Rezension Thomas von Steinaecker - Die Verteidigung des Paradieses
Inhalt aus dem Klappentext:Er möchte ein guter Mensch sein. Aber Heinz lebt in einer Welt, die Menschlichkeit nicht mehr zulässt. Deutschland ist verseucht und verwüstet, Mutanten streifen umher, am Himmel kreisen außer Kontrolle geratene Drohnen. Zusammen mit seinem besten Freund, einem elektrischen Fuchs, dem Fennek, wächst Heinz in einer kleinen Gruppe Überlebender in den Bergen auf. Er nimmt sich vor, die verlorene Zivilisation zu bewahren, sammelt vergessene Wörter und schreibt die Geschichte der letzten Menschen. Doch was nützen Heinz Wissen und Kunst jetzt noch? Da gibt es plötzlich das Gerücht, weit im Westen existiere ein Flüchtlingslager. Und die Gruppe bricht auf zu einem mörderischen Marsch ins vermeintliche Paradies ...
Endzeitromane gibt es ja mittlerweile schon einige auf dem Markt, darunter sehr gute, mittelmäßige und solche, die man sich sparen kann. Und obwohl das Thema eigentlich auserzählt zu sein scheint, ist es doch ein Thema, dass uns immer wieder interessiert, vor allem dann, wenn es in der Welt turbulent zugeht. Kann Thomas von Steinaecker sich aus der Masse also hervorheben? Ja, er kann. Und das sogar ziemlich gut.
Wir lernen hier den 15-jährigen Heinz kennen. Dieser hat als 4-jähriger die Katastrophe in Deutschland überlebt und lebt nun mit fünf weiteren Menschen an einem der noch wenigen intakten Rückzugsorte. Die Welt vor dem Untergang war sehr futuristisch, technisiert und vermeintlich fortschrittlich. Restrukturierungen der Landschaft gehörten zur Tagesordnung und die Menschen selber lebten in großen und kleinen Biosphären, denn die Landschaft außerhalb dieser Sphären ist wüst und öde. Was genau dann das Unglück über Deutschland ausgelöst hat wissen die 6 nicht genau. Dafür aber wissen sie, dass das Überleben außerhalb ihrer Biosphäre hart und nahezu unmöglich ist. Dann taucht das Gerücht wieder auf, dass es ein großes Auffanglager geben soll. Doch sollen sie die Reise wagen? Als sich die Bedrohungen für die Gruppe häufen, scheint die Suche nach dem Camp die einzige Überlebenschance für sie alle zu sein.
Thomas von Steinaeckers Protagonisten sind unheimlich komplex und vielschichtig. Mühelos schafft es der Autor, dass ich mich mit den Figuren auseinandersetze, mit ihnen leide, mitfiebere, mich für sie freue. Dabei stechen vor allem ihre Makel hervor, die sie so authentisch machen. Besonders sein Ich-Erzähler Heinz kann hier richtig überzeugen, denn wir erhalten als Leser direkt Einblick in seine Gedankenwelt, seine Ängste, Zweifel und Hoffnungen. Dabei ist einem Heinz nicht immer sympathisch, wirkt er manchmal doch recht naiv und einfältig. Doch angesichts des Szenarios, das Thomas von Steinaecker für ihn entworfen hat, ist das absolut nachvollziehbar.
Auch der Schreibstil des Romans ist spannend und geht unter die Haut. Der Plot ist stimmig und komplex, bis zu letzten Seite beschäftigt einen das Szenario und kann doch immer wieder überraschen. Geschickt lässt der Autor in Rückblicken und Erinnerungen die Ereignisse vor und um die Katastrophe Revue passieren. Dabei veranschaulicht er auch, wie schnell für uns alltägliche Dinge, Gewohnheiten und Wörter ihre Bedeutung verlieren können. Nicht selten spricht Heinz von Altwörtern, die in seiner zerstörten Welt keine Bedeutung mehr haben. Überhaupt hat mir der Bezug zur Sprache und Literatur in diesem Roman unheimlich gut gefallen und ich fand es toll, wie viel Anspielungen auf Weltliteratur und -wissen es hier zu finden gibt.
Erzählt wir der Roman, wie schon erwähnt, in der Ich-Perspektive. Dabei ist es wie eine Art Tagebuch bzw. persönlichem Bericht aufgebaut. Durch diesen Stil schafft der Autor eine sehr große Nähe zu seiner Figur Heinz und zieht den Leser direkt in das Geschehen hinein. Plastisch und detailliert entwirft Thomas von Steinaecker ein düsteres, aber stimmiges Bild über eine nicht allzu ferne Zukunft und greift viele Themen auf, die auch heute schon sehr aktuell sind, eigentlich schon immer aktuell waren.
Was ich mir aus diesem Buch auf jeden Fall mitnehme ist die Frage: Wie viel Technik muss überhaupt sein und darf mein Leben bestimmen? Da kann man sich schon mal überlegen, ob weniger nicht manchmal mehr ist...
Vielen Dank an die S. Fischer Verlage für das Rezensionsexemplar.
Fazit:Die Verteidigung des Paradieses ist ein Roman, der mich lange festgehalten hat und auch jetzt immer noch beschäftigt. Zwar spielt dieses Buch in der Zukunft, trotzdem finden sich hier so viele Themen, die auch jetzt schon zutreffen und über die man sich Gedanken machen sollte. Das Buch hat mich gefesselt, verstört, angeekelt und betroffen gemacht. Aber auch sehr froh, dass ich mich für diese Lektüre entschieden habe.
Von mir gibt es 5 von 5 Punkten.Quelle: http://www.fischerverlage.de/buch/die_verteidigung_des_paradieses/9783100014603
PreisGebunden: 24,99 Euro
eBook: 22,99 Euro
ISBN: 978-3-10-001460-3
Seitenzahl: 416