Von Tieren und Menschen

Ich sollte mal mehr fotografieren, dann würde mein folgender Beitrag anschaulicher. Zunächst brüteten Amseln unter dem Schuppendach meiner Mutter vier Eier aus. Wie ich las, kommt aus einem Gelege von Amseln in der Regel statistisch nur "ein halbes" Junges durch. Eines Tages fiel das erste aus dem Nest, und es kam mir noch etwas klein vor, wobei es natürlich auch im Nest schon recht eng zugehen musste. Ich legte es also zurück, zumal ich mich von dem Ammenmärchen, dass die Jungen - erst einmal von Menschen angefasst - verstoßen würden, verabschiedet hatte. Der Vogel reckte allerdings schon da auffällig seinen Kopf in die Höhe. Kurz danach flog er wieder raus (oder wurde herausgedrängt). Bald darauf ein weiteres Junges. Es hüpfte gleich frech in einen offenen Schuppen und platzierte sich irgendwie auf einer Leitersprosse. Um das behinderte Junge, das wie spastisch den Kopf bewegte, kümmerten sich beide Eltern geradezu rührend. In den folgenden Tagen deuteten seine vergeblichen Flugversuche, bei denen er sich im Kreis drehte, auf die "Dreherkrankheit", wobei natürlich auch Hirnschäden aufgrund des Sturzes aus dem Nest in Frage kamen. Es gab eine kleine Chance durch Vitamin B-Gaben, falls die Diagnose stimmte, aber noch ehe der Gang zu einer Fasanerie zustande kam, die den Vogel vielleicht hätte aufpäppeln können, lag er mit Kopfwunden tot auf der Wiese. Meine Mutter und meine Nichte begruben ihn. Etwa zehn Tage später sah ich im Park hinter dem Garten zwei erwachsen wirkende Amseln mit drei jüngeren auf der Wiese nach Futter picken. 
Währenddessen geschahen zwei weitere tierische Begegnungen. Des Nachts kruschelte es in Nebenzimmer meiner Wohnung, das ich als Lagerraum für Kartons usf. nutze. Ich konnte nichts finden, wann immer ich mit der Taschenlampe umherleuchtete, verstummten die Geräusche. In den Folgetagen war jedoch ein leichter Verwesungsgeruch in diesem Zimmer auffällig. Schließlich entdeckte ich hinter einem Karton eine kleine, dunkle tote Maus. Sie hatte sich offenbar am Heizungsrohr entlang durch den Teppichboden gefressen. 
Inzwischen hatte meine Mutter in ihrem Garten unter lockeren Gehwegplatten ein Kaninchenloch entdeckt und mit einem Sack Blumenerde abgedeckt. Ein paar Tage später tummelte sich ein Tier, das sie zunächst für ein Kaninchen hielt, auf ihrer Wiese und der der Nachbarin. Wenn man ihm zu nahe kam, lief es zwar mittelschnell zum Zaun, ging man jedoch hinterher, kehrte es stets mitten in den Garten zurück (statt in den Park zu flüchten). Wie ich lernte, sind Kaninchen Rudeltiere. Doch auch Hasen, und um einen solchen musste es sich hier handeln, gelten als nachtaktiv. Dieser hier hielt sich nun ein paar Tage bei uns auf, verschmähte jedoch Karotten und anderes Kraut und begnügte sich mit Gras. Meine Bemerkung: "Der wartet drauf, dass du den Eingang von seinem Bau freimachst, das ist ein stiller Protest" machte natürlich wenig Sinn, da Hasen in Mulden (Sassen) schlafen. In der Folgezeit umrundete der Feldhase das Haus und graste auf einer öffentlichen Wiese weiter. Als ich ihn mit einer Karotte anlocken wollte, fragte meine Mutter, ob ich denn wirklich glaubte, er würde mir aus der Hand fressen. Ich sagte, wenn ich erst seinen Namen wüsste, vielleicht schon. Ich nenne ihn den Mondhasen.

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