Von Strafen und Konsequenzen – ein paar Gedanken

„Von Strafen halte ich nichts. Konsequenzen, okay. Aber Strafen. Nö. Ich bin ja nicht die Judikative oder welche Gewalt auch immer das mit dem Strafen und den Strafen für sich gepachtet hat.“, schrieb die liebe Mistress of Education in einem ihrer Beiträge.

Die liebe Mistress bezog sich dabei auf Strafen in ihrem beruflichen Schulalltag und nicht etwas zu Hause. Dennoch hat mich der Beitrag veranlaßt, einmal über Strafen und Bestrafung nachzudenken: Warum bestrafen wir unsere Kinder?

***Supertolle Eltern, die ihren Kindern immer alles ganz toll feini erklären können, deren Kinder immer alles Anhieb verstehen und die ihre Kinder noch nie bestrafen mussten, sondern nur mit Lob und Gesprächen arbeiten und noch nie irgendwelchen Ärger mit ihren Kindern hatten und die gar nicht verstehen, wieso man Kinder überhaupt mal anschreit oder bestraft oder so, die … verlassen jetzt besser dieses Blog, ja?***

Wir bestrafen unsere Kinder oft. Oder verhalten wir uns nur gemäß der Konsequenzen ihres Verhaltens?
Nein, wir bestrafen, definitiv. Aber warum ist das so?

Manchmal bestrafen wir aus der Wut heraus: Wir sind genervt, gestresst, für den Tag am Ende mit den Nerven. Das Kind wird wegen einer Kleinigkeit angemotzt und aufs Zimmer geschickt.
Das ist doof, das ist nicht gut und (hoffentlich!) eine Ausnahme, die ich jetzt im Folgenden nicht meine.

Warum also bestrafen wir?
Wir bestrafen, wenn sich eines unserer Kinder im negativen Sinne nicht so verhält, wie es soll. Oder zeigen wir ihm dann nur die Konsequenzen seines Handelns auf?
Und worin liegt überhaupt der Unterschied?

Ohne jetzt irgendwelche Definitionen nachzuschlagen, antworte ich mal aus dem Bauch heraus: Eine Konsequenz ist eine vorher abschätzbare Reaktion, die sich unmittelbar und logisch aus der vorangegangenen Ursprungshandlung ergibt.

Wow, einen Moment bitte, ich bin grade sehr begeistert von mir, das war ja nun echt nicht schlecht, oder? 😉

Also: Eine Konsequenz ist etwas, das sich ergibt. Klingt passiv, ist es aber nicht unbedingt.
Beispiele:
„Wenn Du nicht aufpasst und das Marmeladenbrot fällt Dir runter, dann-“ *PLATSCH* „Ja, genau das meinte ich, *seufz*“

Bezogen auf andereweitigen Kinderquatsch mit pädagogischen Reaktionen dann etwa so:
„Wenn Du nicht sorgsam mit dem Marmeladenbrot machst, dann fällt es Dir runter und wird dreckig und Du kannst es nicht mehr essen.“ – *PLATSCH* – „Genau das meinte ich. Nun, dann muss das Brot jetzt leider in den Biomüll.“

Und dann? Macht sich das Kind einfach ein neues Marmeladenbrot und gut ist.
Nee, auch doof, oder?
Hier setzt schon etwas ein, das wohl eine Mischung aus Konsequenz und Strafe ist: Die, äh, Strafquenz:
„Und für heute war es das mit Dir und Marmelade, mach Dir Käse oder Wurst aufs Brot!“ oder „Na toll, jetzt können wir ein halbes Brot wegwerfen, nur weil Du mit voller Absicht rumgezappelt hast. Dafür ziehe ich Dir 50 Cent vom Taschengeld ab!“. Es gibt Familien – ich persönlich halte da nichts von – bei denen das auch mal so aussieht: „Wer so rumzappelt, dass das Brot hinfällt, ist wohl satt und fertig mit essen, also ab auf Dein Zimmer!“

Entscheidend für unsere Reaktion ist übrigens immer, ob ein Mißgeschick passiert ist oder ob das Kind mit Absicht gehandelt hat.
Für ein Mißgeschick kann man erstmal nichts und darf ergo auch nicht dafür bestraft werden. Die Konsequenz, etwa dass das Marmeladenbrot im Dreck liegt, tritt so oder so ein, aber wenn das Kind das Brot nicht mit Absicht hat fallen lassen, wird es getröstet und bekommt ein neues Brot.

Anders sieht es aus, wenn das Verhalten – OMG, ich rede ja schon wie ein Jurist! – fahrlässig war. Wenn das Kind die ganze Zeit rumzappelt, ich es schon – siehe Oben – darauf hinweise, dass die Gefahr besteht, das Brot fallen zu lassen und auch auf die Konsequenzen hinweise und das Kind trotzdem weiterzappelt und dann das Brot fallen lässt.
Hier käme bei uns die Strafquenz zum Zuge: Das Kind bekommt kein neues Marmeladenbrot, aber ein anderes.

Wirft ein Kind ein Marmeladenbrot mit Absicht hin, sind wir eindeutig im Straf- und erhöhten Dezibelbereich.

Mal überlegen. Würde eines unserer Kinder mit voller Absicht ein Marmeladenbrot auf den Boden werfen, dann …
– würde ich es ausschimpfen
fragen, was der Scheiß soll Ursachenforschung betreiben und ggf. Dinge klären
– das Kind müsste die Sauerei wegwischen
– das Kind bekäme drei Tage Marmeladenverbot
– das Kind müsste um Entschuldigung bitten
Irgendwie sowas. Was davon ist Konsequenz, was Strafe?

Dass Kinder Dreck, den sie mit voller Absicht an unpassender Stelle verursacht haben selbst wegmachen müssen so weit es geht, empfinde ich als Konsequenz: Man macht Dreck, man muss ihn wegmachen.
Das dreitägige Marmeladenbrotverbot dagegen wäre eher als Strafe einzuordnen, weil es ja nicht unmittelbar ist. Natürlich könnte man sowas sagen wie: „Da Du ja anscheinend nicht mit Marmeladenbroten umgehen kannst …“, aber das ist ja im Grunde genommen Quatsch. Nee, das ist schon Strafe.

Und ich glaube, Strafe muss auch oft sein, weil die Konsequenzen dem Kind entweder nicht in ihrem vollen Ausmaß bzw. ihrer vollen Bedeutung vermittelbar sind. Oder, weil sie nicht umsetzbar sind, oder, weil man sie nicht umsetzen möchte.

Drei Beispiele:
1. Das Kind wirft eine Batterie ins Gebüsch. Natürlich kann (und sollte!) man dem Kind ausführlichst erklären, wie fürchterlich schlimm das ist und welchen Schaden man damit an der Umwelt verursacht. Aber so richtig erfassen kann das Kind das erst, wenn es viel älter ist und vielleicht schon im Chemie- oder Biologieunterricht Experimente zum Thema Umweltverschmutzung / Säuren etc. gemacht hat. Dennoch muss man dem Kind irgendwie klar machen, dass eine Batterie wegzuwerfen weit schlimmer ist, als ein Papiertaschentuch oder ein leeres Trinkpäckchen mal eben im Gebüsch verschwinden zu lassen, weil der Mülleimer ja ach so weit weg ist. Das erreicht man, wenn die Erklärung nicht ausgereicht hat, durch eine entsprechende Reaktion: heftiges Schimpfen oder Strafe.

2. Das Kind gebärdet sich im Einkaufswagen wie verrückt, schreit rum und zermatscht die Dinge, die darin liegen. Als Konsequenz muss es vorn im Wagen sitzen. Dort haut und tritt es nach demjenigen, der den Wagen schiebt und schreit herum, hat einen richtig schönen Wutanfall.
Konsequenz wäre, dass das Kind beim nächsten Einkauf nicht mit ins Geschäft kommen darf.
So einfach, so logisch, jedoch nicht umsetzbar, wenn das Kind zu jung ist und man niemanden hat, der es in der Zeit beaufsichtigt. Also muss eine Strafe als „Ersatzkonsequenz“ her.
Ein anderes Beispiel wären die guten alten Tapeten: Das Kind findet einen verführerisch herausragenden Tapetenzippel und zieht daran, nur mal so probeweise. Aber weil das so schön ratscht und so schön Spaß macht … Das Kind weiß ganz genau, dass das, was es da tut, irgendwie blöd ist, aber es macht doch so Spaß und *RATSCH*.
Konsequenz wäre, das Kind für den Schaden aufkommen zu lassen. Und wie macht man das? Selbst wenn das Kind schon Taschengeld bekommt, müsste man das ja über viele Monate hinweg einkassieren, um eine neue Rolle Tapete zu finanzieren. Ist also nicht möglich. Und stünde wohl auch in keinem Verhältnis. Ist das Kind noch sehr jung, fällt diese Möglichkeit ebenso aus. Was also tun?
Eine Strafe muss her, und die muss so geartet sein, dass das Kind spürt, was es da verbockt hat. Damit es nie wieder an Tapeten zuppelt. Oder um es mal fies auszudrücken: Das Kind muss die Strafe und das schlechte Gefühl, dass es aufgrund der Bestrafung hat, in direktem Zusammenhang zu seiner Tat verinnerlichen: „Wenn ich jetzt wieder an der Tapete zuppel, macht das erstmal Spaß, aber hinterher ist alles doof. Nee, dann lass ich das lieber.“ So ungefähr.

3. Manche Konsequenzen möchte man ja gar nicht umsetzen. Weil es a) Kinder sind und b) die eigenen, man sie also über alles liebt.
Auch dann braucht man eine Strafe als „Ersatzkonsequenz“.

Ich bin keine Pädagogin, aber mein Verständnigs vom Aufzeigen der Konsequenzen einer Handlung bzw. dem Bestrafen ist die, das Kind so zu erziehen. Das Erziehen soll das Kind zum einen allgemein lebenstauglich machen, zum anderen aber auch in die Gesellschaft eingliedern, es auch in Hinsicht auf das Miteinander unserer Gesellschaft „tauglich“ machen. Dazu gehört, dem Kind die Regeln beizubringen, ohne die ein friedliches Zusammenleben nicht möglich ist.
Strafquenzen&Co. sind sind daher nichts anderes als das, was das Kind später als Erwachsener zu erwarten hat, wenn es sich ebenso verhält, nur eben weichgespült.
Bestenfalls droht einem erwachsenen Menschen bei Missachtung der Regeln finanzieller Verlust und/oder gesellschaftliche Ächtung, schlimmstenfalls schadet es jemand anderem und/oder bekommt eine Gefängnisstrafe. Darum ist es umso wichtiger, das Kind entsprechend auf das Leben vorzubereiten. Auch wenn es einem selbst weh tut. Man ist Elter und nicht Freund des eigenen Kindes. Das ist manchmal ganz schön hart und jeder, der ein Kind für etwas hart bestraft hat und es weinen und schluchzen hört weiß, dass man sich am Ende damit selbst bestraft. Da muss man dann einfach durch.

Im Grunde ist eine berechtigte (!) und angemessene (!) Strafe nichts anderes, als sein Kind vor Schlimmerem zu bewahren, was ihm zustoßen könnte oder würde, sollte es sein Verhalten nicht ändern.
Daher sollte man immer aus Liebe und Sorge heraus bestrafen und nie aus Wut!


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