagte Freundin, ein Altacher Dickschädel, zeigte sich unzufrieden, weshalb ich einen Schritt weiter ging und ihr erklärte, dass die Dialektfrage ja ein bloßer Nebenschauplatz sei. Die wahre Bedrohung gehe von den Wiener Medien aus, ziele auf unser alemannisches Erbe ab und werde noch dazu von Vorarlberger Heimkehrern immer wieder gedankenlos ins Ländle eingeschleppt.

So habe ich in illustrer Journalistenrunde mehrfach erfahren, dass Ausdrücke wie Blumenkohl und Tomate tabu, und Wörter wie Teller und Monat vom grammatikalischen Geschlecht her rein sächlich seien; das Joghurt, zudem, sei natürlich falsch – weil in Wahrheit ein Kerl, wie man mir weismachen wollte. Korrekt hingegen, weil nicht „bundesdeutsch“, wären für das genannte Gemüse die Bezeichnungen Karfiol und Paradeiser, so die allgemeine Übereinkunft – der sich sogar ein vorarlbergstämmiger Kolumnist angeschlossen hat. Und mich damit im Regen stehen ließ.

Sei’s drum. Sollen sie reden und schreiben, wie sie wollen. Spätestens ab Linz nämlich, das hat mir eine oberösterreichische Kollegin später gesteckt, verkauft der durchschnittliche Nahversorger nur noch Blumenkohl. Den Höhepunkt solcher Diskussionen stellte übrigens die Frage eines sonst stilsicheren Schreiberlings dar, der ob des Wörtchens Karton in einem (österreichischen) Druckwerk meinte: „Muss das nicht Schachtel heißen?“ Dabei ging es in der Geschichte eindeutig nicht um eine Kartonage für Aufbewahrung und Transport, sondern schlicht um das entsprechende Material. Also nix „bundesdeutsch“.

Der erste Ausdruck, den meine Frau in Vorarlberger Mundart beherrschte, war übrigens „Halt d’Schnorra“. Irgendwie konsequent, weil es – ob im Spaß oder im Ernst – praktisch in jeder Situation passt.

(To be continued…)


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