Von Reue, Vereinbarkeit und dieser ganzen Kacksch***

Ich habe lange überlegt, ob ich mich in diesen ganzen Diskussionen um #regrettingmotherhood zu Wort melde, ob ich meine Meinung zur Vereinbarkeit von Job und Familie oder den Anforderungen an Mütter niederschreibe. Denn bisher war ich immer der Meinung, ich bin dazu die Falsche. Doch mittlerweile bin ich aufgeregt. Auch wütend. Denn alle Mamas sind irgendwie angesprochen und jede fängt an, sich zu rechtfertigen oder sogar zu nicken. Ja, ich bin Mutter. Aber ja verdammt, ich bin es mit Leib und Seele, Herz und Nieren und jeder verdammten Zelle. Ich habe diese Entscheidung bewusst getroffen und lebe mit allen Konsequenzen, auch den Negativen. Ich sage nicht, dass ich nicht auch mal gern “Party machen will” oder mal nur Zeit für mich haben möchte. Aber ich weiß einfach, wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Was soll ich mir was wünschen, was gerad nicht funktioniert? Weil mein Kind die fünfte Nacht in Folge schlecht schläft, weil sie aktuell nichts essen will und damit alles Essbare gegen die Wand pfeffert. Weil ich gerad keine Lust habe, wieder zwischen Heim, KiTa und Büro hin und her zu hetzen. Weil ich mal wieder die Frage zu hören bekomme: “Ja Frau Berlin, wo wollen sie eigentlich in 5 Jahren stehen?” Keine Ahnung, muss ich denn immer alles wissen? Kann man nicht einfach mal versuchen, etwas auf sich zukommen zulassen, ohne Planung und ohne Ansprüche?

Lange war ich ein Mensch, der immer alles totgedacht hat, ich habe Dinge meilenweit im Voraus geplant, bedacht oder mit Sorgen belegt. Ich habe die Vergangenheit analysiert, Gespräche reflektiert und mir Vorwürfe gemacht. Doch das ist es nicht. Ich habe gemerkt: ich lebe im Hier und Jetzt und da ist es genau richtig. Und wenn es das nicht ist, muss ich was ändern, dass es richtig wird. Und wenn ich es nicht ändern kann, dann muss ich damit leben und mich damit abfinden. Zu kurz gedacht? Zu naiv? Zu einfach? Vielleicht. Aber FÜR MICH funktioniert es. Klar, ich könnte Reue empfinden, weil ich immer noch keine Mega-Karrierefrau bin oder weil ich meinen Doktor nicht gemacht habe. Aber was habe ich JETZT davon, außer schlechte Gefühle und Reue? NICHTS.

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Zuviel auf den Schultern der Mütter

Nun ist das Problem dieser Debatte um #regrettingmotherhood tiefgründiger, als meine simple Theorie. Ihr könnt oft nichts mehr daran ändern, dass ihr Eltern seid. Ihr werdet nicht auf einmal aufwachen, merken dass ihr unglücklich seid und eure Kinder aussetzen. Niemand wird sich dieser Debatte so sehr stellen, dass er zum Fazit kommt, seine Kinder waren eine falsche Entscheidung und er müsse etwas tun, dass es besser wird. Ich glaube, hier liegt auch gar nicht der Kern des Problems. Das Problem liegt einfach an all den Dingen, die zu allen Seiten auf Mütter einprasseln. Diese Diskussion um Vereinbarkeit und Ansprüche an Mütter. Jeder soll verfügbar sein, variabel. Viele Kinder und Karriere, das ist das Idealbild. So viele Sachen, die aber auch verunsichern. So sehr, dass einige zum Schluss kommen, sie hätten niemals Mama sein sollen?  Vielleicht. Aber ist es denn verwunderlich, dass wir als Mütter ins Zweifeln kommen? Von Beginn der Schwangerschaft an hat jeder ANDERE Fragen, Wünsche, Anforderungen an das Leben der Mütter. Jeder meint, sich ins Leben einmischen zu müssen und seine Sorgen noch zusätzlich auf den Schultern der vielleicht schon unsicheren Mama abladen zu müssen.

Wie du willst stillen?
Was, eine normale Geburt? Das wirst du bereuen?
Du hast keine Angst vor der Geburt? Bei uns war es so und so… das hätte ich anders gemacht.
Wann willst du wieder arbeiten?
Und, wann kommt das zweite?
Tja, Karriere liegt nun erstmal auf Eis.
Schlaft, solange ihr noch könnt.
Du bleibst wirklich ein Jahr lang zu Hause?
Lebst du eigentlich noch, oder biste jetzt nur noch Mutti?
Warum wirfst du dein Leben weg?

Klopft uns doch einfach mal auf die Schulter

Das ist nur eine Auswahl an allem, was ich von Bekanntwerden der Schwangerschaft bis heute hören durfte. Daran sind Freundschaften zerbrochen, Karrierewege um geplant worden und Einstellungen wurden neu justiert. Es sind Ängste entstanden. Aber eines ist daraus bestimmt nicht entstanden: Reue. Was jedoch mit diesen und allen anderen Fragen auch hochkam ist Unsicherheit. Nein, nicht was den Umgang mit meinem Kind angeht. Unsicherheit, ob ich allen Anforderungen gerecht werde. Man kann heut nicht einfach mehr nur Mama sein. Man ist heut so viel mehr. Liebe, Freundschaft, Beruf, Familie. Alles ist eins und doch will jeder sein Stück vom Kuchen für sich beanspruchen. Jeder möchte die perfekte Bella im Job, die perfekte Bella als Partnerin und die beste Freundin haben. Wenige nehmen es hin, wenn DIE MUTTER nicht perfekt ist. Niemand legt einem die Hand auf die Schulter und zeigt Verständnis. Alle wollen die perfekte Mama. Aber wisst ihr, wer keinen Wert auf Perfektionismus legt: mein Kind. Meinem Kind ist es egal, wie ich aussehe oder ob ich mit ihr 10 Strophen Kinderlieder auswendig kann und nebenbei noch tanze. Meinem Kind ist es egal, ob ich das perfekte Haus male und ob es auch ja pünktlich ins Bett kommt. Was meinem Kind nicht egal ist, ist, wenn ich keinen Kopf für sie habe, wenn ich in Gedanken woanders bin oder mitten im Spiel noch etwas anderes mache. Mein Kind will einfach nur Mama bei sich haben, ohne Ansprüche. Ja, ich bin Jungmama. Ja, mit 14 Monaten haben Kinder noch wenig Ansprüche als vielleicht mit 5 Jahren. Aber bis sie 5 ist habe ich noch Zeit, mich frei von Ansprüchen zu machen. Mir vorzunehmen, diese Zwänge abzulegen. Na und, dann mache ich eben erst mit Ende 30 Karriere. Vielleicht mache ich auch nie Karriere, so wie andere es verstehen. Vielleicht werde ich es auch irgendwann bereuen, dass ich nicht meinen Doktor gemacht habe. Aber ich werde definitiv nicht da stehen und sagen, dass ich es bereue, Mama geworden zu sein. Denn nein. Jeder hat eine Wahl, die er treffen kann. Ich kann entscheiden, ob ich aufstehe oder liegen bleibe. Ich darf entscheiden, was ich sage oder verschweige und ich konnte eben auch entscheiden, ob ich Kinder will oder nicht.

Das musste einfach mal raus.

Liebe Grüße
eure Bella


Einsortiert unter:Mamasein

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